Haltlos
und zog sie hinter sich her in den kleinen Büroraum hinter der Rezeption. In einem barschen Tonfall setzte er hinzu „Jetzt reiß‘ Dich gefälligst zusammen, oder willst Du, dass alle Gäste hier mitbekommen, wie wir und vor allem Du letzte Nacht deine Zeit todgeschlagen hast? Willst du tatsächlich, dass die Welt davon erfährt, was der Orden hier als wahren Auftrag erfüllt?“ Er schubste sie unsanft durch die schwere Eichentür in das kleine Büro. „Aua, lass mich gefälligst los!“ meckerte Tessa und entwand ihren Arm seinem festen Griff. Sie funkelte ihn an. Mit einem Blick, dem unmissverständlich Folge zu leisten war, deutete Connor auf die schwarze Ledercouch am hinteren Ende des Raumes. Da sie dennoch Anstalten machte, stehen zu bleiben, ging er langsam auf sie zu, was Tessa vor ihm zurückweichen ließ. Sie hatte bisher nicht bemerkt, wie bedrohlich Connor wirken konnte. Sie stolperte halb, als sie mit ihren Beinen an die Couch stieß, konnte sie ihr Gleichgewicht trotz allem Bemühen nicht halten und ließ sich resigniert in das bequeme Polster fallen. In Tessa wuchs Zorn. Wie sie es hasste ständig wie ein kleines Mädchen zu einer Standpauke vor den Rektor gezerrt zu werden, der dann seinen Urteilsspruch über sie fällen würde. „Warum hast Du mich nicht einfach letzte Nacht in der Lagerhalle K.O. geschlagen? Dann hätte mich deine Kampfmönchclique direkt vor Ort vorgefunden und du hättest dir all den Scheiß hier ersparen können.“ Connor starrte sie ungläubig an. War doch sie es gewesen, die gestern Nacht den Orden nachspioniert hat, dadurch die gesamte Mission gefährdet und letztendlich ihr eigenes Leben riskiert hatte. Sie hatte einen Toten zu verschulden und dennoch besaß sie die Frechheit jetzt die Beleidigte zu spielen. Das war doch nicht zu fassen. Connor brauchte schier solcher Anmaßung einen Augenblick um ihr zu antworten. Er schüttelte skeptisch den Kopf, nicht sicher, ob sie ihm nur etwas vormachen wollte. „Was denkst du dir eigentlich“, platzte es aus ihm mit einer Wucht heraus, die er selbst nicht so recht verstand, „Was soll diese gespielte Feindseligkeit? Ich war derjenige, der dich gestern gerettet und entkommen lassen hat. Ich war es, der bei Francis ein gutes Wort für dich eingelegt hat, damit du keinen Ärger für deine kleine Spionageaktion von letzter Nacht bekommen wirst, obwohl ich mir im Moment nicht mehr so wirklich sicher bin, ob das eine gute Idee gewesen ist. – Und jetzt?“ Sein vernichtender Blick traf sie ungebremst, „Machst du hier ein auf Prinzesschen, obwohl allein DU diese ganze Situation zu verantworten hast?“ Tessa war durchaus bewusst, dass Connor mit allem Recht hatte was er sagte, aber sie war so wütend auf ihn, dass er sie trotz ihres Vertrauens in ihn, so gnadenlos an Francis ausgeliefert hatte – jedenfalls fühlte sie sich in diesem Moment verraten. Und einen Verrat erfuhr sie schließlich nicht zum ersten Mal. So konnte sie nicht offen zugeben, dass es sich um ein Fehlverhalten ihrerseits handelte. Sie saß einfach weiter schmollend auf der bequemen Ledercouch und blickte stumm und stur geradeaus, wobei sie aufs peinlichste darauf bedacht war seinen Blick zu meiden. Connor, der die Hoffnung hatte trotz der angespannten Lage ein vernünftiges Gespräch mit Tessa führen zu können, wollte sich nicht allzu leicht geschlagen geben. „Tessa, ich hatte gar keine andere Wahl. Ich musste Francis erklären, was letzte Nacht vorgefallen ist, denn glaube mir, er hätte es früher oder später selbst herausgefunden. Es war eben nur eine Frage der Zeit.“ Er ging langsam in dem Raum auf und ab und wartete auf eine Reaktion von Tessa. Es verstrichen einige Minuten, aber dann brach sie ihr Schweigen. „Wieso? Wieso musstest du es ihm sagen? Wie hätte er es herausfinden sollen?“ Connor sichtlich erleichtert, dass Tessa nun ihre Sprache wiedergefunden hatte und ihn nicht mehr direkt anzufeinden schien, bemühte sich so weit wie möglich die Wahrheit zu dehnen. „Er hat eben seine Mittel und Wege, außerdem ist der Tod eines Vampires vor Ort und Stelle nicht unser Standardprozedere.“ Tessa blickte ungebrochen zu ihm auf „Tessa, überlege doch mal. Francis ist der Abt dieses Klosters. Es obliegt allein ihm, ob er dir gestattet, dass du Zugang zu unserer Bibliothek erhalten wirst oder nicht. Und, nachdem er nun darüber im Bilde ist, was letzte Nacht geschehen ist und dass du vor Ort warst und unser Tun mit sämtlichen Einzelheiten
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