Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Augen würden wir keine Glaskörperflüssigkeit mehr erhalten. Dieser Fall würde sich rein auf die Skelettuntersuchung stützen. Mein Baby also.
Ich konzentrierte mich auf die Knochen. Ich entdeckte weder offensichtliche Frakturen noch Anomalien. Keine Implantate, weder Stifte noch Platten. Keine Fremdkörper. Keine Kugeln. Absolut keine Metallspuren.
Keine Zähne, kein Zahnersatz.
»Bernie Grimes werden wir hier nicht brauchen«, sagte ich. »Sie ist zahnlos.«
»Ältere Dame?«, fragte Miller.
»Im mittleren Alter, nicht geriatrisch«, erwiderte ich, abgelenkt von dem, was ich auf den letzten beiden Aufnahmen sah.
Miller stellte sich neben mich.
»Eins plus für Sorgfalt, Kyle«, sagte sie über die Schulter zu dem Techniker, der die Aufnahmen gemacht hatte. »Super Aufnahmen von dem Kätzchen.«
»Ich war mir nicht sicher –«
Ich fiel Kyle ins Wort. »Schauen Sie sich das mal an. Ich deutete auf einen Fleck etwa von der Größe und der Form eines Reiskorns, genau in der Mitte unter dem Hals der Katze.«
»Ist das ein Artefakt?«, fragte Miller.
Ich schüttelte den Kopf. »Es ist auf beiden Aufnahmen zu sehen.«
Nachdem ich mir die Katzenbilder noch einmal genau angeschaut hatte, holte ich mir ein Skalpell, kehrte zu der Bahre zurück und setzte einen Schnitt. Nach dreißig Sekunden Tasten hielt ich einen winzigen Zylinder in der Hand. Ich hielt ihn Miller und dem sorgfältigen Kyle hin.
»Ich weiß, Sie werden mir jetzt gleich sagen, was das ist«, sagte Miller.
»Ein Identifikationschip für Haustiere, korrekt Transponder genannt.«
Miller schaute mich an, als hätte ich gesagt, es handle sich um einen Mini-Weltraumroboter.
»Das Gerät besteht aus einer Spule und einem Speicherschaltkreis in biokompatiblem Glas. Es wird mit einer Spritze zwischen den Schulterblättern direkt unter die Haut implantiert.«
»Von den Kontrolleuren der Matrix ?«
»Von Tierärzten. Die Prozedur dauert weniger als eine Minute. Mein Kater hat einen, und er hat keine Ahnung davon.«
»Wie funktioniert so ein Ding?« Miller klang skeptisch.
»Der Speicherschaltkreis des Chips enthält eine individuelle, programmierte Identifikationsnummer, die mit einem Scanner abgelesen werden kann. Der Scanner sendet ein Schwachstrom-Funksignal an die Spule, die dann eine Kopie der ID-Nummer an den Scanner schickt. Die Nummer kann dann mit einer zentralen Datenbank abgeglichen werden, in der die Daten des Besitzer gespeichert sind.«
»Das heißt, wenn Fluffy ausbüchst, kriegt Fluffys Besitzer sie zurück.«
»Wenn Fluffy das Glück hat, eingefangen und gescannt zu werden.«
»Wenn das keine Ironie ist. Eine Katze ist leichter aufzuspüren als ein Mensch. Wie lange hält so ein Ding?«
»Theoretisch funktioniert der Chip fünfundsiebzig Jahre lang.«
»Wer hat diese Scanner?« Allmählich begriff sie die möglichen Konsequenzen.
»Tierärzte. Tierheime. Tierschutzvereine. Die sind ziemlich häufig.«
»Also besteht die Chance, dass der blöde Hurensohn einen sprichwörtlichen rauchenden Colt hinterlassen hat.«
Ich nickte. »Zumindest, was die Identifikation des Opfers angeht.«
Miller hielt mir einen Plastikbeutel hin, und ich steckte die Kapsel hinein. Dann wandte sie sich an Kyle.
»Suchen Sie mir einen Tierarzt, der dieses Ding scannen kann.«
Während Kyle davonging, um zu telefonieren, wandten Miller und ich uns wieder der Leiche zu.
»Glauben Sie, sie ist eine Weiße?«, fragte Miller und schaute an, was vom Gesicht noch übrig war.
»Die Schädel-Röntgenaufnahmen deuten auf kaukasoide Schädel- und Gesichtsarchitektur hin.«
»Woher wissen Sie, dass sie mittleren Alters ist?«
»Mäßige Arthritis. Knochennadeln, wo die Rippen mit dem Brustbein verschmelzen. Glauben Sie, sie können die Schambeinfuge extrahieren?«
»Mit Anleitung.« Miller suchte sich eine Striker-Säge.
Ich klemmte eine Gummi-Kopfstütze unter den Nacken der Frau. Ihr Gesicht lieferte kaum noch Hinweise auf ihr Aussehen im Leben. Die Lider waren verschwunden, die Augenhöhlen mit derselben wächsernen Substanz ausgefüllt, die auch an ihren Knochen klebte. Wimpern, Brauen und Kopfbehaarung waren nicht mehr vorhanden.
Miller kam zurück. Während ich fotografierte, entnahm sie die Schambeinfuge und legte sie zum Einweichen in einen Behälter. Ich machte eben Nahaufnahmen des Gesichts, als etwas meine Aufmerksamkeit erregte. Ich legte die Kamera weg und beugte mich über die Stelle.
Eine Furche verlief um den Hals der Frau, etwa
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