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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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floss, war da auch noch diese entsetzliche Angst. Würde ich noch auf der Erde sein, wenn ich aufwachte? Ich wusste es nicht. Ich wollte beten, aber ich konnte nicht. Nach den Sünden, die ich begangen hatte, war ich zu beschämt, um mit unserem Vater zu sprechen. Ich hatte mein Geheimnis erst ein paar Stunden bewahren müssen und war bereits zu Fall gebracht.
    Vermischt mit Schuld und Scham, verspürte ich auch ein neues Gefühl der Wut bei der Vorstellung, dass mein Schicksal nicht in meiner Hand lag. Xavier hatte mich auf diesen Gedanken gebracht. Ein anderer würde entscheiden, was aus unserer Beziehung wurde, und das Schlimmste daran war, dass ich nicht wusste, wann. Meine Zeit auf Erden hatte ein unbekanntes Verfallsdatum. Was, wenn ich Xavier nicht einmal auf Wiedersehen sagen konnte? Ich stieß meine Bettdecke weg, obwohl meine Haut eiskalt war. In mir wuchs der Gedanke, dass ich nicht ohne Xavier leben konnte. Nicht leben wollte.
    Stunden später tobten die Gedanken immer noch in mir, und es hatte sich nichts geändert, außer dass mein Kissen nass war vor Tränen. Ich schlief immer wieder ein und wachte kurz darauf wieder auf. Manchmal erwachte ich und saß sofort aufrecht, spähte ins Dunkel nach einem Anzeichen, dass jemand oder etwas gekommen war, um mich zu bestrafen.
Mein ist die Rache, ich werde vergelten,
spricht der Herr. Einmal wachte ich auf und sah eine Gestalt mit Hut. Ich dachte, dass sie gekommen war, um mich zu bestrafen, aber es war nur mein Mantel, der an einem Ständer neben der Tür hing. Danach fürchtete ich mich davor, die Augen zu schließen, als würde es mich dadurch angreifbarer machen. Es war irrational, so zu denken. Ich wusste, dass es keinen Unterschied machte, ob ich wach war oder schlief, wenn sie kamen. Ich wäre so oder so absolut machtlos.
    Als es Morgen wurde, war ich ein emotionales Wrack. Nachdem ich mich gewaschen hatte und in den Spiegel schaute, stellte ich fest, dass ich auch so aussah. Mein ohnehin schon blasses Gesicht war noch weißer, und die Ringe unter meinen Augen waren noch dunkler geworden. Ich sah jetzt wirklich aus wie ein Engel, der in Ungnade gefallen war.
    Als ich die Küche leer antraf, wusste ich sofort, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Ich konnte mich an keinen Morgen erinnern, an dem mich Gabriel nicht mit fertig zubereitetem Frühstück begrüßt hätte. Ich hatte ihm immer wieder gesagt, dass ich das selber tun konnte, aber er bestand wie ein liebender Vater darauf, dass es ihm Spaß machte. Heute war der Tisch leer, und es war völlig still. Ich versuchte mir einzureden, dass dies nichts war als eine kleine Abweichung von der Routine. Ich ging zum Kühlschrank und goss mir ein Glas Orangensaft ein, aber meine Hände zitterten so stark, dass ich die Hälfte davon über der Spüle verschüttete. Ich wischte die Pfütze mit einem Papiertuch auf und kämpfte gegen die Angst an, die mir die Kehle zuschnürte.
    Ich spürte die Anwesenheit von Gabriel und Ivy, bevor ich sie sah oder kommen hörte. Sie standen zusammen in der Tür, vereinigt in stummer Verurteilung, ihre Gesichter starr und ausdruckslos. Sie brauchten nichts zu sagen. Sie wussten es. Hatte mich meine Unruhe verraten? Ich hätte ihre Reaktion voraussehen müssen, aber sie traf mich trotzdem wie ein Schlag ins Gesicht. Ein paar Minuten lang war ich nicht in der Lage, etwas zu sagen. Ich wollte zu ihnen laufen und mein Gesicht in Gabriels Hemd vergraben, ihn um Vergebung bitten und seine Arme um mich spüren. Aber ich wusste, dass ich dort keinen Trost zu erwarten hatte. Obwohl Engel üblicherweise als mitfühlende Wesen voller bedingungsloser Liebe dargestellt wurden, gab es eine andere Seite an ihnen, die hart und unbarmherzig sein konnte. Die Vergebung war für Menschen reserviert. Sie kamen immer davon. Wir tendierten dazu, sie als Kinder anzusehen und daraus zu folgern, dass das «arme Ding» es nicht besser wusste. Aber was mich betraf, waren die Erwartungen höher. Ich war kein Mensch, ich war einer von ihnen, und da gab es keine Entschuldigung.
    Es war völlig still. Alles, was man hörte, war das Tropfen des Wasserhahns und mein hektisches Atmen. Ich hielt die Stille nicht aus. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie mich direkt beschuldigt, mich angeschrien oder vor die Tür gesetzt hätten. Alles wäre besser gewesen als diese anklagende Stille.
    «Ich weiß, wie es für euch aussehen muss, aber ich musste es ihm erzählen», platzte ich hervor.
    Ivys Gesicht war zu einer

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