Hale 1 Piraten der Liebe
schwarze Haar, das seinen Körper bedeckte, war jetzt trübe und matt. Cathy hielt den Atem an, als sie seiner Knochen ansichtig wurde, die durch das kranke Fleisch hindurch zu sehen waren. Er war einmal anziehend gewesen, ein starker Mann mit spielerischen, kräftigen Muskeln. Jetzt sah er wie der Überlebende einer Hungersnot aus. Das einzige, was unverändert war, war seine Männlichkeit, die beinahe obszön neben dem sonst zerstörten Körper aussah. Cathy wandte hastig ihren Blick davon ab.
»Ein bißchen spät für mädchenhafte Scham, nicht wahr, Weib? « kommentierte Jon diese Handlung sarkastisch. Die Art, in der er das letzte Wort aussprach, machte es zu einer unaussprechlichen Beleidigung. Cathy zuckte angesichts des Hasses, der immer noch in Hammen aus seiner Stimme schlug, zusammen.
»Nenn mich nicht so! « protestierte sie scharf und ohne darüber nachzudenken. Jon kam wütend auf sie zu, und Cathy kauerte sich so tief wie möglich in ihre Kissen. Seine Hände schlossen sich um ihre Schultern und quetschten brutal ihre zarten Knochen. Cathy schnappte vor Angst und Schmerz nach Luft. Jons Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln, und er zog sie hoch, bis ihr Gesicht auf gleicher Höhe mit seinem war.
»Weißt du eigentlich, wie nahe du gestern nacht daran warst, erwürgt zu werden?« fragte er beinahe desinteressiert, wobei sein Gesicht nicht mehr als zehn Zentimeter von ihrem entfernt war. Das verrückte Glitzern war in seine Augen zurückgekehrt. Cathy schüttelte ängstlich ihren Kopf. Sie hätte alles getan, um ihn zu beruhigen.
»Sehr nah. Wenn du nicht mein Kind tragen würdest, würdest du heute nicht mehr am Leben sein. Also versuch nicht, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich könnte beschließen, daß es das Kind nicht wert ist, deine schlangenhafte Zunge zu ertragen.«
Seine Hände zogen sich von ihr zurück, so als wäre sie ihm plötzlich ekelhaft geworden. Cathy fiel zurück auf das Bett. Ihre Augen folgten jeder seiner Bewegungen, und ihr Atem ging stoßweise. Er drehte ihr den Rücken zu, um steif zu der Badewanne hinüberzugehen, und Cathy stieß einen kleinen erschreckten Schrei aus.
»Dein Rücken!« brachte sie hervor. »Was ist damit passiert?«
Jon fuhr herum, und das Glühen in seinen Augen war jetzt so intensiv, daß Cathy meinte, darin zu verbrennen.
»Versuch nicht, mir etwas vorzumachen, du Schlampe«, brüllte er. »Ich hab' im Moment einen sehr dünnen Geduldsfaden, wie ich feststellen muß. Besonders, was dich betrifft! Es würde nur wenig ausreichen, um dir mal zu zeigen, wie unangenehm eine Peitsche sein kann. «
Cathy starrte ihn an. Er sah aus wie ein Wahnsinniger, aber er sprach immer noch mit dem Selbstbewußtsein, völlig im Recht zu sein: Auch Petersham hatte sie mit bei-beißender Verachtung behandelt. Ihre Vermutungen kristal lisierten sich langsam zu Tatsachen heraus: beide gaben ihr für etwas die Schuld, von dem sie keine Ahnung hatte.
»Jon, ich sehe, daß du sehr ärgerlich auf mich bist«, sagte sie weich, ohne seine grauen Augen eine Sekunde aus ihrem Blick zu lassen. Sie wollte eigentlich hinzufügen: >Würdest du mir bitte sagen, warum?<, als er sie mit einem wütenden Brüllen unterbrach.
»Ärgerlich, ärgerlich! Du Hure! Ich sollte dich der Länge nach mit einem Messer aufschlitzen, und ich werde es auch tun, wenn du nicht sofort deinen verdammten Mund hältst!«
Seine Fäuste waren geballt, und er machte den Eindruck, als könne er sich nur mühsam beherrschen. Cathy gab angesichts der gnadenlosen Bedrohung in seinen Augen nach. Als sie still blieb, entspannte er sich ein wenig und ging dann hinüber zur Badewanne. Sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzvollen Grimasse, als sein verletzter Rücken mit dem heißen Wasser in Berührung kam. Vom Bett aus konnte Cathy immer noch die schwärenden Wunden sehen. Er sah aus, als wäre er nicht nur einmal sondern oft geschlagen worden. Sie fragte sich verzweifelt, wo er gewesen sein mochte. Was war mit ihm passiert?
»Jon, würdest du mir bitte sagen, was mit dir passiert ist?« wagte sie sich nach ein paar Minuten noch einmal hervor. Sein Kopf fuhr herum, und er fixierte sie mit brennenden Augen. Der verfilzte, schwarze Bart ließ ihn wie einen Fremden aussehen.
»Du hast eine sehr sanfte Stimme«, antwortete er. »Weich und verführerisch. Sie hat mich fast davon überzeugt, daß du selbst so bist wie deine Stimme. Aber du hast mich eines Besseren belehrt, nicht
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