Haltlos
ich das nicht sagen, sehen sie ihre Zeit hier doch eher als eine Art Ausdehnung ihres Aufenthaltes“, „Und wenn ich wegfahren will?“ „Tessa, meine Liebe, das werden sie gar nicht wollen. Unter uns, sie sind zu sehr erpicht darauf alles über diese blutsaugenden Kreaturen herauszufinden, dass sie sich zweifellos meinen Bedingungen beugen werden. Und sind wir beide ehrlich zueinander, wo, wenn nicht hier, sollten sie sonst solche Informationen herbekommen?“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause und ließ bei Tessa seine Worte Wirkung entfalten. Mit einer ausladenden Geste fügte er dann heroisch hinzu „Allerdings würde ich mich dazu bereit erklären Ihnen Ihren Aufenthalt mit ein wenig Gesellschaft angenehmer zu gestalten. Damit Ihnen nicht gar zu langweilig wird, stelle ich Ihnen Connor zur Seite. Er wird Ihnen vorerst Ihre Fragen beantworten“, verschwörerisch blickte er zu Connor hinüber. Tessa folgte seinem Blick und kam nicht umhin zu bemerken, dass Connor alles andere als begeistert schien bei der Vorstellung für Tessa den Babysitter zu mimen. Um nichts anderes handelte es sich bei Francis Angebot. Da hatte er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Tessa würde sich gedulden müssen und damit sie nicht vielleicht doch das Weite sucht, hat er ihr einen Aufseher an die Seite gestellt, alles im Mantel der Hilfsbereitschaft. So sehr sie diese Bibliothek durchstöbern wollte, in diesem Augenblick hatte es einen so fahlen Beigeschmack, dass Tessa am liebsten ohne Umschweife nach Hause oder besser gesagt zu Amber gefahren wäre. Doch diese Chance hatte sie vor ungefähr anderthalb Stunden verpasst.
13.
Tessa und Connor spazierten gemeinsam durch die großzügige Park- und Gartenanlage des Klosters. Hier schufen die Mönche über Jahre hinweg ein idyllisches Zusammenspiel zwischen Bäumen, Hecken, Blumenbeeten und gepflegten Rasenanlagen. Vereinzelt standen alte steinerne Bänke in kleinen Nischen, ein großer Springbrunnen bildete das Zentrum des Parks und auch einige Vögel und Kaninchen waren munter auf den Rasenflächen unterwegs. Dennoch wirkte diese behagliche Umgebung wenig beruhigend auf die erhitzten Gemüter der beiden, diskutierten sie angeregt das für und wider des Tötens von Vampiren miteinander. „Ok, ok, ich habe deinen Standpunkt gehört und mehr als verstanden. Deine Beweggründe sind durchaus nobel, ich meine, der Orden sieht sich als Retter der Unschuldigen, oder was euer geheimer Kodex sonst so besagt -“, „Sie sind unschuldig, jedenfalls die meisten von ihnen“, warf Connor ein. „Ist gut, aber was mich viel mehr interessiert ist, wer fällt das Urteil?“ fuhr Tessa ungeachtet Connor Einwand fort. „Was für ein Urteil?“ fragte er verdutzt. „Ach, nun stelle dich doch nicht immer mit Absicht dumm. Bei jeder Frage muss ich zwanzig Mal nachhaken, bevor ich etwas aus dir herausbekomme. Dabei hat Francis gesagt, du sollst mir meine Fragen beantworten.“ Connor blieb stumm. „Na schön, anders. Wem obliegt die Entscheidung bzw. wer kann die Erlaubnis erteilen, dass ein Vampir einen Menschen verwandeln darf?“ Sie blickte ihn mit großen Augen an. Connor seufzte, dass genau das ihre einzige Sorge war. Sie musste erfahren, wie man legal ein Vampir werden durfte. Und da Tessa nicht von diesem Thema ablassen würde und noch dabei hinreißend aussah, gab er sich zu einer Antwort geschlagen, „Es handelt sich bei weitem nicht um eine Genehmigung wie du sie kennst. Es gibt kein behördliches Siegel oder so etwas in der Art. Einen Novizen – so wird ein neu erschaffener Vampir bei uns mit korrektem Terminus bezeichnet
-“, Tessa verdrehte bei dem belehrenden Ton die Augen, „zu erschaffen, ist nicht wie ein Haustierkauf. Man kann nicht einfach in einen Zubehörladen gehen und alles Notwendige auf Vorrat einkaufen. Der Vampir, der einen Novizen erweckt, ist für diesen verantwortlich. Er muss ihn lehren seinen Blutdurst unter Kontrolle zu bringen, wie man sich in der Welt unter den Menschen bewegt und vor allem, wie man überlebt – sofern man bei diesen Dingern überhaupt von Leben reden kann. Jedes Fehlverhalten eines Novizen wird auf seinen Schöpfer zurückgehen. Die Übereinkunft besagt, dass in schwerwiegenden Fällen sogar der Schöpfer mit dem endgültigen Tode bestraft werden kann.“ Tessa starrte Connor fasziniert mit weit aufgerissenen Augen an. Es gab also in der Tat Regeln, und das auch in der Vampirwelt. Sie saugte alles was er sagte auf, wie ein
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