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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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den wir eingefangen hatten, während ich nicht bei mir gewesen war. Trotzdem kamen wir nur ziemlich langsam voran; der Grund dafür war der Mensch, den wir im Schlepptau hatten. Ich gab mir redlich Mühe, nicht zu motzig darauf zu reagieren. Schließlich war ich es gewesen, die ihn unbedingt hatte mitnehmen wollen. Also war ich selber schuld. Gerade in dem Moment, in dem wir aufbrachen, hatte Eamon sich uns wieder angeschlossen, aber er weigerte sich standhaft, genauso zu Fuß zu gehen wie wir anderen. Ich war nicht sicher, ob er den Bluttausch beobachtet hatte oder nicht. Fragen würde ich ihn nicht danach. Naomi hingegen blieb bei uns und lief, obwohl sie ja auch hätte fliegen können. Alle waren still, offensichtlich mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Vor allem uns Wölfe trieb der Gedanke um, was nach allem, was sich ereignet hatte, wohl passieren würde, wenn wir zurückkehrten.
    »Also noch mal: Wenn wir durch die Schlucht sind, stehen wir direkt an der Grenze zu Selenes Einflussbereich, ja?« fragte ich Naomi, die unmittelbar hinter mir ging.
    »Oui« , erwiderte sie. »Sie kontrolliert den nächsten Höhenzug.«
    »Ich frage mich die ganze Zeit, warum es so ruhig bleibt. Nach den geflügelten Teufeln und dem Mahrac dachte ich, wir müssten jeden Moment auf die nächste Gemeinheit stoßen.«
    » Alors , ich kann nur raten. Vermutlich ist es ihr unmöglich, mehr als ein Hindernis für uns auf einmal zu beeinflussen«, meinte Naomi. »Es verlangt viel Macht, um créatures wie diese in Schach zu halten. Sie hat unter ihrem Arsenal von Waffen, die sie gegen uns einsetzen könnte, sehr genau auszuwählen. Es gilt, die beste für den richtigen Moment zu finden. Sicherlich werden wir auf weitere Hindernisse stoßen. Aber den Gesetzen der übernatürlichen Welt muss sich auch eine Selene unterwerfen. Sie darf Menschen durch das Freisetzen übernatürlicher Mächte nicht gefährden. Das ist anders als bei den geflügelten Teufeln. Diese waren an die Gesetze der Unterwelt gebunden. Selene kann die Geschöpfe aus jener Welt nur sehr begrenzt einsetzen. Ansonsten ist ihr zwar erlaubt, zu verteidigen, was ihr gehört, aber kommt es dabei zu einer Katastrophe, bekommt sie es mit der Koalition zu tun. Man würde sie hart bestrafen, so wie die Koalition das immer getan hat. Nach all den Jahren hat Selene gelernt, die Koalition zu achten.«
    Die Koalition war das älteste Gremium, das in der Welt der Übernatürlichen Recht sprach.
    Was ich über die Koalition wusste, war rasch gesagt: Sie bestand aus außergewöhnlich alten, außergewöhnlich mächtigen Übernatürlichen, die bestimmten, ob wir abtauchen oder uns offen in der Menschenwelt bewegen durften. Verstieß jemand gegen Hochrecht, das allgemeingültige, sprich für alle Übernatürliche geltende Recht ohne Ansehen der Art, der er angehörte, folgte die Strafe auf dem Fuße. Mir war nicht bekannt, dass über Jahrhunderte tradiertes Recht geändert oder die Identität der Koalitionsmitglieder je enthüllt worden wäre. Nicht einmal mein Vater wusste, wer dort über alle anderen zu Gericht saß. Aus Sicht der Koalitionäre war er ein junger Hüpfer, der ihrer Aufmerksamkeit kaum wert war. Hielt sich mein Vater sein ganzes Leben lang brav an alle Gesetze des Hochrechts, würde er auch nie in Kontakt mit ihnen kommen.
    Seit etwa hundert Jahren gingen immer wieder Gerüchte um, die Koalitionsmitglieder befänden sich in ›Stasis‹ und würden in diesem Zustand bleiben, bis sie Kenntnis von einer wie auch immer gearteten Beeinträchtigung in der Magie erlangten.
    Wachten die Koalitionäre auf, hieße das also, dass man bis zum Hals in der Scheiße steckte.
    Die Erwähnung der Koalition ließ mich an Rourke denken und daran, wie lange er wohl noch am Leben gelassen würde. Möglicherweise wusste er, wer Mitglied in der Koalition war. »Damals, als Rourke Selene besiegt hat und ihr entkommen ist«, fragte ich neugierig, »warst du da dabei?« Der Kehle meiner Wölfin entschlüpfte ein tiefes Grollen, und sie schnappte vor sich in die Luft, als der Name unseres Gefährten fiel. Ich weiß. Ich will ihn auch zurück. Wir beeilen uns ja, so sehr wir nur können. Sie sandte mir ein Bild. Groß, stark, blond und tätowiert, ein Prachtstück von Mannsbild. Er war ein Krieger vom alten Schlag, und er gehörte zu mir. Ich sehnte mich nach seinem Körper und vermisste seine Küsse. Es wird ihm schon nichts passiert sein. Wir müssen fest darauf vertrauen. Sie wird ihm nichts

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