Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)

flüchtig, nachzudenken, um auf die Pointen zu reagieren. Und selbst das geradlinigste politische Theater unterhält seine Zuschauer – sofern sie nicht einschlafen – durch seine Thematik.
    Ausschlaggebend sind die gedankliche Tiefe und der Ideenreichtum, und genau hier läuft das moderne Theater oft fehl, indem es zwei vollkommen gegensätzliche Formen etabliert: die auf reine Unterhaltung ausgerichteten Shows im Broadway-Stil und die ernsthaften, »anspruchsvollen« Dramen. Die Ironie dabei ist, dass das Ergebnis oft einfach nur schlecht ist und das Publikum weder unterhalten wird noch interessante Meinungen präsentiert bekommt. (Eine Meinung lediglich kundzutun, ohne sie mit Ideen und Fakten zu unterfüttern, ist banal. Ein reines »Agitprop-Stück« ist daher weder lehrreich noch spannend – und letztlich genauso seicht wie »reine Unterhaltung« und dabei weniger amüsant.)
    In der Anfangszeit des Theaters in der griechischen Antike diskutierte Aristoteles in seiner Poetik den Unterschied zwischen Tragödie und Komödie. Bis vor Kurzem standen diese beiden Gattungen auch für die beiden möglichen Formen des Theaters. Zahllose Ensembles tragen als Markenzeichen die lachende Maske der Komödie beziehungsweise die traurige der Tragödie. Die Komödie zeichnete sich durch ein glückliches Ende aus, und das Publikum durfte sich über den Triumph eines gewitzten kleinen Mannes, oft eines Außenseiters, freuen. Die Tragödie hingegen zeigte den Sturz eines guten oder noblen Menschen, der schuldlos in einen Konflikt gerät. Der Zuschauer sollte Mitleid und Furcht empfinden, Gefühle, die eine reinigende Wirkung besitzen: Nach Aristoteles wird das Publikum durch die Katharsis von diesen negativen Gefühlen befreit. Dennoch enthalten die meisten Tragödien auch komische Elemente, denn Humor zieht das Publikum in den Bann. Analog haben viele gute Komödien eine traurige Komponente, was ebenfalls die Aufmerksamkeit des Publikums erhöht.
    Aristoteles führte sowohl die Tragödie als auch die Komödie auf religiöse Rituale zurück. Auch wenn offenkundige religiöse Elemente längst verschwunden sind, besitzen Theatervorstellungen noch Elemente eines Rituals: Ohne darüber nachzudenken, verstummen wir zu Beginn der Vorstellung und verfolgen das Stück still im Dunkeln. Das erinnert an die Trancezustände in Ritualen primitiver Religionen, bei denen die Menschen im Geiste in spirituelle Welten reisen.
    Die alten Griechen nannten einen Dramatiker didaskalos , was üblicherweise mit »Lehrer« übersetzt wird, auch wenn »Führer« es eigentlich besser träfe. Dramatiker leiten uns durch ihre Visionen, die, ganz wie sie es wollen, trocken oder unterhaltsam, besinnlich oder leidenschaftlich, nachdenklich oder impulsiv sein können. Vor allem aber müssen Dramatiker, wie jeder gute Führer, den Weg kennen ...

 Ich bin ein Ölmagnat und muss Öl an vier Städte liefern, die in einer geraden Linie zueinander liegen. Nach jeder Fahrt in eine Stadt muss ich zum Öltank zurückkehren. Wo muss ich meinen Tank platzieren, um die gesamte Fahrstrecke zu minimieren? Straßen sind kein Problem, denn ich habe einen Scheich zum Freund und er baut mir kostenlos jede Straße, die ich benötige.

Mathematik, Oxford
    Die Lösung scheint einfach zu sein. Unsere Intuition sagt uns, dass der Tank auf der Linie zwischen den vier Städten stehen muss, in gleicher Entfernung zu den beiden mittleren Städten. Wenn alle Städte jeweils 1 Kilometer voneinander entfernt lägen, gäbe das zwei Fahrten von 1 Kilometer Gesamtlänge (je 0,5 Kilometer hin und zurück) und 2 von 3 Kilometern (jeweils 1,5 Kilometer hin und zurück), insgesamt also 8 Kilometer. Intuition ist jedoch nicht immer der Schlüssel zum Erfolg.
    Die in der Ausgangsfrage gestellte Aufgabe gehört zu den, wie Mathematiker es nennen, Optimierungsproblemen. Bei ihnen geht es darum, mathematisch die beste Lösung zu einem Problem zu finden, sei es in Form von Minimierung im Sinne der kürzesten Fahrtstrecke, oder in Form von Maximierung im Sinne der Entwicklung der bestmöglichen Route. Diese Fragestellungen zählen zu den komplexesten in der Mathematik.
    Die Berechnung der kürzesten Distanz hat Mathematiker schon immer fasziniert, nicht nur weil es sich dabei um ein interessantes Problem der Geometrie handelt, sondern auch, weil die Lösung großen praktischen Nutzen hat. Unser Ziel lautet, den Öltank auf den sogenannten Median zu setzen, den Punkt, von dem die Entfernung zu einem