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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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ans Ende des Tunnels und blieb kurz vor der Höhle, in die der Tunnel mündete, stehen. Ich schnüffelte und flehmte, um die Witterung dessen aufzunehmen, was sich in der Höhle befand. Rourke. Dass mir der Geruch meines Gefährten in die Nase stieg, haute mich fast um. Ich musste die Fäuste ballen, als ein Tornado aus Gefühlen mich erfasste. Ich rieche überall sein Blut. Sehr viel Blut. Meine Wölfin fletschte die Zähne und trieb mich an, die Höhle endlich zu betreten. Mach dich bereit.
    Einen Herzschlag lang lauschte ich angestrengt, dann streckte ich vorsichtig den Kopf um die Ecke. Nichts und niemand sprang mich an. Ich war ebenso erleichtert wie enttäuscht. Vor mir lag eine Höhle, die einer hohen Kuppel mit einem Durchmesser von sicher dreißig Metern glich. Das Auffälligste darin waren die vielen Kerzen, tausende davon, die entlang den Wänden aufgereiht waren. Ein Teil der Kerzen steckte in schmiedeeisernen vielarmigen Kandelabern, die im Fels weiter oben in der Kuppel verankert sein mussten. Andere thronten auf den diversen Felsvorsprüngen. Sah ganz so aus, als würde Selene voll auf Kerzen abfahren.
    Rasch flog mein Blick durch den Rest der riesenhaften Höhle.
    Eine in den Kuppelsaal ragende Felswand versperrte mir dieSicht, doch soweit ich es erkennen konnte, gab es in der Saalmitte so etwas wie ein Podest.
    Na klar, natürlich gab es hier ein Scheißpodest. Die Vampirkönigin hatte ihren Thron auf einem Podest aufgestellt. Wie es schien, bevorzugte Selene, die Mondgöttin, ein Bett. Ein riesiges, mit Schnitzereien verziertes Mahagonibett. Handgeschnitzt sicher. Gegenstand der Schnitzarbeiten waren, so glaubte ich jedenfalls aus dieser Entfernung feststellen zu können, himmlische Wesen: propere, kleine Putten mit gefiederten Flügeln, pausbäckigen Gesichtern und grausamen Mienen. Das scharlachrote Bettzeug war zerwühlt, als hätte sich jemand genüsslich darin vergnügt. Mein Zorn kochte hoch, und meine Wölfin gab ein furchterregendes Knurren von sich. Ich hatte gar nicht begriffen, dass auch ich geknurrt hatte, bis ich Selenes perlendes Lachen hörte.
    »Was ist denn los, Schätzchen?« Selenes Stimme brach sich tausendfach an den Wänden der Felskuppel. Woher genau sie kam, konnte ich nicht ausmachen. Das war mit Sicherheit Absicht. »Was soll ich denn machen, wenn dein Gefährte es liebt , mit mir ins Bett zu springen? Bei seiner Kondition ist es schwer mitzuhalten, verstehst du. Er will es so oft mit mir treiben und ist so versessen auf Sex, das ist ein Ganztagsjob. Aber ich gebe wirklich mein Bestes.«
    Ich achtete nicht weiter auf sie, was ein echter Kraftakt war, und suchte mit den Augen weiter den Saal ab, darum bemüht, herauszufinden, wo ihre Stimme herkam. Immer noch schweigend bewegte ich mich geduckt, die Felswand stets im Rücken, tiefer in die Felsenkuppel hinein. Gegen meinen Willen wurde mein Blick geradezu magnetisch von Podest und Bett angezogen. Es wird mir ein unglaubliches Vergnügen sein, das dumme Luder in Stücke zu reißen. Meine Wölfin fand das auch, wie sie mir mit einem Knurren zu verstehen gab. Die Seidenbettwäsche schimmerte verführerisch im warmen, rotgoldenen Licht eines überdimensioniertenKronleuchters, dessen flackernde Kerzen Schattenmuster auf die zerwühlten Laken warfen.
    Erneut knurrte ich laut. Ich konnte nichts dagegen tun.
    Vor meinem inneren Auge ließ meine Wölfin sehr plastische Bilder davon entstehen, wie wir Selene so zerfetzten, dass Körperteile durch die Luft flogen und das Blut nur so spritzte. Ich weiß. Wir tun es, aber wir dürfen uns nicht provozieren lassen. Sie spielt nur mit uns. Rourke ist bewusstlos oder sonst wie außer Gefecht gesetzt. Wäre dem nicht so, hätten wir ihn längst gehört. Große Felsbrocken nahmen mir immer noch teilweise die Sicht in das Innere der Höhle. Daran würde sich erst etwas ändern, wenn ich mich von der schützenden Wand in meinem Rücken entfernte. Mich ohne Deckung in den Saal hineinzuwagen war riskant, und ich hatte keinerlei Vorstellung davon, was ich dann eigentlich tun wollte.
    Gab ich meine Deckung auf, würde alles sehr schnell gehen.
    Meine Hände glitten über den Fels, während ich weiter die Höhle umrundete. All meine Sinne waren in höchster Alarmbereitschaft. Ich sog tief Luft ein und flehmte, nahm ständig Witterung auf. Aber alles, was ich roch, war Rourkes Blut. Wahrscheinlich hatte Selene gezielt dafür gesorgt, dass alle anderen Gerüche überdeckt wurden und erfreute sich nun

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