Halte meine Seele
von ihm!“, erwiderte ich gereizt und riss mich los.
Mein Spott prallte an Nash ab. „Das habe ich damals wirklich gedacht und mich noch gefragt, warum er sich so viel Mühe macht. Aber jetzt ist mir klar, inwiefern er davon profitiert.“ Er deutete auf das Haus voller jugendlicher Partygänger, die beinahe zum Kundenstamm eines Drogendealers aus einer anderen Welt geworden wären.
Mir war das mit dem Profit noch nicht ganz klar. „Was hat Avari davon?“
„Ich schätze, dass er sich von ihrem Leid ernährt, bis sie sterben. Verdammte Scheiße, bei Carter kann er sich doch gerade rund um die Uhr am Buffet bedienen!“
Mir drohten die Tacos wieder hochzukommen. „Meinst du, er gibt sie so einfach auf?“ Ich gestikulierte in Richtung Haus.
„Keine Chance. Aber zumindest haben wir Zeit zum Überlegen.“
Geistig und körperlich völlig am Ende, setzte ich mich neben ihn auf die Bank. Mich heiterte diese kurze Verschnaufpause nicht gerade auf. „Also, du weißt, wie man an Everett rankommt, oder? Rufst du ihn an, wenn du was … brauchst?“ Der Gedanke jagte mir eine Höllenangst ein, aber wenn Nash wusste, wie man an Everett rankam, konnten wir die Information an Dad weitergeben. Oder an denjenigen, der es draufhatte, mit einem Unterweltdealer zu verhandeln, der halb Mensch, halb Harpyie war.
Gab es solche Leute überhaupt? Das Unterweltpendant zur Polizei? Oder war das eine Sache für die Nachbarschaftspatrouille?
„Ganz so ist es nicht.“ Nash senkte den Blick. „Keine Ahnung, wie er es mit den menschlichen … Kunden macht, aber in meinem Fall ist Everett nur der Kurier. Avari treibt die Bezahlung höchstpersönlich ein.“
Ich versuchte, meine Gedanken zu sortieren. Es war einem Hellion körperlich nicht möglich, in unsere Welt zu wechseln, und Nash hatte gesagt, dass er auch nicht mehr dort gewesen war … „Ich kapier’s nicht.“ Eine Ahnung hatte ich schon, aber die behagte mir ganz und gar nicht. „Wie lässt er sich bezahlen, wenn keiner von euch seine Welt verlassen kann?“
„Es ist eine Art Fernverfahren“, seufzte Nash und blickte mir endlich in die Augen. „Ein Hellion kann auf mehrere Arten mit der Menschenwelt interagieren, aber sie sind alle ziemlicher Mist.“
Ihm schauderte sichtlich bei der bloßen Erinnerung, und ich hatte plötzlich eine schreckliche Ahnung. „Der Albtraum … Avari spricht im Schlaf zu dir.“
Nash schloss die Augen. Rang er um Fassung, oder wollte er nur nicht, dass ich die Wahrheit in seinem Blick lesen konnte? Als er mich wieder anblickte, wirkte er wie abgeschottet, als hätte er das Tor zu seinen Gefühlen verriegelt. „Ich würde es nicht sprechen nennen, aber du hast recht. In den Träumen, mithilfe eines … Vermittlers.“
„Ein Vermittler?“
Wieder ein Seufzen. „Manchmal benutzt er jemanden aus seiner Welt, um mit mir zu reden. Jemanden, zu dem er eine Verbindung hat.“
„Du meinst, er bemächtigt sich jemandes, wie in ‚Der Exorzist‘?“ Nein, das war natürlich ganz und gar nicht unheimlich …
„Wenn du es so nennen willst, ja. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch Carters Schattenmann ist. Ich denke, du hattest recht, was seine Halluzinationen angeht.“
Auch wenn mir nicht klar gewesen war, wen Scott da wirklich hörte.
„Du wusstest es, hab ich recht?“ Meine Stimme zitterte vor Wut. Ich rutschte zurück, weil ich ihm nicht nahe sein konnte. „Du wusstest, dass es Avari war, den Scott da gehört hat, aber du hast mich vor Dad wie eine Idiotin hingestellt. Warum?“
„Es tut mir leid.“ Er blickte zu Boden. „Ich hatte Angst, ihnen zu sagen, dass es um einen Hellion geht. Sie hätten wissen wollen, welcher Hellion es ist, und dann wären sie mir früher oder später auf die Schliche gekommen.“
„Also hast du lieber mich als verrückt hingestellt, damit dir keiner auf die Schliche kommt. Du bist ein wahrer Gentleman!“, sagte ich voller Verachtung. Der Nash, den ich vor drei Monaten kennengelernt hatte, hatte sich immer als besonders stark und vertrauenswürdig erwiesen. Er hatte sein Wohlergehen aufs Spiel gesetzt, um mich zu beschützen. Und jetzt? Jetzt log er mich an, beeinflusste mich und verheimlichte mir Informationen, die seinen besten Freund hätten retten können. Kam das alles nur vom Frost? Hatte Avaris Atem ihn wirklich so verändert? Begann seine Seele schon zu verrotten?
„Es tut mir so leid, Kaylee …“ Ich schnitt ihm mit einer wütenden Handbewegung das Wort ab. Seine
Weitere Kostenlose Bücher