Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
sehen.
Nichts zu machen. Curryhühnchen und Tafelspitz dauern noch drei Minuten. Na, dann drehe ich eben noch rasch ’ne Runde und versprühe dabei großzügig meinen Charme.
So, Tisch zwanzig will zahlen, Tisch fünfundzwanzig hat jetzt endlich Kaffee und Kuchen bestellt, und Tisch siebenundzwanzig ist ebenfalls aufgenommen. Ich tippe die Bestellungen in den Computer und lasse nebenbei die Rechnung raus.
»Amelie ... Tisch dreiundzwanzig wartet jetzt auf dich«, höre ich den Küchenchef ins Mikrofon trällern.
Na, dann werde ich zuerst eben die Essen tragen, denn die werden sonst kalt und dann widme ich mich wieder der Tastatur. Ich flitze Richtung Anrichte und erlausche gerade noch rechtzeitig vor der Abbiege zur Küche das schallende Gelächter zweier Männer. Die eine Singstimme gehört untrüglich unserem Küchenchef und die andere ... o Scheiße (merken Sie eigentlich, dass ich immerzu die Umschreibung dieses Wortes vergesse, wenn ich aus der unmittelbaren Emotion heraus reagiere!) ... ich mache rasch am Absatz kehrt und entschwinde mit schlotternden Knien in die Gegenrichtung.
Uuuuf ... Schwein gehabt! Nun, da habe ich gerade noch mal die Kurve gekratzt.
»Amelie ... die Essen werden kalt«, ertönt die Ermahnung des Küchenchefs.
Ich brauche dringend Hilfe. Elvira, wo treibt sie sich nur rum? Immer wenn ich in der Zwickmühle stecke, ist sie nicht auffindbar. Irgendjemand muss mir schnell die Essen holen.
»Ah, Isabella, sei bitte so lieb und bring mir schnell Tisch dreiundzwanzig raus!«, ersuche ich sie.
Isa schaut mich zwar fragend an, sie legt aber letztendlich das Poliertuch zur Seite und startet Richtung Küche.
Ich will gerade das Weite suchen, als ... ich bin einfach zu langsam. Ich schlage hier Wurzeln, anstatt mich ins sichere Café zu flüchten. Nun, ich bin eindeutig eine dumme Ziege.
»Ich begrüße Sie, Frau Parker.«
(O … das macht er professionell – Wir sind per SIE!)
Ein kalter Schauer läuft mir den Rücken runter. Ich könnte jetzt ungestüm auf- und davonlaufen, was von ungeheurer Unreife und schamhafter Mädchenhaftigkeit zeugen würde oder aber ich könnte dem selbst heraufbeschworenen Übel direkt ins Auge blicken.(Nur Mut! Augen zu und durch!) Ich drehe mich rasch um. Wieso sich selbst noch lange geißeln? Je schneller ich die nun sehen wir uns das erste Mal nach diesem nächtlichen Fiasko wieder - Episode hinter mich bringen kann, desto besser.
Hier steht er: Dunkelblauer Boss-Nadelstreifanzug (oje, ich bin definitiv eine Anzug- und Uniform-Fetischistin), hell kariertes Hemd, dazupassende Seidenkrawatte, kurz um: Gepflegt vom Scheitel bis zur Sohle (an dieser Stelle muss ich wieder an den haarigen Urwald denken. Igitt!).
»Oh, vielen Dank fürs Bringen. 27 Hab’ nicht gehört, dass sie schon annonciert worden sind«, gebe ich trocken zurück.
(Lügen, Lügen und noch mal Lügen!)
»Kein Problem, aber passen Sie auf, die sind sehr ...«
Ich reiße ihm ungestüm die beiden Teller aus der Hand. Oje - heiß, heiß, heiß! Ich bemerke erst jetzt, dass Gerhard die Teller mit zwei Stoffservietten festgehalten hat. Ufff ... ich könnte laut aufschreien! Scheiße, ich glaube ich habe mir meine Pfoten verbrannt. Gerhard reagiert zum Glück rasch auf mein schmerzverzerrtes Gesicht und nimmt mir die Teller wieder ab. Ich betrachte in der ersten Bestürzung meine roten Fingerkuppen.
»Ach, Fräulein Isabella«, zitiert Gerhard sie herbei. »Bitte bringen Sie die beiden Teller auf Tisch dreiundzwanzig! Und verwenden Sie bitte DIESE Tücher hier!«
Bei DIESER Betonung schielt er mich tiefgründig und argwöhnisch an. (Ich glaube, ich habe einen Schock erlitten, denn ich stehe noch immer blöde neben ihm herum, anstatt endlich meinen Hintern von der Stelle zu bewegen!)
»Ja, Herr Loroni!«
»Vielen Dank, Isabella!«, antwortet er ihr höflich. Er drückt ihr daraufhin die Teller in die Hand und folglich will er offenbar meine Hände in Augenschein nehmen.
»Amelie, was ist dir denn passiert?«
Na, endlich ist Elvira auch mal aufgetaucht. Verlass dich auf eine Freundin und du bist verlassen – fällt mir an dieser Stelle ein.
»Oh, da müssen wir sofort Eis drauf machen. Nun komm schon!«, merkt sie streng an.
Sie ist evident wirklich ein Engel. Sie zerrt mich brüsk von Gerhard weg und schiebt mich in Richtung Mundeismaschine.
»Was machst du denn bloß?«, fragt sie mich, nachdem wir aus Gerhards Blickfeld verschwunden sind.
»Hab’ mich an den Tellern
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