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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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hatte.
    »Wer ist der blonde Knabe?«, fragte sie nach einer Weile leise.
    »Der ›Knabe‹, wie du ihn nennst, heißt Mantiklas. Er ist der beste Seher von Lakedaimon«, antwortete Leonidas. Er klang, als würde er grinsen.
    Ein Seher! Na, damit wäre einiges erklärt, allerdings nicht alles. Kyllaros hatte Halo einmal von den Sehern erzählt. Es waren Menschen, die Omen und Vorzeichen lesen und das Wetter vorhersagen konnten. Sie beobachteten die Tiere in der Wildnis, konnten Träume deuten und die Sterne lesen und sogar weissagen, an welchen Tagen große Taten vollbracht werden konnten. Die Seher betrachteten auch die Opfer auf den Altären und suchten nach guten und schlechten Vorzeichen.
    »Ist er nicht ein bisschen jung für einen Seher?«, fragte sie.
    »Er hat eine große Begabung«, erwiderte Leonidas. »Seine Vorhersagen treffen immer zu, und das war schon so, als er noch ein kleines Kind war. Das ist nicht wie bei normaler Weisheit, die im Alter zunimmt.«
    »Dann kann er also die Zukunft vorhersagen?«, fragte Halo neugierig.
    »Besser als wir normalen Menschen, sagt man«, meinte Leonidas.
    Halo überlegte, ob sie es wagen sollte, Mantiklas nach ihren Eltern zu fragen. Besser nicht, dachte sie.
    Sie schwiegen eine Weile.
    Plötzlich musste Halo grinsen.
    »Warum rettest du mich eigentlich immer wieder?«, fragte sie.
    »Weil …«, begann Leonidas zögernd, »weil du kein Sklave bist.«
    »Niemand ist ein Sklave.«
    »Fang bloß nicht wieder damit an«, sagte er. »Es gibt Sklaven, das ist ja wohl klar. Sklaven sind eben Sklaven, so ist das nun mal im Leben.«
    »Und wenn dich die Feinde in einer Schlacht gefangen nehmen, wirst auch du ein Sklave, richtig?«
    Darüber musste Leonidas laut lachen, hielt sich aber rasch die Hand vor den Mund.
    »Ja«, sagte er, »wenn.«
    Nun musste sie lachen – über seinen Stolz und seine Unverfrorenheit. Beide hatten Mühe, in der stillen Nacht nicht laut loszulachen.
    Über ihnen schrie eine Eule.
    »Athena befielt uns, still zu sein«, flüsterte Leonidas.
    »Sehr weise.«
    Aber es war schön, nicht mehr allein zu sein. Auch wenn ausgerechnet Leonidas ihr Gefährte war.
    »Leonidas«, flüsterte sie nach einer Weile, »wenn auch du glaubst, dass ich kein Sklave bin, warum hinderst du mich daran zu fliehen?«
    Jetzt schwieg er so lange, dass sie fürchtete, er sei eingeschlafen, doch dann sagte er: »Weil ich für dich verantwortlich bin. Du hast gehört, was Melesippos gesagt hat. Nächstes Mal kann ich dich nicht mehr schützen, wenn du wieder eingefangen wirst.«
    »Wenn«, murmelte sie.
    »Aber du wurdest nicht im Kampf gefangen genommen, und du wurdest auch nicht als Sklave geboren, deshalb ist es eigentlich nicht richtig, dass du als Sklave leben sollst.«
    Halo wollte nicht, dass Leonidas ihretwegen in Schwierigkeiten geriet, aber wenn sie sonst ihr Leben lang ein Sklave bleiben müsste, nun, dann hatte sie keine andere Wahl.
    »Aber du solltest herausfinden, wer du eigentlich bist«, meinte er nach einer Weile. »Solange du das nicht weißt, bist du ein Niemand.«
    »Ich bin ich!«, sagte sie verärgert, aber ihr war klar, dass dies in der Welt der Menschen nicht ausreichte.
    Gereizt wandte sie sich von ihm ab. Und sie nahm sich vor, die ganze Nacht lang an der Kette zu zerren, nur um ihn zu ärgern.
     
    Mit den Männern unterwegs zu sein war ganz anders, als die lange einsame Reise, die sie hinter sich hatte. Jetzt war sie nachts vor wilden Tieren sicher, und kein Bandit oder Wegelagerer würde sich mit einer Gruppe Spartanern anlegen. Sie musste nicht einmal mehr zu Fuß gehen, sondern konnte auf dem karren mitfahren. Außerdem hatte die Gruppe ausreichend Nahrung dabei, sodass sie sich auch um ihr Essen keine Sorgen zu machen brauchte. Und der Sklave Dion war für das Feuer zuständig.
    In den Bäumen sangen die Vögel. Winzige Blätter entfalteten sich an den knorrigen Weinranken, neugeborene Maultier- und Eselsfohlen trabten über die Felder, weiße Wolken tanzten über den Himmel, und Helios, die Sonne, schien wie ein guter Freund auf sie hinunter. Halo kam es vor, als habe Demeter sie alle zu einem Fest eingeladen. Die Welt war schön. Das ganze Land und alles, was darauf wuchs und lebte, war schön.
    Halo saß hinten auf dem Wagen. Zufrieden und satt vom Gerstenbrei wurde ihr allmählich klar, dass die Dinge viel, viel besser standen, als es hätte sein können. Deshalb hätte sie ihr Schicksal ruhig und gelassen ertragen können, während der Wagen

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