Halte meine Seele
Hauptes weiter. Ich hatte selbst zu viel verloren – einen Freund, der wusste, warum er mich liebte –, um seinen Verlust zu bedauern.
Ich wischte mir die heißen Tränen von den Wangen, stieß das Tor auf und rannte zu meinem Auto. Zu meiner besten Freundin, die mich, auch ohne den Grund meines Schmerzes zu kennen, mit Junkfood trösten würde.
Doch sobald ich mein Auto erkennen konnte, zwei Blocks entfernt, ergriff mich Panik. An der Beifahrertür lehnte eine Gestalt, und der Anblick ließ eine düstere, entsetzliche Ahnung in mir aufsteigen.
Im Licht der Straßenlaterne war der rote Ballon, den die Gestalt in den blassen Händen hielt, deutlich zu sehen, der Oberkörper lag jedoch im Schatten, und das Gesicht war nicht zu erkennen. Emma hatte doch auf den Ballon aufpassen sollen!
„Kaylee, ist alles in Ordnung?“ Das war Emmas Stimme, hinter mir, und ich wirbelte herum. Sie rannte aus dem Haus auf mich zu, die Jacke in der Hand. „Wo ist Nash?“
Ich schüttelte nur den Kopf und presste die Lippen aufeinander, unfähig zu sprechen, weil der Todesschrei in mir aufstieg. Er legte sich wie ein mit Dornen besetzter Handschuh um meinen Hals, ich schmeckte Blut auf der Zunge. Diese Vorahnung war unglaublich stark; er würde sehr, sehr bald sterben.
Stattdessen nickte ich demonstrativ in Richtung meines Autos, versuchte, mit Blicken zu kommunizieren. Aber Emma war nicht Nash. Sie verstand mich nicht.
„Was ist los, Kaylee?“
Es war sinnlos. Ich drehte mich um und rannte zum allerersten Mal schnurstracks auf den Tod zu, denn diesmal gab es Hoffnung. Nash zufolge standen durch Unterweltangelegenheiten hervorgerufene Todesfälle nicht auf der Liste, und wenn es an Demon’s H lag, konnte ich den Unbekannten noch retten – sofern ich es noch rechtzeitig schaffte.
Hinter mir schwang das Tor quietschend auf; ich nahm Schritte auf dem gefrorenen Gras wahr. „Was ist los?“, rief Nash.
„Keine Ahnung!“, antwortete Emma. „Sie sagt nichts.“
Nash wusste sofort Bescheid.
„Kaylee, bleib stehen!“, schrie er und rannte hinter mir her. „Warte!“ Doch ich konnte nicht. Ich hatte Nash im Stich gelassen. Ich hatte Scott im Stich gelassen. Wenigstens einen musste ich retten.
Zehn Meter. Mein Hals brannte wie Feuer.
„Bleib, wo du bist“, rief Nash im Vorbeilaufen Emma zu, ohne seine Schritte zu verlangsamen. „Kaylee, bleib stehen!“
Sieben Meter. Die Gestalt neben dem Auto trat ins Licht. Trotz der Dunkelheit erkannte ich das Gesicht. Er hob den Ballon hoch. Der Clip fiel zu Boden.
Drei Meter. Meine Kiefer schmerzten. Mein Hals fühlte sich vom Zurückdrängen des Seelenlieds so an, als hätte ich Rasierklingen geschluckt. Ich ballte die Fäuste und rannte weiter. Jetzt konnte ich ihn hören.
„Hudson, du hast mich lange genug warten lassen!“ Er lächelte glücklich. Erleichtert. Ahnungslos. „Ich zahl’s dir zurück …“
„Nein!“, schrie Nash hinter mir, doch ich reagierte nicht. Mir blieb keine Zeit mehr. „Es ist zu stark!“
Doug setzte den Ballon an den Mund und nahm einen tiefen Zug.
Ein Lächeln trat auf sein Gesicht, und im nächsten Moment setzten die Krämpfe ein …
17. KAPITEL
„Nein!“, schrie Nash wieder, und im nächsten Moment schien jemand die Vorspultaste zu drücken. Meine Welt raste so schnell durch Zeit und Raum, dass sich alles drehte und die Häuser um mich herum verschwammen.
Doug fing unkontrolliert an zu zittern und kippte gegen das Auto. Seine Augen waren weit aufgerissen, der Blick leer, und das strubbelige braune Haar fiel ihm ins Gesicht. Er krampfte die Hand um den Ballon, aus dem Frost in einer eisigen weißen Wolke herausschoss. Ich machte eine Vollbremsung und kam knapp vor Doug zum Stehen. Zwar hielt ich mir mit einer Hand den Mund zu, um nicht zu schreien, aber ich war vom Laufen so außer Atem, dass ich einfach Luft holen musste.
Jemand packte mich von hinten und wirbelte mich in die Luft. Alles drehte sich, als ich keuchend einatmete. Die Luft, die ich einsog, war klar und kalt. Und sauber. Ich wurde nach vorne gestoßen und taumelte in den Vorgarten des Nachbarn.
Mit dem Gesicht voran stürzte ich auf den kalten Rasen. Der Aufprall war so hart, dass ich überrascht den Mund aufriss und sich der Schrei aus meiner Kehle löste, der Schrei für Dougs Seele, die im Begriff war, seinen Körper zu verlassen.
Doug fiel nach vorne und landete zuckend auf dem Bürgersteig. Seine Füße trommelten auf die Straße. Die Fingerknöchel schabten
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