Halo
auch nur daran denken, nicht zu gehen?» Molly sah fassungslos aus, als ob allenfalls der Weltuntergang ein triftiger Grund wäre, dem Ball fernzubleiben.
«Na ja, zuerst einmal habe ich kein Date.»
Was Molly nicht wusste, war, dass mich schon mehrere Jungen angesprochen hatten. Sie hatten die Gelegenheiten genutzt, wenn sie mich in den Pausen alleine angetroffen hatten, und ich hatte ihnen mit unverbindlichen Ausreden abgesagt. Ich erzählte jedem, der mich fragte, dass ich nicht sicher war, ob ich hingehen würde, was nicht wirklich gelogen war. Doch eigentlich wollte ich Zeit gewinnen, weil ich insgeheim hoffte, dass Xavier mich fragte.
Ein Mädchen, das Montana hieß, verdrehte die Augen. «Mach dir darüber keine Sorgen. Das Kleid ist viel wichtiger. Im schlimmsten aller Fälle findest du schon noch einen Kerl.»
Ich wollte gerade sagen, dass ich es mir überlegen wollte, als ich spürte, wie sich ein starker Arm um meine Schultern legte. Die Mädchen erstarrten, ihre Blicke richteten sich unbeweglich auf die Stelle über meinem Kopf.
«Hi, Mädels, ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich Beth für eine Minute entführe?», fragte Xavier.
«Na ja, wir waren mitten in einem wichtigen Gespräch», widersprach Molly. Ihre Augen verengten sich misstrauisch, und sie blickte mich erwartungsvoll an.
«Ich bringe sie gleich wieder zurück», sagte Xavier.
Die Art, wie er mit mir umging, hatte etwas Vertrautes, was den anderen nicht entging. Das gefiel mir, aber trotzdem fand ich es unangenehm, plötzlich im Mittelpunkt zu stehen. Xavier führte mich zu einem leeren Tisch.
«Was tust du?», flüsterte ich.
«Es wird langsam zur Gewohnheit, dich zu retten», antwortete er. «Oder wolltest du den Rest der Mittagspause damit verbringen, über Selbstbräuner und Wimpernverlängerung zu reden?»
«Woher weißt du überhaupt, dass es so etwas gibt?»
«Schwestern», sagte er.
Er machte es sich am Tisch bequem und ignorierte die Seitenblicke, die uns in der überfüllten Cafeteria aus allen Richtungen zugeworfen wurden. Manche schauten neidisch, andere einfach nur neugierig. Xavier hatte sich entschieden, mit mir zusammenzusitzen, obwohl er fast an jedem Tisch im Raum willkommen gewesen wäre und seine Gesellschaft heiß begehrt war.
«Wir scheinen Aufmerksamkeit zu erregen», sagte ich und machte mich kleiner.
«Die Leute haben halt gern etwas zu reden, dagegen können wir nichts machen.»
«Warum bist du nicht bei deinen Freunden?»
«Du bist interessanter.»
«An mir ist absolut nichts Interessantes», sagte ich mit leichter Panik in der Stimme.
«Das sehe ich anders. Sogar deine Reaktion darauf, dass ich dich interessant finde, ist interessant.»
Wir wurden von zwei jüngeren Jungen unterbrochen, die an unseren Tisch kamen.
«Hallo, Xavier.» Der Größere der beiden begrüßte ihn mit einem respektvollen Nicken. «Der Schwimmwettkampf war großartig. Ich habe vier von sechs Durchgängen gewonnen.»
«Gut gemacht, Parker», sagte Xavier und schlüpfte problemlos in die Rolle des Schulsprechers und Mentors. «Ich wusste, dass wir Westwood fertigmachen können.»
Der Junge glühte vor Stolz.
«Glaubst du, ich schaffe es zur Landesmeisterschaft?», fragte er erwartungsvoll.
«Es würde mich nicht überraschen – der Coach war ziemlich angetan. Du musst nur unbedingt nächste Woche zum Training kommen.»
«Auf jeden Fall», sagte der Junge. «Dann bis Mittwoch.»
Xavier nickte, und sie schlugen die Fäuste gegeneinander. «Bis dann, Kleiner.»
Es war nicht zu übersehen, dass Xavier gut mit Menschen umgehen konnte – er war freundlich, aber nicht aufdringlich. Als der Junge weg war, veränderte sich sein Gesichtsausdruck wieder, wirkte konzentrierter, als ob das, was ich zu sagen hatte, wirklich von Bedeutung war. Meine Haut begann zu prickeln, und meine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Ich spürte in der Brust, wie Röte in mir aufstieg, und gleich darauf verbreitete sie sich auch schon auf meinen Wangen.
«Wie machst du das?», fragte ich, um meine Verwirrung zu überspielen.
«Was?»
«So leicht mit jedem zu reden.»
Xavier zuckte die Schultern. «Das gehört dazu. Hey, jetzt hätte ich es fast vergessen, ich habe dich hierher verschleppt, um dir etwas zurückzugeben.» Er zog eine lange, weiß schillernde, rosa gesprenkelte Feder aus der Tasche seines Blazers. «Nachdem ich dich gestern nach Hause gefahren hatte, habe ich das in meinem Auto gefunden.»
Ich zog ihm die Feder aus
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