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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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Palastpatrouillen benutzt und führt immer am Flußufer entlang zur nordwestlichen Ecke des Palastgrabens. Ungefähr zwei Fuß unter der Oberfläche befindet sich ein altes Schleusentor; der Mann schwimmt daran entlang bis zur Ecke des nordwestlichen Wachturms. Unmittelbar über der Wasseroberfläche ist ein etwa ein Fuß breiter Sims, der sich die ganze Nordmauer entlangzieht. Auf diesem geht er bis zum letzten Wassertor. Darüber befindet sich ein Stützpfeiler, der einen überdachten Balkon trägt. Zwischen den Backsteinen sind viele Spalten, die Mauer ist leicht zu erklimmen. Durch das Seitenfenster gelangt er in den Pavillon. Der Pavillon ist durch einen offenen mondförmigen Eingang mit einem Schlafzimmer verbunden. Die Halskette liegt entweder auf dem Toilettentisch gleich hinter dem Eingang oder auf dem Teetisch gegenüber. Der Mann bleibt außerhalb der Mondtür und überzeugt sich davon, daß die Leute schlafen. Dann geht er hinein, nimmt die Halskette und verschwindet auf demselben Weg, den er gekommen ist. Keine Sorge wegen der Bogenschützen auf den Wällen - sie werden anderweitig beschäftigt sein.«
    Der dünne Mann öffnete die Augen und lächelte selbstgefällig. Lang fuhr fort:
    »Da Haos Kontaktmann offensichtlich jemand war, der wußte wovon er sprach, dachte ich, ich könnte ebensogut versuchen, den Kassierer zum Mitmachen zu überreden. Ich wußte, daß er Geld brauchte. Ich lud ihn zu einem freundschaftlichen Spielchen ein, ließ ihn zuerst gewinnen und dann schwer verlieren. Als ich ihm aus Gefälligkeit von dem geplanten Diebstahl erzählte, war er sofort einverstanden. Ich sagte Hao also, die Sache ginge in Ordnung. Sollte Tai Min gefaßt werden, würde ich natürlich abstreiten, von dem Plan überhaupt gewußt zu haben, und darauf hinweisen, daß der Junge in Versuchung geraten sei, weil er sein ganzes Geld am Spieltisch verloren habe.«
    »Ich zweifele keineswegs an Ihren Worten, Lang«, sagte der Richter gelangweilt. »Ich warte immer noch darauf zu erfahren, warum Sie die Halskette nicht bekommen haben. Den Rest können sie sich sparen!«
    »Ich wollte Ihnen nur eine ausführliche Darstellung geben«, sagte Lang ärgerlich. »Tai Min brach also zur angegebenen Zeit von meinem Lagerhaus auf. Er versprach, auf dem kürzesten Weg wieder zurückzukommen, die Halskette abzuliefern und seine zwanzig Silberstücke abzüglich dem, was er mir schuldete, in Empfang zu nehmen. Ich mache zwar manchmal Fehler, aber wenigstens beherrsche ich die Routinearbeit. Ich postierte einige | meiner Männer an den Straßen, die nach Westen, Osten und Süden aus der Stadt herausführen -nur damit wir Tai Min, sollte er versehentlich sein Stelldichein im Lagerhaus vergessen, an unsere Verabredung erinnern konnten. Mein Buchhalter wartete mehrere Stunden vergeblich im Lagerhaus auf Tai. Dann wurde der Bursche von den beiden Männern, die die Straße nach Osten überwacht hatten, hereingebracht. Sie hatten Tai Min erwischt, wie er fröhlich dahergaloppiert kam, und außerdem war er hübsch angezogen. Er war nämlich zuerst zum >Eisvogel< zurückgekehrt.«
    Der Richter unterdrückte ein Gähnen.
    »Sie müssen viel Zeit damit verbringen, den Geschichtenerzählern auf dem Markt zuzuhören, Lang!« Dann barsch: »Was ist nun mit der Halskette?«
    »Der Bastard sagte, er habe sie nicht zu Gesicht bekommen! Alles sei soweit glatt gegangen. Er habe die Mauer erklommen und den Pavillon betreten. Niemand sei dort gewesen, auch im Schlafzimmer nicht. Und die Halskette sei ebenfalls nicht dagewesen, nichts, was sich gelohnt hätte mitzunehmen. Er sei zurückgekommen, sagte er, habe aber nicht gewagt, die Verabredung einzuhalten, aus Angst, wir könnten glauben, er wolle uns täuschen und habe die Halskette irgendwo versteckt. Nun, komischerweise war es genau das, was meine Männer glaubten. Sie haben sich sehr angestrengt, die Wahrheit von ihm zu erfahren - so sehr, daß er ihnen unter den Händen starb. Ich weiß nicht, wie gut Ihre Liga mit dem Personal zurechtkommt, mir jedoch scheint es überhaupt nicht mehr zu gelingen, wirklich gute Männer zu bekommen.« Er schüttelte traurig seinen Kopf und fuhr fort: »Sie haben nicht nur die Befragung des diebischen Kassierers verpfuscht, sondern auch noch seine Leiche an der falschen Stelle in den Fluß geworfen. Er hätte ein paar Meilen weiter flußabwärts gefunden werden sollen. Rein routinemäßig habe ich Tai Mins Dachkammer hier in der Herberge durchsuchen lassen, aber

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