Hale 2 Freibeuter des Herzens
wegzukommen.
Cathy; ihr wunderschönes Gesicht mit den riesigen, saphirblauen Augen und ihren bebenden, rosigen Lippen, ersetzte den Schinken in seinen Gedanken. Aber dieses Bild schmerzte ihn noch mehr. Seit jener Nacht, als ihn ein halbes Dutzend kräftiger Konstabler aus dem Haus ihrer Tante geschleppt hatten, hatte er kein Wort mehr von ihr gehört. Vor dem Gesetz war sie nicht seine Frau - Cathys schmieriger, kleiner Cousin hatte sichergestellt, daß er das wußte. Aber was war mit der Liebe, die sie für ihn empfand, wie sie immer behauptet hatte? Was war mit ihrem Sohn, ihrem Heim, ihren Zukunftsplänen? So sehr ihn der Gedanke auch schmerzte, Jon begann langsam zu glauben, daß es stimmte. Sie hatte ihn nicht besucht, ihm nicht geschrieben, ihm nicht einmal eine Nachricht durch eine Wache zukommen lassen. Es war, als zöge sie es vor, jetzt, da die Ketten der Ehe sie nicht mehr an ihn banden, seine Existenz zu vergessen. In weniger als einer Woche würde er tot sein, es sei denn, es ergab sich noch die unwahrscheinliche Möglichkeit einer Flucht. Der Gedanke, daß Cathy nicht einmal kam, um ihn ein letzte? Mal zu sehen, quälte ihn.
Er hatte es versucht. Gott war sein Zeuge, er hatte es versucht! Er hatte sein Bestes gegeben, um ihr all das zu bieten, woran sie gewohnt war, aber er wußte, daß das Leben an der Seite eines kleinen, nicht sonderlich wohlhabenden Baumwollpflanzers nicht mit dem zu vergleichen war, was sie hätte haben können, wenn er nicht ihr Leben durcheinander gebracht hätte. Hätte er sie nicht entführt und zu seiner Geliebten gemacht, hätte sie jeden heiraten können. Sie wäre reich und umgarnt und hätte Zutritt zu den höchsten Kreisen der Gesellschaft. Seit ihrer Heirat hatte ihn die Furcht, sie könnte es eines Tages bereuen und ihn verlassen, nicht mehr losgelassen. Diese Furcht, und das Wissen, daß sie sich wieder inmitten jener glitzernden Welt befand, die ihr einmal soviel wert gewesen war, hatten seine Vernunft besiegt und ihn Hals über Kopf nach England reisen lassen. Jon lächelte bitter. Die Gefahr, zu hängen war ihm unbedeutend erschienen, verglichen mit der Gefahr, Cathys Liebe zu verlieren. Und nun befand er sich hier, in diesem Gefängnis, hatte seine Frau bereits verloren und würde sein Leben in Kürze ebenfalls verlieren. Was war er nur für ein Narr gewesen!
Trotzdem klammerte er sich noch immer an einen Hoffnungsstrahl. Vielleicht hielt sie etwas davon ab, zu ihm zu kommen - vielleicht ging es ihrem Vater schlechter, so daß sie ihn nicht verlassen konnte. Jon wußte, wie weit hergeholt dieser Gedanke war, aber es war das einzige, was ihn aufrecht hielt. Aber nach und nach meldete sich wieder der Zynismus in ihm. Frauen waren Kreaturen mit zwei Gesichtern, deren einziges Interesse an einem Mann darin lag, von ihm mit Glitzerkram beschenkt zu werden. Er war selbst schuld, daß er es einem hübschen Gesicht und den weichen Kurven ihres Fleisches gestattet hatte, sein Urteilsvermögen zu trüben.
Cathy, wie er sie zuletzt gesehen hatte, in den Armen eines anderen Mannes - eines wohlhabenden Lords, auch wenn er fett war und bereits schütteres Haar besaß - verfolgte ihn Tag und Nacht. Der Gedanke daran ließ seine Hände feucht werden und ihn mit den Zähnen knirschen. Sie gehört mir! Er hätte am liebsten geweint und verachtete sich selbst dafür.
Trotzdem saß er zusammengekauert auf dem kalten Steinboden , starrte stundenlang die eiserne Zellentür an und hoffte, entgegen jeder Vernunft, die Frau wiederzusehen, die nicht kam.
Cathy war inzwischen völlig verzweifelt. Sie hatte die letzten paar Tage damit zugebracht, von einem Richter zum anderen, von einem Magistrat zum nächsten zu laufen, hatte ihre Familienverbindungen schamlos ausgenutzt , hatte es mit Schmeicheln, Versprechen und schließlich sogar Betteln versucht, Jons Urteil gemildert zu bekommen. Ihre Bitten fielen auf taube Ohren. Die Richter betrachteten Jon einstimmig als Piraten und Mörder, der den Strick verdient hatte. Es täte ihnen zwar um sie und ihren Sohn leid, sagten sie, aber es gebe nichts, was sie tun könnten. Jons Hinrichtung sollte in sieben Tagen stattfinden, und nichts konnte sie verhindern.
Ihr Vater, der sich zwar zunehmends erholte, war noch immer viel zu schwach, um ihr zu helfen. Cathy hatte außerdem viel zu viel Angst, der Schock von Jons Verhaftung und seiner bevorstehenden Hinrichtung könnte den alten Mann umbringen. Martha und Mason waren entsetzt und
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