Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Freundin.«
»Du bist hartnäckiger als ein Popup bei Yahoo.«
»Ich verkaufe aber keine Produkte zur Penisvergrößerung.«
»Ein Vergrößerungsglas hab ich eh schon.« Emma schaffte ein schwaches Lächeln. »Komm rein.«
Emma machte einen Schritt zur Seite, und ich trat in den Windfang. Der Geruch nach Kiefer und Holzpolitur ersetzte den Blumenduft.
Im Inneren hielt Emmas Haus genau das, was das Äußere versprach. Direkt vor mir führte eine Mahagoni-Doppeltür in eine breite Diele. Rechts ging ein großer Salon ab. Links schwang sich eine Treppe mit verziertem Geländer in die Höhe. Überall lagen Balouch- und Schiras-Teppiche auf glänzenden Holzböden.
»Tee?«, fragte Emma. Erschöpfung drang aus jeder ihrer Poren.
»Wenn ich ihn machen darf.«
Ich folgte Emma und schaute mich um.
Schon ein Blick zeigte mir, wohin Emmas Geld ging. Das Haus war eingerichtet mit Möbeln, die getischlert worden waren, bevor die Gründerväter ihre Federkiele anspitzten. Würde Emma je Geld brauchen, könnte sie bis zur nächsten Jahrtausendwende Möbel und Antiquitäten verkaufen. Christie’s würde Monate brauchen, allein um den Versteigerungskatalog zu erstellen.
Emma führte mich in eine Küche, die so groß war wie ein Lebensmittelladen, und setzte sich an einen runden Eichentisch. Während ich den Kessel aufsetzte und Teebeutel in eine Kanne hängte, erzählte ich ihr von Cruikshanks Kartons. Sie hörte schweigend zu.
»Milch und Zucker?«, fragte ich und goss Wasser in die Kanne.
Emma deutete auf einen Porzellanvogel auf der Anrichte. Ich trug ihn zum Tisch und holte einen Karton Milch aus dem Kühlschrank.
Während Emma an ihrem Tee nippte, brachte ich sie auf den neuesten Stand. Die Bilder auf der CD. Die merkwürdigen Frakturen der beiden Halswirbel.
Emma stellte ein paar Fragen. Alles sehr freundlich. Dann änderte ich den Tonfall.
»Warum ignorierst du meine Anrufe?«
Emma schaute mich an, wie man einen Straßenjungen anschaut, der einem die Windschutzscheibe putzen will, und man nicht genau weiß, ob man »Ja, bitte« oder »Verschwinde« antworten soll. Ein paar Sekunden verstrichen. Als sie ihre Tasse abstellte, schien sie eine Entscheidung getroffen zu haben.
»Ich bin krank, Tempe.«
»Das weiß ich.«
»Ich spreche auf die Behandlung nicht an.«
»Das weiß ich ebenfalls.«
»Diese letzte Runde haut mich um.« Emma wandte sich ab, aber den Schmerz in ihren Augen konnte ich noch sehen. »Ich schaffe meine Arbeit nicht mehr. Erst am Montag und jetzt heute. Ich habe ein Skelett, das ich nicht identifizieren kann. Du erzählst mir von einem toten Ex-Polizisten, dessen Selbstmord fraglich ist. Und was tue ich? Ich bin zu Hause und schlafe.«
»Dr. Russell hat gesagt, dass es zu Erschöpfungszuständen kommen kann.«
Emma lachte, doch es war kein echtes Lachen. »Dr. Russell ist nicht dabei, wenn ich mir die Eingeweide aus dem Leib kotze.«
Ich wollte etwas einwenden, doch sie schnitt mir mit einer Handbewegung das Wort ab.
»Ich werde nicht mehr gesund. Das muss ich mir endlich eingestehen.« Emma drehte sich wieder um und senkte den Blick auf die Tasse. »Ich muss an mein Personal denken und an die Bevölkerung, die mich in dieses Amt gewählt hat.«
»Du musst jetzt nicht sofort größere Entscheidungen treffen.« Mein Mund war wie ausgetrocknet.
Ein Windspiel klimperte vor dem Fenster, fröhlich und völlig unpassend zu dem Kummer auf der anderen Seite des Glases.
»Bald«, sagte Emma leise.
Ich stellte meine Tasse ab. Der Tee war kalt und noch unberührt.
Sollte ich sie fragen?
Das Windspiel bimmelte leise.
»Weiß deine Schwester Bescheid?«
Emma hob den Kopf und schaute mich an. Sie öffnete die Lippen. Ich dachte, sie wollte sagen, ich solle mich zum Teufel scheren, aufhören, mich einzumischen, und mich um meinen eigenen Kram kümmern. Stattdessen schüttelte sie nur den Kopf.
»Wie heißt sie?«
»Sarah Purvis.« Kaum hörbar.
»Weißt du, wo sie lebt?«
»Sie ist in Nashville mit einem Arzt verheiratet.«
»Soll ich mich mit ihr in Verbindung setzen?«
»Ach, ihr ist das doch scheißegal.«
Emma stemmte sich vom Tisch hoch und ging zum Fenster. Ich folgte, stellte mich hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. Einige Sekunden lang schwiegen wir beide.
»Ich liebe Schleierkraut.« Emma schaute hinaus auf ein Beet mit zarten, weißen Blüten. »Die Blumenfrauen auf dem Markt verkaufen Schleierkraut. Und auch das da.« Sie deutete auf ein Büschel
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