Halskette und Kalebasse
Oberkörper und steckte das Schwert darin auf dem Rücken fest, so daß sich der Griff über seiner rechten Schulter befand. Daraufhin sah er nach der Wunde an seinem Unterarm. Sie schien gut zu heilen, und er bedeckte sie mit einem schwarzen Pflaster. Schließlich setzte er sich ein kleines schwarzes Käppchen auf den Kopf.
Draußen im Flur war alles still. Als er jedoch zum Treppenabsatz ging, ließ ihn ein knarrendes Fußbodenbrett erschrocken stehenbleiben. Er lauschte eine Weile, doch aus der Halle unten kam kein Laut.
Der Richter stieg die Treppe hinab, wobei er sich dicht an der Wand hielt. In der Halle war niemand, aber er hörte die Gardisten draußen unter dem Säulenvorbau miteinander reden. Er erinnerte sich, daß Herr Wei in der vergangenen Nacht, um den Stallknecht zu rufen, durch eine kleine Hintertür in seinem Büro hinausgegangen war, und trat hinter den Lattenschirm. Er entriegelte die Tür und fand sich in dem nun schon vertrauten Garten wieder, den er durch das Tor neben dem Lagerhaus verließ. Dann ging er die kleine Gasse hinunter zu der Straße, die eine Parallele zur Hauptverkehrsader bildete. Tagsüber pulsierte ein blühendes Geschäftsleben darin, doch nun waren alle Läden geschlossen, und es herrschte Totenstille. Der Richter wünschte, er hätte eine Sturmlaterne, denn wenn Wolken den blassen Mond verdunkelten, wäre es pechschwarz auf dem Kai.
Plötzlich ertönten rauhe Stimmen aus einer Seitenstraße. Richter Di sah sich schnell nach einem Säulengang um, in dem er sich verstecken konnte, aber die Nachtwache war bereits um die Ecke gebogen und rief ihn an. Der Wachtmeister hob seine Sturmlaterne in die Höhe.
»Aha, Doktor Liang! Sie sind noch spät unterwegs! Können wir irgend etwas für Sie tun, Doktor?« »Ich wurde zu einer schwierigen Entbindung gerufen, in der Nähe vom Fischmarkt.«
»Dabei können wir Ihnen nicht helfen, Doktor!« sagte der Wachtmeister. Seine Männer brachen in schallendes Gelächter aus.
»Eines könnten Sie jedoch tun«, bemerkte der Richter, »mir Ihre Laterne leihen.«
»Hier, bitte sehr!« Die Soldaten marschierten davon. Richter Di löschte die Laterne, denn vielleicht würde er sie t später noch dringend benötigen. Als er sich dem Kai näherte, sah er ein paarmal über seine Schulter, da er das unbehagliche Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Aber alle Fensterläden waren geschlossen, und in den Schatten zwischen den Häusern bewegte sich nichts. Das Ostende des Kais war in grauen Nebel gehüllt. Er ließ sich von den Öllampen der Boote leiten und erreichte so das Wasser. Während er seinen Blick über die lange Reihe der Schiffe wandern ließ, fragte er sich, welches wohl Farns wäre. Sie sahen alle gleich aus in der Dunkelheit.
»Es ist das fünfte von links«, flüsterte eine zarte Stimme hinter ihm.
Der Richter fuhr herum und betrachtete stirnrunzelnd die schlanke schwarze Gestalt. »Sie sind es also! Warum verfolgen Sie mich?«
»Ihre eigene Schuld, denn Sie haben mich wach gehalten! Meine Dachkammer befindet sich nämlich direkt über Ihrem Zimmer, und auch ich hatte vorgehabt, früh schlafen zu gehen. Zuerst hörte ich Sie umherstampfen, und dann begannen Sie, sich in Ihrem Bett hin und her zu wälzen! Ich konnte keinen Schlaf finden, und als Sie das Fußbodenbrett im Flur knarren ließen, dachte ich, ich sollte Ihnen vielleicht besser folgen und sehen, was Sie im Schilde führen. Und ich habe recht daran getan, wie sich zeigt, denn ich möchte mein Boot gewiß nicht sinken sehen. Ich bin nämlich ziemlich darin vernarrt.«
»Hören Sie, Farn, Schluß jetzt mit dem Unsinn! Sie gehen sofort nach Haus. Ich weiß, was ich tue.« »Nein, nicht, wenn Sie ein Boot nehmen! Wo wollen Sie denn hin?« »Nicht weit, wenn Sie's unbedingt wissen müssen. Die vierte Bucht stromaufwärts.«
Sie stieß verächtlich die Luft durch ihre Nase aus.
»Und Sie meinen, Sie würden sie im Dunkeln jemals finden? Glauben Sie mir, selbst am hellichten Tage ist die Einfahrt kaum wahrzunehmen! Sehr schmal und mit Wasserpflanzen zugewachsen. Zufällig kenne ich jene Bucht, weil es dort gute Krabben gibt. Kommen Sie, steigen Sie ein!«
Der Richter zögerte. Sie hatte recht; es könnte Stunden dauern, bis er die Bucht fände. Wenn sie bereit wäre, auf ihn zu warten und sich nicht von der Stelle zu rühren, wäre sie nicht in Gefahr, und sie würde ihm endlose Schwierigkeiten ersparen.
»Ich will mir den Wald dort einmal ansehen. Sie müssen vielleicht
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