Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
meinem Tiefkühllager. Den Lichtschalter muss ich für die Wegbeschreitung nicht betätigen. (Ich glaube, die Frage nach dem Warum erübrigt sich, oder?)
Erst als ich die Treppen zum Untergeschoss bezwingen will, vernehme ich seltsame Geräusche. Irgendetwas oder irgendjemand ist in der Küche zugange. Ich höre leise Schritte.
Wer ist um diese Uhrzeit noch auf? Waren dies vielleicht Einbrecher? Gab es in dieser Gegend überhaupt welche? Da fällt mir der Film Kevin allein zu Hause wieder ein! An diesen Film angekoppelt, stellte sich die Frage, ob die Festbeleuchtung nicht jeden Langfinger im Umkreis von mindestens hundert Kilometern zwangsläufig abschrecken würde.
Ich verharre sofort am Treppenabsatz. In der Küche halten sich offenbar mehrere Personen auf und sie murmeln sich etwas Unverständliches zu. Ich sollte meinen Vater aufwecken oder noch besser, gleich die Polizei anrufen.
Määäh ... määäh ... seit wann blöken denn dreiste Einbrecher? Schhh ... määäh ... iaaah ... schhh ...
»Was ist hier los?«, flüstert mir jemand ins Ohr.
Mich haut es fast aus den Latschen, so derartig erschrocken bin ich. Ich habe mich so übermäßig auf die Geschehnisse im Erdgeschoss konzentriert, dass ich den näher getretenen Manfred nicht bemerkt habe.
»Keine Ahnung«, erwidere ich leise. »Aber wenn ich mich nicht täusche, dann habe ich vorhin die Hauptattraktionen unserer lebenden Krippe vernommen.«
Plötzlich ist alles klar. Mittlerweile haben sich auch Paula und Rene zu uns gesellt. In der Küche wird derweilen debattiert, wie denn Rosalinde dazu gebracht werden könnte, endlich aus dem Türrahmen zu verschwinden. Ein Geraune entsteht, wobei sich mit Leichtigkeit die Youngstars unserer Familie herausfiltern lassen.
Wir schleichen daraufhin - im stillen Einvernehmen - die Treppen hinab und lugen vorsichtig in die Küche.
Auweia ... hier herrscht das absolute Chaos:
Die Kids wollten scheinbar nicht, dass die Tierchen in ihrer Krippe vor dem Haus erfrieren, und haben die hilfsbedürftigen Geschöpfe zweifelsohne im guten Glauben - ins Haus geschleppt.
Rosalinde hatte im Flur einen stinkenden Haufen verdauter Gräser fallen lassen und niemand der kleinen Lebensretter war willens, diesen Dunghaufen zu entfernen. Um den Vierbeinern den Aufenthalt im Haus einigermaßen angenehm zu gestalten, hatten unsere Stammhalter am gesamten Küchenboden übereifrig Stroh verteilt, aber dieses primitive Futter reizte die Tiere keinesfalls, sie wollten lieber die Keksansammlung, welche im Zentrum des bereits feinsäuberlich gedeckten Frühstückstisches stand, testen. Einige Teller zollten nun der Schwerkraft Tribut und landeten klirrend auf dem Fußboden. Auch der Topf mit dem mittlerweile kalten Punsch, der auf der Herdplatte gestanden war, war ihrem Heißhunger nach etwas Abnormem zum Opfer gefallen.
Rosalinde hatte, damit sie von den Schafen nicht als Egoistin angeprangert werden konnte, dem Pott einen Hieb versetzt und dieser krachte daraufhin ebenso laut zu Boden wie eingangs die Geschirrserie. Der restliche Rotweinpunsch ergoss sich danach großzügig am gesamten Fußboden.
Die Kinderschar ist vom ausgebrochenen Tumult dermaßen überrascht, dass sie wie wild umherspringt und die in Rotwein - oder noch schlimmer, in Dünnschiss - getauchten Hausschuhe und Söckchen überall herumträgt. In diesem Fall leisten die Rabauken ganze Arbeit. Mamis und Papis werden folglich unter rührselig flennenden Kinderaugen gebeten, die kleinen Hosenscheißer hochzuheben! (Damit verteilt sich die ganze Rotwein- und Rosalinde-Durchfall-Brühe gezwungenermaßen auch an der zuvor noch adretten Kleidung der besorgten Eltern!)
Gott sei Dank habe ich keine Kinder! Somit habe ich keinen Balg am Arm, somit bin ich geruchsneutral und somit kann ich mich sofort nach Begutachtung der Lage verdrücken.
Also jetzt!!!
»Amelie, würdest du mir bitte bei der Beseitigung des Chaos’ helfen?«, ruft mir meine Mutter hinterher, als ich schon fast die rettende Ecke zum Treppenaufgang erreicht habe.
Nun ja, was soll’s! Durch die Bewegung wird mir wenigstens warm. (Aber den Scheißhaufen kann wer anderer wegräumen, da mache ich nicht mit! Schließlich bin ich hier die Einzige, die nicht mit der Schweinerei in Berührung gekommen ist und so soll’s auch bleiben!)
Nachdem ich den Scheißhaufen in die freie Natur befördert habe, die nun komplett verstörten Tiere wieder ihr Heim in der Krippe bezogen haben und wir (alle, die keine Kinder
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