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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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sah doch gar nicht so ernst aus – wahrscheinlich ist es nur eine Verstauchung. Sie werden sein Gelenk verbinden und ihn nach Hause schicken. Schau», sie zeigte auf die Anzeigetafel. «Wir haben immer noch sechs Punkte Vorsprung.»
    Aber ich konnte mich jetzt nicht mehr freuen und verabschiedete mich. Ich wollte nach Hause zu Gabriel und Ivy, um sie zu bitten, mich ins Krankenhaus zu fahren. In Gedanken rief ich sie herbei, für den Fall, dass sie nicht zu Hause waren. Ich war so mit meiner Sorge um Xavier beschäftigt, dass ich auf dem Parkplatz mit voller Wucht in Jake Thorn hineinlief und hinfiel.
    «Oh, da ist aber jemand in Eile», sagte er, half mir hoch und klopfte mir den Schmutz vom Mantel. «Was ist los?»
    «Xavier hatte einen Unfall auf dem Rugbyfeld», sagte ich und rieb mir mit den Fäusten die Augen, genau wie ein kleines Kind. Mir war es vollkommen egal, wie ich dabei aussah – ich wollte nur noch zu Xavier, um zu sehen, wie es ihm ging.
    «Du meine Güte», sagte Jake gedehnt. «Das ist aber ein Unglück – ist es ernst?»
    «Ich weiß es nicht», antwortete ich mit gepresster Stimme. «Sie haben ihn ins Krankenhaus gebracht.»
    «Aha», entgegnete Jake. «Er ist sicher okay. Das ist nun mal das Wesen dieses Spiels.»
    «Ich hätte es wissen müssen», sagte ich wütend, mehr zu mir selbst.
    «Was hättest du wissen müssen?», fragte Jake und schaute mir forschend ins Gesicht. «Das ist doch nicht deine Schuld, oder? Jetzt wein doch nicht …»
    Er machte einen Schritt auf mich zu und nahm mich in die Arme. Seine Umarmung war ganz anders als Xaviers, und sein Körper war viel zu mager und dünn, als dass seine Nähe tröstlich gewesen wäre, aber ich schluchzte trotzdem in sein Hemd und ließ es zu, dass er mich festhielt. Ich musste mich schließlich gewaltsam von ihm losmachen, denn er hielt mich fast wie in einem Schraubstock gefangen.
    «Sorry», murmelte Jake mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen. «Wollte nur sichergehen, dass es dir gutgeht.»
    «Danke, Jake. Aber ich muss jetzt wirklich gehen», sagte ich hastig und fühlte, wie mir neue Tränen in die Augen traten.
    Ich rannte die große Treppe zum verlassenen Hauptflur der Schule hoch. Erleichterung durchflutete mich, als ich Ivy und Gabriel auf mich zukommen sah.
    «Wir haben deine Rufe gehört», sagte Ivy, als ich den Mund öffnete, um die Geschichte zu erzählen. «Wir wissen, was passiert ist.»
    «Ich muss unbedingt sofort ins Krankenhaus! Ich kann ihm helfen!», schrie ich.
    Gabriel stellte sich direkt vor mich und packte meine Schultern. «Bethany, beruhige dich! Du kannst das jetzt nicht tun, nicht jetzt, wo man sich schon um ihn kümmert.»
    «Warum nicht?»
    «Denk doch mal eine Sekunde nach, Bethany», drängte Ivy. «Man hat ihn schon ins Krankenhaus gebracht, und seine Eltern sind ebenfalls schon benachrichtigt. Wenn diese Verletzung wie durch ein Wunder heilt, was glaubst du, wie die Leute dann reagieren werden?»
    «Aber er braucht mich doch!»
    «Was er braucht, ist, dass du die Sache nüchtern angehst», entgegnete Gabriel. «Xavier ist jung und gesund. Seine Verletzung wird ganz normal ausheilen, und niemand wird Verdacht schöpfen. Wenn du den Heilungsprozess später ein bisschen beschleunigen willst, fein; aber jetzt musst du einen kühlen Kopf bewahren. Er ist nicht wirklich in Gefahr.»
    «Kann ich ihn wenigstens besuchen?», fragte ich. Es ärgerte mich, dass sie recht hatten und dass Xaviers Genesung langsam vonstattengehen musste.
    «Ja», antwortete Gabriel. «Wir gehen alle zusammen.»
    Das Krankenhaus gefiel mir gar nicht. Es sah grau und steril aus, und die Gummisohlen der Krankenschwestern quietschten auf dem Linoleum der Flure. Ich spürte Trauer und Verlust, kaum dass ich durch die automatisch schließende Eingangstür getreten war. Hier gab es Leute, die niemals wieder gesund werden würden, Unfallopfer und unheilbar Kranke. Überall waren Menschen, die ihre Mutter, ihren Vater, Ehemann, die Schwester oder sogar ihr Kind verlieren würden. Der Schmerz, der innerhalb dieser Wände hing, traf mich wie eine brennende Ohrfeige. Dies also war der Ort, von dem aus viele ihre Reise in den Himmel antraten! So vielen Seelen hatte ich den Übergang erleichtern können. Und so viele Seelen gab es hier, die es verzweifelt nach Führung und Unterstützung verlangte. Es war meine Pflicht, ihnen zu helfen. Doch sobald ich an Xavier dachte, lösten sich mein Pflichtgefühl und sogar mein schlechtes Gewissen

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