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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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traurigsten Blick zu, den sie jemals gesehen hatte, »vielleicht ist es viel besser für sie, wenn wir sie schnell sterben lassen.«
    Sterben lassen! Sie konnte kaum glauben, dass sie so etwas Furchtbares von Hippias hörte, Hippias, der für die Menschen doch immer nur das Beste wollte.
    Alles war so schnell gegangen! Gyges war in weniger als einer Woche gestorben, und Arimaspou hatte ihr verboten, weiterhin zum Lager der Skythen zu kommen. »Wenn es keine Heilung gibt und man den Kranken nicht helfen kann, brauchen wir auch keinen Arzt mehr«, hatte er barsch gesagt. Seine Miene war hart und unfreundlich gewesen wie bei ihrem ersten Zusammentreffen. Es war, als wären sie sich in diesem Jahr nicht so viel nähergekommen, als hätte es kein Lehren und Lernen, keine Scherze, keinerlei Zuneigung gegeben.
    »Du wirst von jetzt an zu Hause bleiben!«, hatte er ihr befohlen. »Alle Kinder müssen zu Hause bleiben. Du darfst nicht mehr zu uns kommen.«
    Kinder! Sie war vierzehn. Wenn sie ein richtiges Mädchen gewesen wäre, hätten ihre Eltern sie jetzt verheiratet … Sie war kein Kind mehr! Aber sie widersprach Arimaspou nicht. Er wich ihrem Blick aus.
    »Lass mich wenigstens noch mit euch um Gyges trauern«, sagte sie und musste die Tränen zurückdrängen. Aber Arimaspou war unerbittlich.
    »Nein. Geh nach Hause und bleib dort. Wir wollen dich hier nicht mehr sehen.«
    Sie wusste, warum er das sagte – er wollte nicht, dass auch sie krank würde. Doch es schmerzte, so grob weggejagt zu werden.
    Sie marschierte mit zusammengepressten Lippen nach Hause. Der arme Gyges, dem sie das Bein gerettet hatte, und nun war alles umsonst gewesen. So vertieft war sie in ihre Gedanken und ihre Enttäuschung, dass sie mit einem Passanten zusammenprallte.
    »Oh, Entschuldigung«, murmelte sie und blickte auf. Sie erschrak bis ins Mark.
    Es war Mantiklas.
    Sofort fasste sie sich wieder, senkte instinktiv den Kopf und lief weiter. Hatte er sie gesehen? Wiedererkannt? Was hatte er in Athen zu suchen? Das war der letzte Ort auf der Welt, an dem sie ihn zu sehen erwartet hätte. Er war Spartaner! Die beiden Städte führten Krieg gegeneinander! Und warum kam er ausgerechnet jetzt hierher, wo die Pest ausgebrochen war? Sie musste Arko warnen! Sie musste Arko suchen – sofort!
    Sie rannte nach Hause und schrie schon nach Arko, kaum dass sie den Hof betreten hatte.
    »Er ist noch nicht zurück«, rief Tiki.
    Er kommt vom Gymnasium … ich gehe ihm entgegen , dachte sie. Doch im selben Augenblick kam Aspasia mit raschen Schritten in den Hof und packte sie am Arm. »Du gehst nicht mehr aus dem Haus!«, befahl sie streng. »Es ist nicht mehr sicher.«
    »Ich muss Arko suchen!«, rief Halo. »Ich muss sofort los …«
    »Arko ist schon auf dem Heimweg«, sagte Aspasia. »Er wird gleich hier sein. Du musst im Haus bleiben, Halo.«
    Aspasia duldete keine Widerrede. Und Evangelos hatte bereits das Tor verschlossen.
    Arko ist auf dem Heimweg … Er wird gleich hier sein … Alles wird gut.
    »Ab sofort gehst du nirgendwo mehr hin«, erklärte Aspasia. »Nicht zu den Skythen. Nicht zur Schule. Nicht zu Hippias …«
    »Nicht zu Hippias!«, rief Halo entsetzt.
    »Vor allem nicht zu Hippias!«, widerholte Aspasia heftig. »Halo, ich muss dir das erklären – Ärzte kommen ständig mit Kranken in Berührung, und deshalb sind sie oft die Ersten, die sterben. Wir werden alle im Haus bleiben müssen, Perikles hat es befohlen. Wir werden nicht zulassen, dass sich die Pest in unserer Familie auch nur ein einziges Opfer holt.«
    Halo war verzweifelt. Sie wollte – sie musste! – zu Hippias. Sie musste mit ihm besprechen, wie man die vielen armen, leidenden Menschen behandeln oder ihnen zumindest ihr Leiden erleichtern könnte oder wie man verhindern könnte, dass das Miasma, der böse Dunst der Pest, von einem Menschen auf den anderen übersprang oder wie man die Pest überhaupt davon abhalten könnte, in die Stadt zu gelangen …
    Warum verhielt sich die Pest so? Es war ihr völlig gleichgültig, wen sie befiel; auch wenn offenbar die Landflüchtlinge am häufigsten betroffen waren, hatte die Krankheit aber auch ein paar reiche Leute geholt. Reiche, arme, kranke, alte, junge Menschen, gesunde Männer wie Gyges, schwache Menschen wie den Sklaven auf der Straße. Die Pest packte die Frommen, die immer zu den Göttern gebetet hatten, und die Nachlässigen, die es mit dem Beten nicht so genau nahmen.
    Halo wollte alles über diese entsetzliche Krankheit

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