Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
benötigte
keine Worte, dachte sie überzeugt. Vielleicht hatte er deshalb
bisher fast kein Wort gesagt?
    Plötzlich erinnerte sie sich an ihren letzten Besuch bei
Mamii, bei dem sie die Halva mit ihr zubereitet hatte. Nicht
hasten. Lass dir Zeit.
Lass ihn kommen.
Sie musste nichts erzwingen.
Dennoch begann es in ihrem Innersten zu flirren.
Ihr war nicht mehr warm, ihr war heiß. Weshalb zitterte sie
dann?
    »Ist das dein Auto?«, brach sie schließlich die Stille.
    »Ja. Das hat mein Vater mir vor einer Woche geschenkt.«
    »Wow! Hattest du Geburtstag?« Sie strich über die Ledersitze.
    »Nein. Aber ich bin nach zehntausend Fahrstunden endlich
dazu gekommen, meinen Führerschein zu machen. Der
Fahrlehrer war ganz traurig, mich ziehen zu lassen. Er hat
meinen Vater ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Irgendwas
stimmt mit meinem räumlichen Denken nicht.«
    »Du übertreibst bestimmt.«
    »Nein, leider nicht«, lachte Kai und Halva fand seine Ehrlichkeit
sympathisch.
    Sie lächelte ihm verschmitzt zu. »Angeblich sind doch
Jungs besser im Kartenlesen und so als Mädchen, oder?«
    »Das halte ich für ein Gerücht. Meiner Ansicht nach sind
Mädchen eigentlich in fast allem besser als Jungs. Na gut, im
Ringen vielleicht nicht.«
    Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. Sie lächelte wieder,
doch ihre Augen sahen ihn ernst und aufmerksam an. In ihm
machte es
Plop!
Er hatte Lust, ihr die Wahrheit zu sagen.
Zum ersten Mal, seitdem so viele Leute ihn immer wieder
gefragt hatten, wieso er erst mit fast neunzehn den Führerschein
machte. Er holte tief Luft.
    »Es gibt noch einen Grund. Ich wollte erst gar nicht Autofahren
lernen …«
    »Weshalb denn nicht?«
    »Meine Mutter ist vor elf Jahren bei einem Autounfall
ums Leben gekommen.«
    »Wie schrecklich!« Halva klang ehrlich mitleidig. Dieses
Gefühl, gegen das er sich sonst immer so vehement gewehrt
hatte. Bei ihr tat es ihm mit einem Mal gut, die Wahrheit
auszusprechen. Mit-Leid. Geteilt fühlte sich sein Leid nur
noch halb so schwer an.
    »Was ist denn passiert?«, fragte Halva behutsam nach.
    »An meinem achten Geburtstag hatte sie beim Konditor
eine große Torte in Form einer Ritterburg bestellt. Ich weiß
noch, wie sie mich im Wagen warten ließ. Als sie aus dem
Geschäft kam, schleppte sie dieses Riesenvieh von Torte,
aber lachte über ihr ganzes Gesicht. Partys waren ihr Ding.
Sie konnte Wochen auf die Planung meiner Geburtstagsfeier
verwenden. Sie stellte die Box neben mich auf den Rücksitz
und sagte noch: ›Nicht naschen, Kai. Erst, wenn wir zu
Hause sind und deine Freunde kommen.‹«
    Kais Stimme verlor sich kurz, und er rang um Fassung, ehe
er weitersprechen konnte. Er hatte diese Erinnerung noch
nie, niemals, mit jemandem teilen können. Halva wartete
stumm, bis er sich wieder gefangen hatte.
    »Hinter uns hupten zwei Autos, weil meine Mutter die
enge Straße zugeparkt hatte. Sie sprang in den Wagen, fuhr
los und nahm sich nicht mal die Zeit, sich anzuschnallen.
Wir waren schon spät dran und sie gab ordentlich Gas. Bei
der Ausfahrt nach Westheim war die Straße in der Unterführung
vereist. Der Wagen geriet heftig ins Schlingern, und ich
schrie, weil der Kuchen rutschte. Sie schaute automatisch
nach hinten, um zu sehen, ob ich okay war …«
    »Und dann?« Halvas Stimme klang sehr klein.
    »Dann sind wir mit dem Auto in die Betonwand der Unterführung
gedonnert. Volle Kanne. Sie hatte den Fuß vor
lauter Aufregung offenbar nicht rechtzeitig vom Gaspedal
genommen.«
    »Und du?«
    »Mir ist nichts passiert. Nur ein paar Schrammen. Ich war
ja angeschnallt.«
    »Wie schrecklich. Ich kann verstehen, dass dich das traumatisiert
hat.« Sie strich ihm kurz über den Arm und ein
Gefühl der Erleichterung durchflutete Kai.
    Er starrte einen Moment lang auf seine Hände und sah
dann wieder zu Halva hinüber. »Deine Eltern leben aber
beide noch, oder?«
    Halva nickte langsam. Aber irgendetwas in ihrem Gesichtsausdruck
ließ ihn vermuten, dass da noch mehr war und sie
ihm nur in diesem Augenblick keine Antwort auf diese Frage
geben wollte. Aber später? Würde sie irgendwann genug Vertrauen
zu ihm fassen? Er wünschte es sich so sehr.
    Kai versuchte, das Gespräch wieder in neutralere Bahnen
zu lenken. »Tja, jetzt kann ich zwar fahren und habe auch
ein Auto, aber eigentlich bin ich viel lieber mit dem Rad
unterwegs. Du auch?«
    Halva lächelte. Sie schien dankbar für den Themenwechsel.
»Ich habe mir bei eBay ein Rennrad ersteigert, mit dem
ich gerne abends noch

Weitere Kostenlose Bücher