Halte meine Seele
Boden.
„Du Arsch!“, zischte sie und rappelte sich hoch.
Scott warf ihr einen entschuldigenden, aber auch genervten Blick zu. „Du … du weißt einfach nicht, wann Schluss ist“, rief er.
„Das klingt eher nach dir“, fauchte sie, woraufhin ich am liebsten applaudiert hätte. Kaum zu glauben, dass wir mal einer Meinung waren. Und dass sie sein Problem erkannt hatte. Aber warum auch nicht. Sie war vielleicht eine fiese Zicke, aber gewiss nicht dumm. „Du verhältst dich ja noch verrückter als Kaylee.“
Und schon war die Harmonie dahin.
„Wie du meinst.“ Scott stapfte wütend davon, der linke Arm zuckte wie wild. Kurz bevor er aus meinem Blickfeld verschwand, warf er einen letzten Blick über die Schulter, nicht etwa auf Sophie, sondern auf die Spindreihe rechts von ihm. Als gäbe es da etwas, das nur für ihn zu sehen war.
Ganz durcheinander zupfte Sophie ihre Bluse zurecht, und ich machte mich schnell wieder an die Arbeit. Im nächsten Moment stöckelte sie in die Turnhalle. Als sich unsere Blicke trafen, blieb sie wie angewurzelt stehen.
Sie wurde ganz blass, als sie begriff, dass ich den Streit belauscht hatte. Doch schon im nächsten Moment verzog sie, ganz die Alte, abschätzig das Gesicht. „Du tropfst Farbe auf deinen Schuh“, sagte sie und ging zu ihren Cheerleader-Freundinnen hinüber, die gerade die Bühne für die Schneekönigin mit Kunstschnee dekorierten.
„Was hat sie denn?“, fragte Nash, der sein Gespräch mit Doug beendet hatte.
„Ich habe mitbekommen, wie sie sich mit Scott gestritten hat. Der ist nämlich abgehauen, um an seinem Ballon zu schnüffeln. Ich sag dir, Doug und er erinnern mich an Babys mit ihren Schnullern. Und Scott redet von Minute zu Minute verrückteres Zeug.“
„Na toll.“ Nashs Miene verfinsterte sich, bis er auf meinen Schuh aufmerksam wurde, der komplett mit weißen Sprenkeln übersät war. „Sieht aus wie weiße Blutstropfen“, grinste er.
„Ja, ja, ich weiß.“ Genervt warf ich den Pinsel in den halb vollen Eimer zurück und fing an, die Flecke wegzurubbeln. „Was hat Doug gesagt?“
Nash setzte sich auf den Boden und nahm sich die Unterseite der Bude vor. „Er schmeißt Freitagabend eine Party, und Everett ist auch eingeladen. Da soll ich mir dann selbst was kaufen, denn von seinem Stoff verkauft er nichts mehr.“
Ich bearbeitete meinen Schuh mit einem feuchten Tuch, was die Sache nur noch verschlimmerte. „Gehen wir zu dieser Party?“
„Sieht so aus.“ Seufzend blickte er sich um, ob uns jemand belauschte. „Aber ich glaube nicht, dass uns das weiterbringt. Was sollen wir mit Everett machen, wenn wir ihn treffen? Ihm Gewalt androhen, damit er das Zeug hier nicht mehr vertickt? Wenn er wirklich Frost verkauft, muss er einen Lieferanten haben, und gegen einen Hellion können wir nichts ausrichten.“
„Ich weiß.“ In Wahrheit wusste ich gar nichts. Ich hatte keinen Plan. Keinen blassen Schimmer, wie wir Everett aufhalten konnten – oder den Hellion, der ihn belieferte. Und keine Ahnung, ob wir Scott und Doug einen Gefallen damit taten, ihnen so den Nachschub zu entziehen und sie auf Entzug zu schicken, oder ihnen nur noch mehr schadeten. Aber wir konnten auch nicht tatenlos zusehen, wie sich die Sache zu der befürchteten Epidemie ausweitete. „Wir brauchen Unterstützung.“
„Und von wem?“
„Keine Ahnung. Dad? Deine Mom? Onkel Brendon?“ Gespannt hielt ich den Atem an.
„Kaylee …“
„Mir ist schon klar, wie das klingt.“ Ich rutschte näher an ihn heran und senkte die Stimme. „Aber wir verraten doch eigentlich niemanden. Keine Bullen, keine Verhaftung. Hör zu, Nash, wenn wir nichts unternehmen, wird Scott bald verrückt werden. Und mit verrückt meine ich mit sich selbst reden, halb nackt rumlaufen und sich in den Schatten verstecken. Und das ist nur der Anfang. Doug wird es als Nächstes erwischen, und dann alle anderen, denen er einen Ballon verkauft. Vielleicht sogar Emma und Sophie und jeden anderen, der jemandem zu nahe kommt, der gerade was von dem Zeug inhaliert hat. Wir müssen diesen Everett und seinen Stoff loswerden, und das schaffen wir nicht allein!“
„Na gut.“ Nash runzelte die Stirn. „Was wird dein Vater wohl dazu sagen, wenn er rauskriegt, dass du das schon seit über einer Woche weißt und es ihm verheimlicht hast? Wenn er rauskriegt, dass dein Auto von einem Typen geschrottet worden ist, der auf Frost war? Der lässt dich doch nie wieder aus dem Haus. Willst du für den Rest
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