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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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über einen Nachttopf. Ihre Därme verkrampften sich und entleerten sich. Drei Tage und drei Nächte verbrachte sie jeden wachen Augenblick auf dem Topf. Jemand flößte ihr Wasser ein, leerte den Topf und zwang ihr Hühnerbrühe in den entsetzlich geschwollenen, wunden Mund.
    Aber ihr Mund blutete nicht mehr.
    Sie musste sich nicht mehr erbrechen.
    Eine Woche lang lag sie im Bett und brachte kein Wort heraus. Dann, eines Morgens, sagte sie plötzlich: »Wo ist Leonidas?«
    »Draußen, in den Olivenhainen von Paralia. Hackt unsere besten attischen Olivenbäume um, möchte ich wetten«, antwortete Arkos Stimme.
    Halos Augen waren noch immer geschlossen. Auch Arko hatte die Augen zu. Er war müde, so müde. Während ihrer gesamten langen Krankheit hatte er neben Halo gewacht. Er war sich nicht sicher, ob sie nun richtig bei Bewusstsein war oder nicht. Wochenlang hatte sie jede Menge Unsinn geredet. Wie sollte er wissen, was sie wirklich wahrnahm und was nicht?
    »Nein – er war hier«, sagte sie.
    »Sie haben sich nicht in die Nähe Athens gewagt«, widersprach Arko. »Sie haben den Rauch unserer Leichenverbrennungen gesehen und gehört, was ihnen die Flüchtlinge erzählten, die vor der Pest mehr Angst hatten als vor den Spartanern. Die Spartaner plündern und zerstören momentan nur die Gegend um Laurion – dort unten am Meer ist die Luft sauberer und gesünder. Sie müssen uns gar nicht mehr belagern und uns Angst und Schrecken einjagen – das haben die Götter schon erledigt, die halbe Stadt ist tot –, also haben sich die Spartaner keine Mühe machen müssen.«
    »Er war hier«, murmelte sie beharrlich. »Wer bist du?«
    »Arko!«, sagte er – aber die Frage erschreckte ihn und er schaute sie aufmerksam an. »Halo! Halo?«
    »Halo?«, wiederholte sie langsam. »Halo? Hm. Weiß nicht so recht … Bist du ein Freund von Leonidas?«
    »Ich bin dein Freund«, sagte er. »Bist du jetzt wach?«
    »Ja, ich bin wach. Hm. Wach. Hungrig.«
    Arko flößte ihr drei Schalen Kykeon ein. Sie selbst war zu schwach, den Löffel zu halten.
    »Leonidas war hier«, beharrte sie. »Der Tod war hier. Sie wollte mich mitnehmen. Leonidas sagte ihr, sie sollte nur versuchen, mich zu holen, wenn sie könne.«
    »Sie? Ist der Tod denn eine Frau?«, fragte Arko.
    »Ja.«
    »Und du hast ihn … sie gesehen?«
    »Ja.«
    »Aber du bist nicht gestorben …«, stellte Arko fest.
    »Leonidas wollte mich nicht gehen lassen«, antwortete sie.

ΚΑΠΙΤΕΛ 29
    Später, als es ihr wieder besser ging, kam es ihr sehr seltsam vor, dass der Tod, die seltsame Frau, so lange gewartet hatte, bevor sie aufgegeben hatte. Soweit sich Halo erinnern konnte, hatte der Tod eine ganze Weile neben ihrem Krankenbett ausgeharrt. Arko meinte, nach allem, was Halo ihm darüber erzählt habe, müsse es wohl fast eine Nacht lang gewesen sein.
    »Man sollte denken, sie hätte auch woanders genug zu tun, mit all den Leuten, die in der ganzen Stadt sterben.«
    »Sollte man denken«, Arko nickte.
    Viele, viele Menschen waren während Halos Krankheit gestorben. Alle Lehrer. Der Gemüsehändler. Zwei Sklaven im übernächsten Haus. Mehr als tausend der viertausend Soldaten, die nach Potidaia entsandt worden waren. Perikles’ Schwester.
    »Aber ich nicht«, sagte Halo.
    »Nein, du nicht.«
    »Und du bist nicht mal krank geworden, Arko«, sagte sie verwundert. »Obwohl du mich die ganze Zeit gepflegt hast.«
    Arko zuckte die Schultern. »Nein.«
    »Du hättest aber krank werden können.«
    »Möglich.« Die Sache schien ihm fast peinlich zu sein.
    »Du hast dein Leben riskiert.«
    »Blieb mir nichts anderes übrig«, erwiderte er grinsend. »Wir wollen doch nicht, dass dir jemand anders den Chiton auszieht, oder? Außerdem glaube ich nicht, dass Zentauren die Pest bekommen können. Jedenfalls habe ich noch nie gehört, dass ein Zentaur an Pest erkrankt wäre. Pferde übrigens auch nicht.«
    »Interessant. Aber das kannst du nicht mit Sicherheit wissen. Also bist du ein unvorsichtiger Narr – es sei denn … Sag mal, haben die Ärzte inzwischen entdeckt, wie man die Kranken behandelt? Wie hast du mich gesund gepflegt?«, fragte sie, plötzlich wieder sehr wissbegierig.
    »Nein, die Ärzte haben nichts entdeckt«, antwortete Arko. »Hippokrates ist persönlich aus Kos angereist – er empfiehlt Meereswasser, Beräucherung mit Pech und Harz … aber geholfen hat das alles nicht viel.«
    »Rauch!«, rief Halo. »Das ist interessant. Wo ist er? Ich möchte ihn reden hören

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