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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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verliebt«, sagte Miryam tonlos.
    »Verliebt? In jemanden, den du nicht lieben durftest?«
    Miryam lachte kurz und bitter auf. »Im Gegenteil. Wir
waren einander versprochen. Ich sollte ihn heiraten, Halva.
Mehr noch, ich
wollte
ihn heiraten. Bei Allah, ich war so in
ihn verliebt, dass ich manchmal wie von Sinnen war. Nichts
machte mich glücklicher als der Gedanke, eines Tages seine
Frau zu sein.«
    »Und dann?«, flüsterte Halva. Die Kehle wurde ihr eng
vor Mitgefühl.
    »Das verstehst du nicht«, wehrte Miryam ab und biss sich
auf die Lippen.
    Halva schüttelte heftig den Kopf, denn mit einem Mal,
seit Freitagabend, seit Kais Hand die ihre berührt hatte, war
sie sich sicher, dass sie Miryam verstehen würde.
Dass die
Lippen wie die Hände tun.
»Erzähl«, sagte sie.
    »Plötzlich wollte Karim mich nicht mehr heiraten, sondern
eine andere. Ich kannte sie gut, denn wir hatten einen
ähnlichen Freundeskreis. Sie heißt Aischa. Als Karim und sie
dann ihre Verlobung feierten, waren meine Familie und ich
auch eingeladen. Wie zur Wiedergutmachung. Aber diese
Schande, Halva. Dieser Schmerz, der alles in mir auffraß.
Ich werde dieses Gefühl nie vergessen. Es ist noch immer in
mir. Es war ein richtig ausgelassenes Fest. Alle tanzten und
ich sah Karim und Aischa zusammen lachen und strahlen,
und ich weiß nicht mehr, was mich packte …« Ihre Stimme
erstarb. Halva streichelte stumm ihre Hand, als Miryam
nach Luft rang.
    »Was dann?«
    »Ich ging in die Küche und zerschlug eine Flasche, sodass
ich nur ihren zackigen Hals in der Hand hielt. Dann ging
ich ins Wohnzimmer zurück. Der Flaschenhals lag so klein
und fest in meiner Hand, Halva. Es war wie ein Trost, ihn
da zu fühlen.«
    Halva wagte es kaum zu atmen und ihr Blick fiel wieder
auf die Narben an Miryams Handgelenken. Hatte sie dann
vor aller Augen versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden?
    Miryam seufzte tief. »Als ich an der Reihe war, dem Paar
zu gratulieren, stieß ich Aischa den Flaschenhals in ihr verfluchtes,
schönes Gesicht.«
    Halva schlug mit einem Schrei die Hände vor den Mund. Miryam senkte den Kopf und weinte.
    »Ich weiß. Du hältst mich jetzt für ein Monster. Ich bin
ein Monster. Ein missgünstiges, ekelhaftes Weib. Wer kann
mich noch lieben? Meine Mutter hat recht …«
    Halva schwieg, hilflos vor Entsetzen. »Nein, nein …«, stammelte
sie. »Hat Amma das wirklich zu dir gesagt? Ich verstehe
dich ja … Oder: Du hast es vielleicht nicht so gewollt. Du hast
dich einfach nicht mehr unter Kontrolle gehabt.«
    Aber Miryam sah sie aus ihren schwarzen Augen an. Ihr
Blick brannte, als sie heiser sagte: »Doch, Halva. Ich habe es
gewollt. Ich hatte es mir genauso ausgemalt.«
    Halva fragte leise: »Hast du sie verletzt?«
    »Nein. Karim packte meinen Arm, ehe ich sie treffen
konnte. Als alle sich um die Braut kümmerten, stach ich
mit dem Flaschenhals auf meine nackten Handgelenke ein.
Wenn ich ihn nicht mehr lieben durfte, nicht bei ihm sein
konnte, dann wollte ich nicht mehr leben. Ich schrie es in die Welt hinaus. Alle sollten es wissen. Es war mir egal, was
man von mir dachte. Ganz egal.«
    Halva sah ihre Tante stumm an. Wer hätte in der stillen,
blassen Miryam so viel Leidenschaft vermutet? Miryam
sprach weiter, ohne sich die Tränen vom Gesicht zu wischen.
»Dann wurde plötzlich alles um mich herum dunkel. Ich
glaube, jemand muss mich bewusstlos geschlagen haben. Als
ich wieder zu mir kam, war ich sehr schwach, denn ich hatte
viel Blut verloren. Ich lag in meinem Zimmer auf meinem
Bett. Und dort habe ich dann auch die folgenden vier Jahre
verbracht.«
    »Was? Das heißt …«
    Miryam nickte. »Ja. Meine Mutter hat mich eingesperrt.
Ich hatte mein eigenes kleines Bad neben dem Zimmer. Das
Essen schob sie mir durch eine Luke in der Tür zu. Besser
als das Gefängnis, sagte sie immer. Schlimmer als der Tod,
dachte ich. Nur dass sie wieder geheiratet hat, war meine
Rettung.
Ihr
seid meine Rettung, Halva. Dafür bin ich euch
auf ewig dankbar.«
    Halva musterte Miryam nur stumm, aber die wich ihrem
Blick nicht aus.
    »Kannst du trotzdem noch meine Freundin sein?«, fragte
sie und rieb ihre narbigen Handgelenke.
    »Oh, Miryam«, flüsterte Halva. »Natürlich. Natürlich.«
    Sie setzte sich neben ihre Tante und umarmte sie wieder. Schließlich sagte Halva: »Ich mache uns erst einmal eine
heiße Schokolade, okay? Das ist gut für die Seele.«
    Nun wischte sich Miryam doch die Augen und nickte
dankbar.
    Die Kirchenglocken schlugen halb fünf,

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