Hallo Doktor
hasste es, Michelle so von Schuldgefühlen geplagt zu sehen. „Wie ich Ihrer Tochter bereits erklärt habe, Mrs. Lewis, ha ben Brookes frühzeitige Wehen höchstwahrscheinlich nichts mit dem Streit zu tun. Möglicherweise nicht einmal mit dem Asthma.” Er kniete sich vor Michelle und sah ihr ins Gesicht. „Ich werde nicht zulassen, dass du dir das antust. Du musst für Brooke durchhalten.”
„Dr. Kempner hat Recht”, pflichtete Jeanie ihm bei. „Du hast genug Kraft geerbt. Genug für Brooke und für uns alle. Du warst immer die Starke. Du kannst jetzt nicht zusammenbrechen.”
„Du irrst dich, Mom.” Michelles Stimme war vor Schmerz belegt. „Ich bin überhaupt nicht stark. Du hast es nur immer von mir erwartet.”
Nick erkannte, dass Michelle Recht hatte. Hinter der Fassade der starken Frau verbarg sich ein verängstigtes kleines Mädchen, eines, das vermutlich die Schuld für viele Dinge auf sich genommen hatte und sich für eingebildete Unzulänglichkeiten Vorwürfe machte.
Wahrscheinlich hatte ihre Mutter zu dieser Einstellung beigetragen, durch ihre unvernünftig hohen Erwartungen an Michelle und ihre übertriebene Sorge um Brooke.
Nachdem Howard Jeanie einen warnenden Blick zugeworfen hatte, ging er zu Michelle und legte ihr die Hand auf den gesenk ten Kopf. „Es kommt alles wieder in Ordnung, Shelly.
Wenn du dich dadurch besser fühlst, weine ruhig. Aber denk dran, es wird alles wieder gut.
Ich kann es ganz deutlich fühlen.”
Michelle sah auf und lächelte sehwach. „Danke, Daddy.”
Jared kehrte überraschend zurück. „Das Baby kommt. Michelle, Brooke möchte, dass du bei uns bist.”
Michelle wirkte entsetzt. „Ich?”
„Da muss ein Missverständnis vorliegen”, mischte sich Jeanie händeringend ein. „Ich bin ihre Mutter. Ich bin siche r, Brooke möchte mich dabeihaben.”
„Nein, es ist kein Missverständnis”, stellte Jared klar.
„Aber…”
„Sie will Michelle dabeihaben, Jeanie.” Jared sah aus, als würde er gleich die Fassung verlieren. Verständlich, dachte Nick, da Michelles Mutter inzwischen auch seine Geduld arg strapazierte. Aber dies war nicht sein Kampf, also würde er es Jared überlassen, der Frau den Kopf zurechtzurücken.
Jared sah Jeanie ernst an. „Wir werden ein ganzes Team dort drin haben, also bleibt nur noch Platz für eine weitere Person. Und Brooke hat nach Michelle gefragt. Wir werden diese Bitte respektieren. Im Übrigen habe ich keine Zeit, mich zu streiten.”
Jeanie wich zurück und tupfte sich die Augen mit einem zerknüllten Taschentuch. „Na schön, wenn es das ist, was sie will, werde ich eben hier draußen sitzen und ganz allein warten.”
Howard fuhr sich durch die Haare und stieß einen frustrierten Seufzer aus. „Du liebe Zeit, Frau, bin ich etwa nichts?” Er deutete zum Flur. „Geht schon, ihr beide. Falls es euch möglich ist, schickt jemanden, der uns berichtet, was los ist.”
Michelle stand steif auf. „Lass Mom mitgehen. Ich weiß nicht, ob ich das kann.”
Nick umfasste Michelles Schultern und sagte: „Du musst es tun. Brooke braucht dich. Du warst immer für sie da. Gib jetzt nicht auf.”
Sie betrachtete ihn einen langen Moment, dann hob sie entschlossen das Kinn. „Du hast Recht. Ich kann das.”
11. KAPITEL
Michelle konnte es nicht. Nicht beim Anblick von Brooke mit einer Sauerstoffmaske auf dem Gesicht, das Gesicht schmerzverzerrt. Aber um Brookes willen musste sie jetzt stark sein, auch wenn sie beim besten Willen nicht verstand, weshalb ihre Schwester ausgerechnet sie bei der Geburt dabeihaben wollte.
Michelle bewegte sich durch das Durcheinander des medizinischen Personals, das alles für die Geburt vorbereitete, und stellte sich neben Jared.
Brooke nahm die Maske ab. „Hallo, Shelly. Ich bin froh, dass du da bist.”
Michelle nahm die Hand, die sie ihr hinhielt. „Ich auch. Glaube ich jedenfalls. Hast du große Schmerzen?”
„Und wie - es geht schon wieder los. Ich muss pressen.”
„Gut, Brooke”, sagte der Arzt am Fußende des Bettes. „Lassen Sie uns dieses Baby zur Welt bringen.”
Michelle trat vom Bett zurück, damit Jared Brooke für die letzte Phase der Wehen zurechtlegen konnte. Er ermutigte ihre Schwester mit sanften, aber bestimmten Kommandos; Brooke reagierte, indem sie sich an seinen Blick klammerte.
Michelle beobachtete ehrfürchtig, wie Brooke und Jared ge meinsam daran arbeiteten, das Kind zur Welt zu bringen. Im Stillen zählte sie mit ihrer Schwester, Jared und der
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