Haltlos
einen Parkplatz gefunden hatten, was nicht leicht mitten in Kreuzberg ist, gingen sie schnellen Schrittes in Richtung Konzerthalle. „Ich habe dir gesagt, dass du mich fahren lassen solltest, dann wären wir deutlich schneller hier gewesen.“ Amber war immer noch verschnupft, das Tessa sie nicht ans Lenkrad gelassen hatte. „Ach, jetzt schau dir an, wie lang die Schlange schon ist. So schaffen wir das nie in die erste Reihe.“ „Amber hör‘ auf mit dem Schmollen, ich drehe gleich wieder um und dann war es das mit heute Abend.“ Tessa ärgerte sich aber auch ein wenig. Der Eingang war seitlich der Halle. Eine ungefähr 150 Meter lange Schlange lief den Gehweg entlang der Außenanlagen bis hin zur nächsten Querstraße. Dort angekommen, machte sie einen Bogen und ging etwa hundert Meter in Richtung Eingang zurück. Brav in Grüppchen von zwei bis vier Mann pro Station warteten alle auf den Einlass, der nach Ticketaufdruck schon längst begonnen haben sollte. Zunächst reihten sich Tessa und Amber brav ans Ende der Menge ein, doch als ein Ruck durch die Masse ging und sich der Menschenzug langsam in Bewegung setzte, sahen sich die Beiden kurz an und wechselten im 180˚-Winkel die Richtung, marschierten forsch an den anderen Wartenden vorbei, um sich ca. zehn Meter vor dem Einlass wieder in das Getümmel des Einlassbereichs zu schummeln. Niemand sagte etwas, ob dieser Dreistigkeit. Die Stimmung hob sich sichtlich und nach der Taschenkontrolle liefen sie schnell in den Saal hinein. Die Bühne war am Kopfende aufgebaut. An der rechten Seite war eine Bar eingerichtet. Im hinteren Bereich gab es eine kleine Galerie, von wo aus man einen direkten Blick auf die Bühne hatte. An der Decke liefen riesige silberfarbende Röhren lang, die ungefähr alle zwei Meter eine Belüftungsklappe hatten. Die Decke war entsprechend einer riesigen Fabrikhalle sehr hoch, so dass ausreichend Platz vorhanden war. Es gab vier Notausgänge, jeweils einen an jeder Seite der Bühne, den Eingang und einen an der rechten Seite in Nähe des Einganges. Ursprünglich führt diese Tür zum Raucherbereich, da nicht in der Halle geraucht werden darf. Aber im Notfall kann man über die niedrige Brüstung springen, um so zur Straße zu gelangen. Etwa zwei Meter vor der Bühne wurde ein Absperrgitter aufgestellt, wodurch ein kleiner Sicherheitsbereich geschaffen wurde, indem sich Ordner und Fotografen bewegen konnten. All dies nahm Tessa innerhalb von wenigen Augenblicken wahr. Das hat sie von Connor gelernt. Er predigte ihr immer, dass sie sich einen Überblick des zu betretenden Gebäudes verschaffen musste, damit sie im Notfall immer einen Ausweg finden konnte. Leider schafften es Tessa und Amber nicht bis in die erste Reihe, sie standen nur in der Zweiten. Es waren tolle Plätze, das Mikrofon war mittig der Bühne aufgestellt worden. Die beiden standen leicht rechts vom Mikrofon und die beiden Mädchen vor ihnen waren kleiner als sie, so dass sie eine bombastische Sicht auf die Bühne genießen konnten. Amber legte sich hier und da mit einem anderen Mädchen an, dass versuchte sie von ihrer Position weg zu drängeln. Da hatte sie aber nicht mit Ambers hartnäckiger Gegenwehr gerechnet und stellte ihre Bemühungen später ganz ein. Es dauerte mindestens eine Dreiviertelstunde bevor die Vorgruppe auf die Bühne kam. Das Wort Vorgruppe ist hier auch übertrieben. Es war Imani mit ihrem Gitarristen. Musik pur. Sie sang fünf ihrer Lieder, wies auf ihr bald erscheinendes Album hin und wünschte dem tollen Publikum einen schönen Abend. Jetzt, dachten sich wohl die meisten im Publikum, geht es gleich los, nichts ist. Das einzige, was während der Wartezeit Abwechslung bot war das Pärchen, was sich versuchte nach vorne zur Bühne hin durchzudrängeln. Die Menschen um Tessa und Amber fingen an diese zu Beginn noch freundlich, dann etwas unhöflicher darauf hinzuweisen, dass sie wieder abzischen sollten, weil alle hier entsprechend früh gekommen sind, um sich diese Plätze zu sichern. Tessa versetzte sich für den Fall einer Eskalation in Bereitschaft einzugreifen, doch klärte sich die Situation relativ schnell, da das höflich formuliert nicht von dieser Welt stammende Pärchen
durchdrängelte. Dann
sich weiter auf die linke Seite ging das Licht aus, die Menschen
entspannten sich und so konnte auch Tessa dem Konzert etwas gelassener entgegensehen. Die Band betrat die Bühne, die Backgroundsängerinnen setzten hier und da ein, zuletzt betrat der
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