Halte meine Seele
deines Lebens Hausarrest kriegen?“
„Natürlich nicht. Aber selbst wenn ich Hausarrest kriege, wo ist das Problem? Solange Scott und Doug überleben.“ Und das hoffentlich ohne bleibende Schäden. Meine Strafe schien mir ehrlich gesagt ein geringer Preis für das Leben eines Menschen zu sein. „Ganz zu schweigen von Emma und Sophie. Was, wenn wir nichts sagen und Sophie da mit reingezogen wird? Wie soll ich meinem Onkel je wieder in die Augen sehen, wenn ich seine Tochter wissentlich sterben lasse? Zum zweiten Mal?“
Nash schloss die Augen und atmete tief durch. Erst als er die Hand nicht mehr wie ein Ertrinkender um den Farbpinsel krallte, blickte er mich wieder an. „Okay. Dagegen kann ich schlecht was sagen.“ Was nicht hieß, dass er es nicht allzu gern probiert hätte. „Aber lass es uns erst allein versuchen, okay? Lass uns auf die Party gehen und diesen Everett treffen. Ich möchte wissen, wie das Ganze läuft, ehe wir es ausplaudern. Gib mir noch zwei Tage. Abgemacht?“
Ich zögerte. Natürlich wollte Nash seine Freunde nicht verraten, aber ich verstand trotzdem nicht, warum er sie nicht retten wollte. „Na gut. Aber wenn wir nicht weiterkommen, weihe ich Dad ein. Noch am selben Abend. Und das meine ich ernst, Nash. Das Ganze geht mir langsam echt zu weit.“
Ohne Widerrede warf er den Pinsel auf die Abdeckplane. „Du hast recht“, sagte er niedergeschlagen, und ich sah Angst in seinen Augen aufblitzen. „Das Ganze ist schon viel zu weit gegangen.“
10. KAPITEL
Mittwochnacht war die Hölle.
Wir hatten bis abends an den Buden für den Weihnachtsmarkt gearbeitet und uns auf dem Heimweg ein paar Burger geholt. Beim Essen machte ich noch schnell die Hausaufgaben für die Fächer fertig, in denen die Lehrer tatsächlich kontrollierten. Dann knallten wir uns aufs Sofa und schauten alte Actionfilme, bis ich, den Kopf auf Nashs Schoß, einschlief.
Ich schreckte hoch, als die Haustür lautstark ins Schloss fiel. Mein Vater stand vor mir und sah stinkwütend aus. Anscheinend war er nicht sonderlich begeistert über den Anblick, der sich ihm bot.
Wer hätte das gedacht?
Dads Ärger verwandelte sich jedoch in Mitgefühl, als ich ihm unter Tränen gestand, dass ich einen Riesenschiss davor hatte, allein zu schlafen und in der Unterwelt aufzuwachen. Also schlug er vor, gemeinsam im Wohnzimmer zu übernachten, damit wir beide ruhig schlafen konnten. Sollte ich anfangen zu schreien, würde er mich aufwecken, bevor ich die Unterwelt betrat.
Die Aussicht auf eine Pyjamaparty mit Dad war irgendwie kindisch, andererseits war mir jedes Hilfsmittel recht, das mich von dieser fremden und unheimlichen Welt fernhielt.
Leider haperte es an der praktischen Umsetzung des Plans.
Gegen Mitternacht schlief Dad in seinem Ohrensessel ein und schnarchte ohrenbetäubend drauflos. Ich dagegen saß auch zwei Stunden später noch vor dem Fernseher und sah mir Werbesendungen für Haarwuchsmittel an. Wie sollte ich mich auch entspannen? Ich hatte einen Riesenhorror davor, in einem Klingenweizenfeld aufzuwachen, barfuß und heiser, unfähig, mich zu bewegen, ohne wie ein Haufen alter Akten geschreddert zu werden.
Als ich es irgendwann nicht mehr mit ansehen konnte, wie sich irgendwelche alten Typen ein Mittel auf den Kopf sprühen ließen, zog ich den Schlafanzug aus und schlüpfte stattdessen in Jeans, dicke Socken und die robustesten Stiefel, die ich finden konnte. Zum Schluss zog ich mir noch die schwarze Steppjacke über, die mir Tante Val im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Jetzt fühlte ich mich fürs Einschlafen gerüstet.
Sollte ich wirklich in der Unterwelt aufwachen, würde ich zumindest nicht frieren und wäre vor den scharfen Halmen sicher.
Kurz spielte ich mit dem Gedanken, mir den Deckel der alten Laubtonne aus dem Garten zu holen, in der wir im Herbst die Blätter sammelten. Aber wenn mein Vater von einem lauten Scheppern aufwachte, würde das nur noch mehr Fragen aufwerfen.
In dem sicheren Gefühl, jetzt für den Notfall gewappnet zu sein, döste ich schließlich bei laufendem Fernseher ein. Um sechs Uhr morgens war ich allerdings schon wieder wach und studierte die Gebrauchsanweisung auf der Kaffeemaschine, um meine erste selbst gebrühte Kanne nicht komplett zu vermasseln.
Als ich mich geduscht und angezogen hatte, war Dad aufgestanden und der Kaffee fertig. „Gar nicht schlecht.“ Er hielt seine Tasse hoch. „Dein erster Versuch?“
Ich setzte mich seufzend auf den Küchenstuhl
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