Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
unterbelichteter Bürokraten herumzuschlagen.«
»Keine Ursache, Sir. Ich dachte mir, Sie würden sich über eine Kopie freuen.«
»Worüber ich mich ganz und gar nicht freue, ist die Tatsache, dass Sie den Leuten in der Hauptstadt mitteilen, ich hätte Relikte von unschätzbarem Wert auf meinem Land.«
»Das entspricht nicht unbedingt dem, was ich tatsächlich geschrieben habe.«
»Ist aber verdammt nahe dran. Solche Berichte können mir Verzögerungen einbringen. Und Verzögerungen können mir verdammt wehtun.«
»Es ist bedauerlich, wenn sich meine Befunde negativ auf ihr Projekt auswirken«, sagte ich. »Meine Aufgabe war es, offen und ehrlich zu beschreiben, was ich gefunden habe.«
»Wegen so einer Scheiße geht das Land vor die Hunde. Die Wirtschaft geht vor die Hunde. Die Leute schreien, dass es keine Arbeit gibt und keine Wohnungen. Ich liefere Jobs, baue anständige Häuser. Und was krieg ich für meine Bemühungen? Scheiße wie diese.«
Auf Dewees baute Dupree Millionenresidenzen für die Superreichen. Ich verkniff mir eine entsprechende Bemerkung.
»Jetzt kommt wahrscheinlich irgend so ein neunmalkluger Trottel mit mehr Diplomen als Hirn hierher und erklärt mein Eigentum zu einer Art Freilichtmuseum.«
»Es tut mir Leid, wenn meine Befunde Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten.«
»Unannehmlichkeiten? So sehen Sie das?«
Die Frage wirkte rhetorisch, deshalb antwortete ich nicht.
»Ihre Einmischung könnte mir einiges mehr einbringen als nur Unannehmlichkeiten.«
»Sie hätten ja eine archäologisch-historische Untersuchung beantragen können, bevor sie mit der Erschließung begannen.« Ich benutzte mal wieder meine stählerne Stimme.
»Wir werden schon sehen, wer Unannehmlichkeiten bekommt, Miss Brennan. Auch ich habe Freunde. Im Gegensatz zu Ihren Kumpels sind das aber keine Bleistift kauenden Eierköpfe.«
Damit war die Verbindung unterbrochen.
Einen Augenblick lang saß ich nur da und dachte über Duprees letzte Aussage nach. Wollte die kleine Kröte vielleicht andeuten, er könnte mir jemanden auf den Hals hetzen, um mir etwas anzutun?
Okay. Vielleicht schickte er ja Colonel, damit der mich zu Tode biss. Allerdings wäre jede gegen mich gerichtete Schikane dumm und wirkungslos. Das würde sein Problem nicht lösen.
Ich wählte Ryans Nummer. Sein Handy war noch immer ausgeschaltet.
Ich warf die Decke zurück und ging ins Bad.
Der nächste Anruf kam um acht Uhr fünfzehn. Ich war in der Küche, trank Kaffee und aß einen von Petes Preiselbeeren- und Pinienkern-Muffins.
Preiselbeeren und Pinienkerne? Doch tatsächlich. Ich hatte das Etikett zweimal gelesen.
Birdie hockte vor seiner Schüssel und mampfte kleine braune Ringe. Boyd hatte mir die Schnauze aufs Knie gelegt und bettelte.
»Gullet hier.«
»Guten Morgen, Sheriff.«
Auch Gullet hielt sich nicht lange mit höflichen Floskeln auf.
»Komme eben von Parrot. Der Gentleman musste zwar sein Gedächtnis ziemlich bemühen, aber schließlich erinnerte er sich doch noch an eine Kiste, die möglicherweise vom Rest abgesondert wurde.«
»Könnte diese Kiste vielleicht einen Computer und eine Kamera enthalten haben?«
»Parrot war, was den Inhalt angeht, ein wenig ungenau. Erinnerte sich dunkel an irgendwelche elektronischen Geräte.«
»Und was könnte mit dieser abgesonderten Kiste passiert sein?«
»Hat möglicherweise sein Sohn an sich genommen.«
»Jungs.«
»Ich habe Parrot eine Stunde gegeben, die Sache mit seinem Sprössling zu diskutieren. Ich rufe an, sobald ich was von ihm gehört habe.«
Ich wählte Emmas Nummer. Nur ihr Band.
Ich wählte Ryans Nummer.
»L’abonné, que vous tentez de joindre …« Der Teilnehmer, den sie zu erreichen versuchen …
Am liebsten hätte ich die Frau über die gesamte Distanz hinweg erwürgt. In zwei Sprachen.
Um halb neun versuchte ich es noch einmal bei Ryan und um Viertel vor zehn ein drittes Mal. Kein Glück.
Ich schaltete ab. Das ungute Gefühl nagte noch immer in meinen Eingeweiden. Ich fragte mich, wo Ryan war. Warum war er hierher gekommen? Warum hatte er aus seinem Besuch ein Geheimnis gemacht? Überwachte er mich? Wollte er mich mit Pete ertappen?
Um neun rief ich zum zweiten Mal bei Emma an. Anscheinend war ich an diesem Morgen auf Anrufbeantworter abonniert. Dieselbe Stimme vom AB bat mich um meinen Namen und meine Nummer.
Komisch, dachte ich, während ich meine Tasse in die Spülmaschine stellte. Am vergangenen Abend hatte ich Emma zweimal angerufen, um sechs und um
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