Hale 1 Piraten der Liebe
dreckige Lauge floß an ihm herunter. Jon drehte sich um, um sie anzusehen. Welche Worte er auch immer hatte sagen wollen, sie gefroren auf seinen Lippen, als er den großen, hölzernen Topf, der noch zur Hälfte mit Wasser gefüllt war, über seinem Kopf sah.
»Stell ihn nieder! « brüllte er.
Cathy war so erschreckt, daß ihr der Topf aus der Hand fiel. Er krachte mit einem lauten Knall auf den Boden, und das Wasser spritzte über ihr Nachthemd. Sie war bis zur Taille vollkommen naß. Ihre Augen waren groß, als sie ihn verständnislos ansah, und sie bedeckte mit einer Hand ihren Hals. Jon sprang hoch und stieg aus der Wanne. Er ergriff ein Handtuch, um sich trockenzure ib en. Die ganze Zeit über ließ er ohne Unterbrechung Flüche auf sie niederregnen. Sie zog sich betroffen vor ihm zurück. Was hatte sie denn diesmal getan, das ihn so erzürnte? Sie verstand es einfach nicht, und ihre blauen Augen baten ihn um eine Erklärung. Jon sah es, und sein eigener Blick wurde wild.
»Also glaubst du tatsächlich, daß du mich wieder verführen kannst, du Hure?« rief er aus. »Du meinst, daß du mich durch deinen gegenwärtigen Zustand erweichen kannst, nicht wahr? Vielleicht hoffst du sogar, dir die Strafe zu ersparen, nachdem das Kind auf die Welt gekommen ist! Eher gehst du in die Hölle! Daran zu denken, es zu planen - das war das einzige, das mich am Leben erhalten hat, und du entkommst dem nicht. Deine listigen, kleinen Tricks sind völlig zwecklos!« Während Cathy immer noch versuchte, seine Worte zu verstehen, hatte er sich frische Kleider übergeworfen und stürmte hinaus. Die Tür fiel hinter ihm zu, und Cathy stand allein da und starrte die Wand an. Wie eine tödliche Welle brach die entsetzliche Wahrheit über sie herein. Egal, wie groß seine Verachtung war und wie erbittert er sie haßte, ihre Liebe zu ihm war unverändert.
Jon kam den ganzen Tag nicht mehr in die Kabine zurück. Martha kam wieder und legte sich ins Bett. Petersham brachte steif ihr Mittagessen. Nur Jon kam nicht. Cathy wehrte ungeduldig Marthas Fürsorge ab. Am liebsten hätte sie geschrieen, weil Petersham sich auf all ihre Fragen hin taub stellte.
Schließlich brach die Dunkelheit herein, und das Schiff wurde ein wenig ruhiger. Cathy wartete mit ungeduldiger Nervosität auf Jons Rückkehr. Es war schon Mitternacht, als sie schließlich die Wahrheit erkannte: er würde nicht kommen. Er mußte sie wirklich verachten, wenn er es nicht einmal aushielt, mit ihr in derselben Kabine zu sein, dachte sie traurig. Tränen liefen über ihre Wangen, als sie schließlich die Kerze löschte und sich ins Bett legte. Sie fühlte sich allein und verloren unter den Decken. Mit Rücksicht auf Marthas zufriedenes Schnarchen vergrub sie ihren Kopf in ein Kissen, während sie vor sich hinschluchzte. Sie tröstete sich damit, daß sie am nächsten Tag Antworten auf ihre Fragen bekommen würde. Wenn nicht von Jon oder Petersham, dann eben von der Mannschaft. Irgend jemand würde es ihr schon sagen; dessen war sie sich sicher.
Das Wetter machte ihr schwer zu schaffen. Als sie am nächsten Morgen aufstand, schneite es heftig. Durch das Fenster konnte sie die Eiszapfen sehen, die an dem hölzernen Rahmen hingen. Die See war genauso grau und trüb wie der Himmel darüber. Vernunft und Kälte sorgten dafür, daß Martha und Cathy ihren Platz vor dem Kohleofen, vor dem sie dicht gedrängt hockten, nicht verließen. Cathy wollte alle Fragen, die sie hatte, dem nächsten stellen, der die Kabine betrat.
Petersham war der nächste. Er brachte das Mittagsmahl. Cathy beantwortete sein kurzes Klopfen, aber statt ihm das Tablett aus den Händen zu nehmen, ergriff sie seinen Arm und zog ihn in die Kabine hinein. Dann schloß sie die Tür und lehnte sich dagegen, so daß er nicht an ihr vorbei konnte. Sie kannte Petersham und wußte, daß er großen Respekt vor einer schwangeren Frau haben würde. Er würde keinerlei körperliche Gewalt an wenden.
Petersham stellte das Tablett auf den Tisch und ging dann würdevoll auf die Tür zu. Cathy verschränkte ihre Arme über der Brust und lächelte ihn entschlossen an. Mit der Decke über ihren Schultern und den langen, offenen Haaren sah sie aus wie eine indianische Squaw. Petersham hielt vor ihr an und war sich nicht sicher, was er tun sollte.
»Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Madame«, sagte er steif, ohne ihr in die Augen zu sehen. Sein Gesicht war voller Mißbilligung.
»Ich will wissen, was mit Jon passiert ist,
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