Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
Satz gegebener Orte am geringsten ist.
Schon im 17. Jahrhundert stellte der französische Mathematiker Pierre de Fermat den Italiener Evangelista Torricelli, den Erfinder des Barometers, vor ein ähnliches Problem. Er fragte nach dem Punkt im Dreieck, für den die Summe der Entfernungen zu den Ecken minimal ist. Torricelli fand die Lösung, die heute als Fermat-Punkt oder auch als Fermat-Torricelli-Punkt bekannt ist. (Da sich der deutsche Nationalökonom Alfred Weber im Rahmen seiner 1909 entwickelten volkswirtschaftlichen Standorttheorie ebenfalls mit dieser Fragestellung beschäftigte, wird auch der Begriff »Fermat-Weber-Problem « verwendet.) Torricelli zeichnete über den Seiten eines gegebenen Dreiecks ABC drei gleichseitige Dreiecke. Dann verband er die dadurch entstandenen Punkte A1, B1 und C1 mit den gegenüberliegenden Ecken des Dreiecks (also mit A, B beziehungsweise C). Diese Linien schnitten sich dann in einem Punkt F, welcher heute als Fermat-Punkt des Dreiecks bezeichnet wird.
Dank Torricelli und Fermat war das Drei-Punkte-Problem nun gelöst. Den Median in einer Vier-Punkte-Konstellation lokalisierte der italienische Priester und Mathematiker Giovanni Fagnano dei Toschi um 1750. Fagnano erkannte: Wenn die Punkte ein konvexes Viereck aufspannen, liegt der geometrische Mittelwert am Schnittpunkt der beiden Diagonalen. Bilden drei der vier Punkte ein Dreieck, in dem der vierte Punkt liegt, so ist dieser vierte Punkt der Median.
Mathematikern ist also heute bekannt: Wenn die gegebenen Punkte nicht in einer Linie liegen, gibt es einen genau berechenbaren Median, also eine eindeutige Lösung. In unserem speziellen Fall, bei dem die Punkte auf einer Linie liegen, gibt es jedoch keine eindeutige Lösung. Jeder Standort zwischen oder sogar in den mittleren Städten ist gleich gut. Unsere intuitive Lösung, dass der Tank in gleicher Entfernung zu den beiden mittleren Städten platziert werden müsste, ist also korrekt, aber nicht vollständig.
Wie sich aus unserem Beispiel schließen lässt, ist die Routenoptimierung nicht nur ein abstraktes mathematisches Problem, sondern bietet viele Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis. In jüngster Vergangenheit hat die Netzwerkforschung große Aufmerksamkeit erfahren. Sie ist Gegenstand verschiedener Disziplinen, etwa der Psychologie, der Soziologie und der Informatik. Erkenntnisse aus der Netzwerkforschung liefern interessante Hinweise auf ein wichtiges Ordnungsprinzip in unserer Welt. Netzwerke sind in fast allen Lebensbereichen anzutreffen: Menschen organisieren sich in sozialen Netzwerken, das Internet ist ein weltweites Netzwerk zum Austausch von Daten. Transportwege bilden Netzwerke, Ökosysteme ebenfalls. Besonders interessant ist der interdisziplinäre Aspekt der Netzwerkforschung, da sich auf einem Gebiet, zum Beispiel der Biologie, gewonnene Erkenntnisse auf andere Bereiche wie etwa die Volkswirtschaft übertragen lassen.
So untersuchten Wirtschaftswissenschaftler wie Domenico Delli Gatti und Joseph Stieglitz die aktuelle Finanzkrise mit den Methoden der Netzwerkforschung. Sie stellten dabei fest, dass einige Banken überdurchschnittlich stark vernetzt sind, also sehr enge und intensive Geschäftsbeziehungen zu vielen anderen Banken unterhalten. Das ist problematisch, denn wenn eine dieser stark vernetzten Banken zusammenbricht, kann sie das ganze System zum Kollabieren bringen. Bei der Suche nach Lösungsansätzen griffen die Wirtschaftswissenschaftler auf in der Ökologie gewonnene Erkenntnisse über Nahrungsnetze zurück. Im Lauf der Evolution haben sich in Ökosystemen Nahrungsnetze gebildet, die mit dem Aussterben oder Abwandern einer Art relativ gut zurechtkommen. So sind Arten, die viele Verbindungen besitzen, oft mit Arten verknüpft, die über wenige Verbindungen verfügen. Eine Insektenart mag sich zum Beispiel mit Nektar von einer ganzen Reihe von Pflanzenarten ernähren, während die einzelnen Pflanzenarten dagegen nur von dieser Insektenart (oder wenigen weiteren) bestäubt werden. Auf diese Weise wirkt sich eine Katastrophe selbst bei der gut vernetzten Art nur auf einen Teil des Netzes aus.
Der ungarische Professor für Physik Albert-László Barabási ist vor allem für seine Arbeit im Bereich der Netzwerkforschung bekannt. Er schreibt: »Die Diversität der Netzwerke im Geschäftsleben ist überwältigend. Es gibt strategische Netzwerke, Eigentümernetzwerke, Kollaborationsnetzwerke, organisatorische Netzwerke, Netzwerk-Marketing und
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