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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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und dass Ärzte, die sich reinigen, bessere Heilungserfolge hatten als schmutzige Ärzte.
    Als Arzt müsse man sich von Erfahrung und Vernunft leiten lassen, hatte Hippias einmal zu ihr gesagt. Und in der Tat glaubte Halo weniger den Priestern als den Lehren des Hippokrates. Er hatte gesagt, dass der Wind ein Miasma durch die Stadt geblasen habe, üble Dämpfe, die von den Menschen eingeatmet worden seien, und dass die Krankheit auf diese Weise nach Athen gelangt sei.
    »Lehrer«, sagte sie am nächsten Tag zu Hippias, »bin ich gottlos, wenn ich vermute, dass die Pest eine physische Ursache hat und nicht vom Zorn der Götter ausgelöst wurde?«
    »Du wärst dann nur vernünftig, nicht gottlos«, antwortete er. »Du bist ein vernünftiger Junge in einer Stadt, die auf dem besten Weg war, vernünftig zu werden, die nun aber wieder einen Rückfall erleidet.« Hippias freute sich, dass sie gekommen war, aber es war nur eine kleine Freude, gemessen an all dem Elend, mit dem er es jeden Tag zu tun hatte.
    Er erklärte ihr, dass er keine Krankenbesuche mehr mache. »Es ist zwecklos. Ich kann doch nichts tun, und je mehr Kranke ich besuche, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich selbst die Pest bekomme, und dann kann ich überhaupt niemandem mehr helfen. Was ist daran gerecht? Apollo würde uns nicht mit einer solchen Ungerechtigkeit bestrafen. Das ist nicht das Werk der Götter.«
    »Und was sagst du den Leuten, die dich um Hilfe bitten?«
    »Ich sage ihnen, dass weder ich noch sonst jemand irgendetwas für sie tun kann«, antwortete Hippias leise, und er wirkte zutiefst beschämt. »Und sie gehen weg und vergeuden ihr Geld bei den Quacksalbern und Gesundbetern und für allen möglichen abergläubischen Tand.«
    »Das ist nicht deine Schuld«, entgegnete Halo.
    »Ich will nur eines – die Menschen heilen«, erklärte er und klang dabei so traurig, dass sie ihre Hand auf seine legte.
    »Sag mir, hat sonst noch jemand die Pest überlebt? Oder sterben alle, die daran erkranken?«
    »Manche überstehen sie. Einer wurde blind, habe ich gestern gehört. Ein anderer hat sein Gedächtnis verloren und ist jetzt fast verrückt, er erkennt niemanden und kann sich an nichts mehr erinnern. Mehrere Leute haben Finger und Zehen verloren, aber warum das so ist, weiß niemand.«
    Er schaute Halo fragend an.
    »Mir fehlt nichts«, sagte sie nachdenklich. »Abgemagert und schwach bin ich, aber alle Organe und Glieder sind gesund geblieben. Wie kann ich dafür meine Dankbarkeit beweisen?«
    Hippias blickte sie lächelnd an.
    »Wie denn?«, fragte sie.
    »Die Athener fluchen über das Schicksal oder auf die Götter, verzweifeln an all dem Elend, am Krieg, an der Pest, an all dem Entsetzlichen … und du sprichst von Dankbarkeit.«
    Halo lachte. Hippias hatte recht. Und trotzdem empfand sie große Dankbarkeit. Sie war nicht gestorben!
     
    Eines Morgens stieg Halo zur Akropolis hinauf, um frische Luft zu atmen, wie Hippias ihr empfohlen hatte, als ihr plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss: Warum habe ich die Pest nicht noch einmal bekommen? Man bekommt sie doch, wenn man mit Leuten zusammen ist, die daran erkrankt sind. Warum also bin ich nicht noch einmal krank geworden? Sie lief zu Hippias’ Haus, um mit ihm darüber zu sprechen.
    »Wir glauben doch nicht, dass die Pest vom Wasser kommt, und auch nicht, dass sie von den Göttern kommt – aber es ist dieselbe Pest, die von Libyen kam, die durch Lemnos zog und dann nach Piräus kam, also kam sie durch die Luft oder durch Reisende … Warum habe ich mir die Pest nicht noch einmal von mir selbst geholt?«
    Hippias schaute sie bewundernd an. »Aus dir wird einmal ein guter Arzt«, sagte er. »Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich nicht wollte, dass du dir vergebliche Hoffnung machst, aber es stimmt: Niemand, der die Pest einmal hatte, hat sie ein zweites Mal bekommen. Die meisten sterben am siebten Tag oder am elften. Wer aber überlebt, bekommt sie kein zweites Mal.«
    Halo verstand sofort, was er damit sagen wollte.
    »Dann bin ich vor der Pest sicher?«
    »Sieht so aus.«
    »Gut – dann kann ich den Kranken helfen.«
    »Es gibt keine Hilfe …«, begann er, aber sie unterbrach ihn sofort.
    »Ich kann sie nicht heilen, aber ich kann ihnen Wasser einflößen, wenn sie so durstig sind. Ich kann zu ihnen gehen und sie trösten, weil ihre Angehörigen das nicht tun können, ohne selbst den Tod zu riskieren. Niemandem geht es schlechter, wenn er eine Schale Brühe zu trinken bekommt oder

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