Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
gut wie unmöglich. Wo war die Einfahrt zu Tommys Parkplatz?
Der alte Klepper trottete mit dem Tempo von Schlamm voran. Ich konnte nichts anderes tun, als ihm zu folgen.
Endlich konnte ich in eine andere Straße einbiegen. Einen Block weiter fand ich eine Lücke und bugsierte mein Auto hinein.
Ich knallte die Tür zu und fing an zu laufen.
21
Ryan saß an einem Tisch auf der Veranda und rauchte. Vor ihm standen die Überreste eines Cheeseburgers und ein leerer Bierkrug. In einem kleinen Metallschälchen lagen mehrere Kippen, was darauf hindeutete, dass er schon eine ganze Weile hier war.
Nicht gut. Zu Zigaretten griff Ryan eigentlich nur, wenn er Sorgen hatte. Oder wütend war.
Locker bleiben.
»Na, Hübscher, hier aus der Gegend?« Locker, fröhlich und verdammt gekünstelt.
Ryan drehte mir das Gesicht zu. Etwas flackerte in seinen Augen und verschwand, bevor ich es interpretieren konnte.
Ich deutete auf einen Stuhl.
Ryan zuckte die Achseln.
Ich setzte mich.
Ryan drückte seine Zigarette in dem Schälchen aus.
»Schneevogel auf dem Zug nach Süden zu Sonne und Sand?« Ich behielt meine Masche bei.
Ryan lächelte nicht.
»Warum bist du am Mittwochabend nicht hereingekommen?«
»Hatte die Geisterschloss-Tour gebucht.«
Ich ging nicht darauf ein. »Warum reagierst du nicht auf meine Anrufe?«
»Empfangsprobleme.«
»Wo wohnst du?«
»Charleston Place.«
»Hübsch.«
»Flauschige Handtücher.«
»Mir wäre es lieber, du würdest in Annes Haus übernachten.«
»Ziemlich überfüllt.«
»Du meinst etwas ganz anderes, Ryan.«
»Was meine ich denn?«
Bevor ich antworten konnte, erschien eine Kellnerin an unserem Tisch.
»Hungrig?« Ryan sprach das Angebot mit der ganzen Herzlichkeit einer Supermarktkassiererin aus.
Ich bestellte ein Diet Coke und Ryan ein Carolina Blond.
Okay. Er sprang zwar nicht gerade auf, um mich zu umarmen, aber wenigstens blieb er. Ich wusste, wie ich reagieren würde, wenn ich vierzehnhundert Meilen gefahren wäre und ihn dann in den Armen seiner Ex gefunden hätte.
Aber ich hatte nicht wirklich in Petes Armen gelegen. Ryan verströmte im Augenblick das Selbstvertrauen eines pickeligen Schuljungen.
Wir saßen schweigend da. Der Abend war feucht und windstill. Obwohl ich mir eine frische OP-Kluft angezogen hatte, bevor ich die Leichenhalle verließ, fühlte auch die sich bereits feucht und klebrig an. Verärgerung regte sich.
Aber die Vernunft hob eine mahnende Hand. Als die Kellnerin unsere Getränke brachte, beschloss ich, die Sache aus einer anderen Richtung anzugehen.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Pete auch hierher kommen würde und wir gleichzeitig im Haus wohnen würden. Anne hat es ihm angeboten. Es ist ihr Haus, und eigentlich hatte ich ja vor, an dem Tag abzureisen, als er ankam. Wahrscheinlich hat sie mir deshalb nichts davon gesagt. Das Haus hat fünf Schlafzimmer. Was hätte ich denn sagen sollen?«
»Lass die Hose an?«
»Darum geht’s doch überhaupt nicht.«
Ryan hob abwehrend die Hände. Er wollte nichts davon hören.
Die Geste ließ meine Verärgerung wieder aufblühen.
»Ich hatte eine harte Woche, Ryan.«
»Dein Ex und du, macht ihr vielleicht einen Wettbewerb, wem die schlimmsten Missgeschicke passieren? Ein Punkt für einen Sonnenbrand. Zwei für einen schlechten Wein. Drei für Ameisen beim Picknick am Strand?«
Manchmal gebe ich mir selbst einen guten Rat. Zum Beispiel: Lass dich nicht provozieren. Meistens höre ich nicht auf diesen Rat. Jetzt zum Beispiel.
»Hast du nicht gerade eine Woche bei deiner früheren Geliebten in Nova Scotia verbracht?«, blaffte ich.
»Tu so, als hätte ich mir eben auf die Stirn geschlagen, weil mich deine Sorge um mich so überrascht.«
Verschwitzt. Hungrig. Auch in bester Stimmung eine lausige Diplomatin. Es brach einfach aus mir heraus.
»Vor ein paar Tagen habe ich erfahren, dass eine Freundin sehr krank ist und wahrscheinlich stirbt«, kläffte ich. »Ein Reporter verfolgt mich, und ein Bauunternehmer bedroht mich. Ich habe drei Mordfälle am Hals. Die letzten sieben Tage habe ich entweder in der Notaufnahme oder der Leichenhalle verbracht, oder ich bin durch Schlamm gewatet, um verweste Leichen zu bergen.« Ein bisschen übertrieben, aber ich hatte mich in Rage geredet. »Mittwochabend hatte ich so eine Art emotionalen Zusammenbruch. Pete machte sich Sorgen um mich und bot mir den Trost, den ich dringend nötig hatte. Tut mir Leid wegen des schlechten Timings. Und es tut mir noch viel mehr Leid,
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