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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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Waldweges bewachten sechs Kavalleristen einige Dutzend reich mit Schabracken verzierte Pferde. Richter Di und der Hauptmann nahmen zwei und schwangen sich in den Sattel. Während er sein Pferd anspornte, brüllte der Hauptmann vier Männern zu, ihnen zu folgen.
    Auf der Lichtung stellten die Soldaten Längs Männer in einer Reihe auf und ketteten sie aneinander. Der unerschütterliche Leutnant Liu fesselte persönlich den rundköpfigen Mann mit einem dünnen Strick. Als Richter Di an dem Leutnant vorbeikam, rief er:
    »Vergessen Sie den Esel nicht. Er wartet am Ende der Häuserreihe!«
    Dann galoppierten die sechs Reiter zum Kai davon.

Vierzehntes Kapitel
     
     
    Herr Wei stand hinter dem Empfangstisch in der halbdunklen Eingangshalle und trank mit zwei Gästen eine Tasse Tee. Verblüfft und mit halb an die Lippen gehobener Tasse starrte er den Richter und die Gardisten an.
    »Waren irgendwelche Besucher für Herrn Lang da?« schnarrte Richter Di.
    Der Herbergswirt schüttelte sprachlos den Kopf.
    Der Richter lief in den Flur, der zu Längs Suite führte. Die Tür zum Vorzimmer war nicht verschlossen, aber die zu Längs Arbeitsraum schien von innen verriegelt zu sein. Mit dem Griff seines Schwertes klopfte Hauptmann Sju hart an die Tür. Als er keine Antwort erhielt, warf er sich mit seiner eisenbewehrten Schulter dagegen, so daß sie aufsprang. Er blieb so abrupt stehen, daß der Richter in ihn hineinlief. Es war niemand da, aber der Raum war völlig auf den Kopf gestellt worden. Der Schreibtisch lag auf der Seite, alle Schubladen waren herausgezogen. Der Boden war mit verstreuten Papieren übersät. Hier und da hatte man versucht, die Täfelung aufzubrechen; vor dem Fenster lag ein Haufen in Fetzen gerissener Kleider. Plötzlich packte Richter Di den Arm des Hauptmanns und deutete in die entfernteste Ecke. Sju stieß einen entsetzlichen Fluch aus.
    Längs splitternackter Körper baumelte mit dem Kopf nach unten von der Decke. Die großen Zehen seiner bloßen Füße waren mit einem dünnen Strick am Dachbalken befestigt, die Arme hinter dem Rücken zusammengebunden. Ein blutbefleckter Lappen umschlang fest seinen Kopf, der knapp über dem Boden hing.
    Der Richter lief zu ihm, kniete nieder und lockerte den Lappen. Sofort tropfte Blut auf den Boden. Rasch befühlte er Längs Brust. Sie war noch warm, aber das Herz hatte aufgehört zu schlagen. Er wandte sich zu dem Hauptmann um, kreidebleich im Gesicht.
    »Zu spät. Sagen Sie Ihren Männern, sie sollen ihn abnehmen und in die Leichenhalle bringen.«
    Mit unsicheren Schritten ging der Richter zum Schreibtisch, hob den Armstuhl auf und setzte sich. Lang war ein abgebrühter Verbrecher gewesen, der es wohl verdient hatte, auf dem Schafott geköpft, aber nicht in dieser bestialischen Weise zu Tode gefoltert zu werden. Und er, der Richter, war für diese Greueltat verantwortlich. Die gedämpfte Stimme des Hauptmanns riß ihn aus seinen düsteren Gedanken.
    »Zwei meiner Männer durchsuchen den Garten und vernehmen die Bediensteten, Herr.«
    Richter Di wies auf den offenen Flügel der Gartentür. »Ich glaube nicht, daß irgend jemand die Eindringlinge gesehen hat, Sju«, sagte er müde. »Sie schlichen sich von dort herein. Kamen durch das Gartentor, als die Köche damit beschäftigt waren, den Reis für das Abendessen vorzubereiten. Deshalb legten sie das Treffen auf sechs Uhr fest. Das Treffen war nur ein Vorwand, um Längs Männer alle von ihm wegzulocken, damit er allein verhört werden konnte. Ich habe einen schweren Fehler gemacht, Sju. Einen sehr schweren Fehler.«
    Während er sich bedächtig über den langen schwarzen Bart strich, überlegte er, daß der Plan gut zu dem krankhaften Geist entarteter Höflinge paßte, diesen alten Meistern in Falschheit und Betrug. Sie mußten einen Spion unter Längs Männern haben, der sie rechtzeitig darüber informierte, daß der Kassierer die Halskette nicht geliefert hatte. Deshalb hatten sie Herrn Hao nicht geschickt, um sie abzuholen. Nach reiflicher Überlegung mußten sie jedoch zu dem Schluß gekommen sein, daß Tai Min die Halskette Lang übergeben hatte, als er zum Packen in die Herberge zurückgekehrt war, und daß Lang ihn mit dem Versprechen einer viel größeren Belohnung als der vereinbarten gehen ließ. Und daß Lang den Kassierer anschließend von seinen Männern hatte töten lassen, um sich dadurch ihren Anteil an der Beute zu sichern und weiteren Ärger mit dem Kassierer zu vermeiden. Davon überzeugt, daß

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