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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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sie die Bleche vorsichtig aufeinander,
wobei sie stets ein Küchentuch zwischen jede Schicht
legte, damit nicht die eine Halva am Boden des anderen
Bleches haften blieb. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Beinahe
Mitternacht. Ihre Eltern waren beide schon ins Bett gegangen
und sowohl Mudi als auch Miryam waren noch aus.
Sie seufzte und strich sich über die müden Augenlider, als
sie den Schlüssel in der Haustür und gleich darauf Stimmen
hörte. Mudi und Miryam kamen zusammen nach Hause.
Sie redeten und lachten. Halva trat aus der Küche.
    »Halva. Du bist noch wach?«, fragte Mudi.
    »Ja. Überrascht dich das?«, fragte Halva gereizt. »Ich habe
schließlich bis jetzt gearbeitet. Und wo warst du?«
    »Im Kino. Ich hoffe, du bist mir nicht böse. Ich habe Kai
gefragt, ob er stattdessen mit mir gehen will.«
    Halva blieb der Mund offen stehen. Das gab es doch nicht.
Was fiel Mudi denn ein? Er hatte Kai sicher keine Wahl gelassen.
    »Und wollte er?«, fragte sie mit mühsam unterdrücktem
Zorn. Sie schuftete hier an zehn Blechen Halva und ihr Herr
Bruder ließ es sich bei James Bond gut gehen. Wer sagte eigentlich,
dass Männer keinen Eischnee schlagen konnten?!
    »Ich glaube, nicht«, gab Mudi mit einem Grinsen zu. »Aber
er war zu höflich, um das zu sagen. Wir haben uns trotzdem
gut unterhalten. Sein Vater wird für mich übrigens bei einer
großen Kanzlei ein gutes Wort einlegen, damit ich dort im
Frühling ein Praktikum bekomme.«
    Ein dicker Kloß formte sich in Halvas Hals, aber sie war
zu müde, um sich jetzt mit Mudi zu streiten.
    »Dann hatte der Abend ja durchaus seinen Nutzen«, sagte
sie knapp. Weshalb musste ihr Bruder immer so verdammt
berechnend sein? Früher konnte sie ihn damit aufziehen,
doch heute Abend widerte sie dieser Wesenszug an ihm an.
    Miryam zog derweil Halvas Mantel aus.
    »Und du? Hattest du auch einen schönen Abend?«, fragte
Halva sie mit erstickter Stimme. Sie hasste sie alle beide mit
unerwarteter Intensität.
    »Ja. Ich habe einen langen Spaziergang gemacht.« Miryam
lächelte und auf ihren Lippen war kein Gloss mehr zu
sehen.
    Halva wandte den Blick ab. »Gute Nacht. Ich gehe jetzt
ins Bett. Ich bin müde.«
    »Schon?«, fragte Mudi.
    »Ja. Schon. Nicht jeder kann im Kino die Beine durchstrecken.
Ich habe gearbeitet wie ein Pferd!«, sagte Halva gereizt.
    »So viele Halva wie heute habe ich noch nie auf einmal gemacht.
«
    »Sie schmecken sicher köstlich«, sagte Mudi beschwichtigend,
doch Halva warf ihm nur einen wütenden Blick zu.
»Ist schon alles zum Transport verpackt?«, fragte er, wie um
von ihrem Streit abzulenken.
    »Jawohl, der Herr«, fauchte Halva. »Ich habe die Bleche
aufeinandergestapelt.«
    »Dann trage ich sie am besten noch schnell zum Auto.
Sonst muss Mama sich morgen damit abmühen und es ist ja
kalt genug draußen«, erwiderte Mudi und ging in die Küche.
    Halva schlüpfte in ihren Pyjama, als sie unten die Haustür
ins Schloss fallen hörte. Das musste Mudi sein, der die Halva
zum Auto brachte. Es stimmte, bei diesen Temperaturen war
der Wagen kälter als der Kühlschrank, und Raya konnte die
Bleche gleich am nächsten Morgen zum Café fahren. Halva
war noch immer zornig. Sie ging an ihr Fenster, von wo aus
sie die Straße überblicken konnte. Nur einige Sekunden später
sah sie Mudi vor das Haus treten.
    Er hatte beide Arme voll mit den zehn Backblechen.
    Halva wollte sich schon wieder wegdrehen, als sie stutzte.
Mudi ging nicht dorthin, wo ihre Eltern immer das Auto
parkten, sondern genau in die entgegengesetzte Richtung.
    Vor der Reihe mit den großen öffentlichen Müllcontainern
machte er halt und stellte die Bleche auf den Boden.
Halva runzelte die Stirn. Was machte er denn dort?
    Fassungslos beobachtete sie, wie Mudi mit der einen Hand
den Container für Biomüll öffnete und mit der anderen die
Halva von den Blechen in den Abfall schob. Halva keuchte auf, als das Konfekt noch einmal im Licht der Straßenlaterne
aufleuchtete und dann verschwand. Sie schlug sich die
Hände vor den Mund und sah ungläubig zu, wie Mudi sorgfältig
Blech für Blech abklopfte, sie stapelte und wieder zum
Haus ging. Halva wich vom Fenster zurück und sank auf ihr
Bett. Die Knie wurden ihr weich, ihre Augen brannten und
ihre Kehle schnürte sich zusammen. Mit einem Mal sah sie
etwas, das sie nicht verstand, und sie verstand etwas, das sie
nicht sah. Mudi und Halva, Halva und Mudi. Ihre ganze
Kindheit über waren sie zusammen gewesen. Wirklich zusammen.
Eins gegen eine oft

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