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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Hände wanderten unfreiwillig zu meinen noch immer schmerzenden Schläfen. «Es ging mir schon mal besser», gab ich zu.
    Die Stille hing über dem Raum wie ein Schleier.
    «Es tut mir schrecklich leid», fuhr ich kleinlaut fort. «Ich weiß nicht, wie das passiert ist. Ich fühle mich so kindisch.»
    Gabriel drehte sich um und blickte mich an. Seine Augen hatten die Farbe von Gewitterwolken, aber alles, was ich in ihnen sah, war tiefe Zuneigung für mich.
    «Es gibt keinen Grund, sich zu grämen, Bethany», sagte er so gelassen wie immer. «Da wir jetzt Menschen sind, müssen wir auch Fehler machen.»
    «Ihr seid nicht wütend?», platzte ich hervor und blickte von einem zum anderen. Ihre perlmuttfarbenen Gesichter leuchteten in der Morgensonne.
    «Natürlich sind wir nicht wütend», sagte Ivy. «Wie können wir dich für etwas tadeln, über dass du keine Kontrolle hattest?»
    «Das ist genau der Punkt», sagte ich. «Ich hätte es wissen müssen. Euch beiden wäre das nicht passiert. Warum bin ich die Einzige von uns, die Fehler macht?»
    «Sei nicht so hart mit dir selbst», riet Gabriel. «Vergiss nicht, dass es dein erster Besuch auf der Erde ist. Du wirst aus deinen Erfahrungen lernen und irgendwann in der Lage sein, solche Situationen zu vermeiden.»
    «Man vergisst leicht, dass Menschen aus Fleisch und Blut bestehen und nicht unzerstörbar sind», fügte Ivy hinzu.
    «Ich werde versuchen, es mir zu merken», sagte ich und fühlte mich ein bisschen ermutigt. Mein Kopf schien immer noch kurz vor der Explosion zu stehen, also setzte ich mich hin und legte meine Stirn auf die kühle Tischplatte.
    «Keine Sorge, ich habe das ideale Mittel, um den Presslufthammer aus deinem Kopf zu vertreiben», sagte Gabriel.
    Er nahm verschiedene Dinge aus dem Kühlschrank, maß sie ab und schüttete sie mit wissenschaftlicher Präzision in einen Mixer. Schließlich überreichte er mir einen Glas mit trüber roter Flüssigkeit.
    «Was ist das?», fragte ich.
    «Tomatensaft, Eigelb und ein Hauch von Chili», sagte er. «In dem Medizinlexikon, das ich heute Nacht studiert habe, steht, dass dies eins der besten Mittel gegen Kater ist.»
    Das Gemisch sah schrecklich aus und roch nicht besser, aber das Dröhnen in meinem Kopf schien nicht von selbst verschwinden zu wollen. Also hielt ich mir die Nase zu und schluckte es hinunter. Erst später kam mir der Gedanke, dass Ivy meinen Kater mit einer einzigen Berührung meiner Schläfen hätte heilen können, aber vielleicht versuchten meine Geschwister mir beizubringen, die menschlichen Folgen meiner Handlungen zu tragen.
    «Ich glaube, wir sollten heute alle zu Hause bleiben, meint ihr nicht auch?», schlug Ivy vor. «Dann hast du ein bisschen Zeit zum Nachdenken.»
    Ich hatte noch nie mehr Ehrfurcht vor meinen Geschwistern gehabt als in diesem Moment. Die Toleranz, die sie an den Tag legten, konnte nur als übermenschlich bezeichnet werden, was sie natürlich auch war.
     
    Verglichen mit dem Rest der Welt, lebten wir wie in der Steinzeit: ohne Fernsehen, Computer oder Handy. Unser einziges Zugeständnis an das Leben auf der Erde im einundzwanzigsten Jahrhundert war das Festnetztelefon, das direkt nach unserem Einzug angeschlossen worden war. Wir glaubten, dass Technik einen verderblichen Einfluss auf die Menschen hatte, unsoziales Verhalten förderte und das Familienleben störte. In unserem Haus verbrachten wir Zeit miteinander, anstatt im Internet zu surfen oder seichte Fernsehprogramme zu schauen.
    Vor allem Gabriel hasste den Einfluss des Fernsehens. Zur Vorbereitung auf unsere Mission hatte er uns den Anfang einer Sendung gezeigt, um seine Einstellung zu verdeutlichen. Es ging um Menschen, die an Fettleibigkeit litten. Sie wurden in Gruppen aufgeteilt, und es wurde ihnen verführerisches Essen hingestellt. Man wollte testen, ob sie stark genug waren zu widerstehen. Diejenigen, die aufgaben, wurden beschimpft und mussten ausscheiden. Es war fürchterlich. Gabriel sagte, dass es widerwärtig sei, mit den Gefühlen von Menschen zu spielen und ihre Schwächen auszunutzen. Noch widerlicher sei es, dass der größte Teil der Zuschauer diese Grausamkeiten als Unterhaltung bezeichnete.
    Also wendeten wir uns an diesem Nachmittag nicht der Technik zu, um uns die Zeit zu vertreiben, sondern faulenzten auf der Veranda. Wir lasen, spielten Scrabble oder sinnierten vor uns hin. Wenn wir unseren Gedanken nachhingen, hieß das nicht, dass wir dabei nichts anderes tun durften, es bedeutete nur,

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