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Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Brieftasche. Das Leder war in einem ziemlich schlechten Zustand, offensichtlich hatten bei der Verwesung entstehende Flüssigkeiten den Stoff durchdrungen.
    Mit einem Daumennagel klappte Gullet die äußere Lasche auf. Das Innere der Brieftasche war durchnässt und verklebt.
    Mit demselben Nagel schabte der Sheriff den Dreck vom Plastiksichtfenster des ersten Fachs.
    Ich meinte, in seinen Mundwinkeln ein kaum merkliches Kräuseln zu erkennen.
    »Na, was haben wir denn da?«

10
    »Führerschein, ausgegeben vom wunderbaren Staat South Carolina.« Gullet kratzte noch ein wenig am Sichtfenster, schob sich die Sonnenbrille auf die Stirn und schüttelte die Brieftasche vorsichtig.
    »Der arme Kerl da ist auf keinen Fall Matthew Summerfield.« Gullet hielt Miller die Brieftasche hin.
    Die Ermittlerin des Coroners bewegte das Sichtfenster hin und her, wie der Sheriff es getan hatte. »Da haben Sie Recht«, sagte sie und reichte sie an mich weiter. »Die Schrift ist zu klein für meine alten Augen.«
    Obwohl das Foto in einem sehr schlechten Zustand war, war es doch eindeutig, dass der Abgebildete kein junger Mann mehr war. Er hatte schwammige Gesichtszüge, eine schwarz gerahmte Brille und schüttere, quer über den Schädel gekämmte Haare. Ich bemühte mich, die Daten rechts neben dem Foto zu entziffern.
    »Der Name sieht aus wie Chester irgendwas Pinney. Vielleicht Pickney. Oder Pinckney. Der Rest ist unleserlich«, sagte ich.
    Miller hielt mir eine Plastiktüte hin, und ich steckte die Brieftasche hinein. Dann gab sie Gullet die Tüte.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, bringen wir die sterblichen Überreste dieses Herrn jetzt in die Leichenhalle. Miss Rousseau wird herausfinden wollen, wer er ist, um dann so schnell wie möglich die nächsten Angehörigen zu benachrichtigten.«
    Miller schaute auf ihre Uhr. Wir anderen machten es ihr nach, wie Pawlowsche Hunde.
    »Kurz vor sieben«, sagte Gullet. »Heute Abend passiert nichts mehr.«
    Nach einem Nicken in meine und Millers Richtung setzte sich der Sheriff die Sonnenbrille wieder auf die Nase, pfiff nach seinem Hund und ging davon.
    Während ihr Kollege den Seilrest vom Baum schnitt und in eine Tüte steckte, suchten Miller und ich noch einmal den Fundort nach möglichen Indizien ab. Über uns wisperten Ranken und hängendes Moos. Moskitos surrten. Amphibien lärmten im trüben Dämmer des Sumpfes.
    Der Himmel verblasste eben zu einer typischen Lowcountry-Dämmerung, als Miller die Hecktüren ihres Transporters zuwarf. Ihr Gesicht war fleckig von Insektenstichen, Rücken und Brust ihrer Bluse waren dunkel vor Schweiß.
    »Ich rufe Emma sowieso gleich an«, sagte ich. »Ich kann ihr Bericht erstatten.«
    »Danke, Süße. Das erspart mir viel Arbeit.«
    Ich rief Emma von unterwegs an. Sie nahm nach dem dritten Läuten ab. Ihre Stimme klang dünn und zitterig.
    »Gullet ruft an, sobald er den Führerschein gecheckt hat.«
    »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
    »Nicht nötig«, sagte ich.
    »Die Summerfields werden erleichtert sein.«
    »Ja«, sagte ich, allerdings mit wenig Enthusiasmus. Ein häufiges Szenario. Eine Familie erhält die guten Nachrichten, eine andere die schlechten.
    Ich hörte Emma tief einatmen, dann nichts mehr.
    »Was ist?«
    »Du hast so viel getan.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Ich bitte dich nicht gerne.«
    »Tu’s einfach.«
    Ein kurzes Zögern, dann: »Ich habe morgen eine Behandlung. Ich –«
    »Wann?«
    »Der Termin ist um sieben.«
    »Ich hole dich um halb sieben ab.«
    »Danke, Tempe.« Die Erleichterung in ihrer Stimme trieb mir fast die Tränen in die Augen.
    Wieder hing der Geruch des Todes an mir, als ich nach Hause kam. Wieder ging ich direkt zur Außendusche, stellte mich unter Wasser, das so heiß war, dass ich es gerade noch ertragen konnte, seifte mich ein und schrubbte.
    Boyd begrüßte mich mit gewohnter Begeisterung, sprang zuerst an mir hoch und rannte dann in Achten um meine Beine. Birdie schaute voller Missbilligung zu. Vielleicht auch voller Hohn. Bei Katzen ist das schwer zu sagen.
    Nachdem ich mir etwas angezogen hatte, füllte ich meinen Tieren die Schüsseln und hörte dann den Anrufbeantworter ab. Ryan hatte nicht angerufen. Auch auf meinem Handy hatte er keine Nachricht hinterlassen.
    Petes Auto stand nicht in der Einfahrt. Bis auf Bird und den Chow war das Anwesen verlassen.
    Als ich die Leine vom Haken nahm, drehte Boyd durch. Er rannte in Kreisen durch die Küche und bremste schließlich, die Vorderpfoten

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