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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Warte hier
auf mich.«
    Miryam nickte und begann, sich warm anzuziehen, während
Halva die Treppe nach oben ins Schlafzimmer ihrer Eltern
schlich. Sie drückte vorsichtig die Klinke hinunter und
betrat auf Zehenspitzen den dämmrigen Raum, in dem die
ruhigen, tiefen Atemzüge ihrer Eltern zu hören waren. Sie
entdeckte die Handtasche neben dem Nachttisch ihrer Mutter. Der Teppichboden schluckte jeden ihrer Schritte und sie
zog so lautlos wie möglich den Reißverschluss der Tasche auf.
Da waren die Schlüssel ja! Sie lagen unter einem mehrfach
gefalteten Blatt. Halva schob es erst achtlos beiseite. Dann
aber erkannte sie das blaue dünne Papier. Es war einer dieser
Briefe aus dem Iran, wegen denen sich ihre Eltern so stritten.
Sie blickte kurz auf das schlafende Gesicht ihrer Mutter
und ihr Herz schlug schneller. War das nicht fast so, wie
ihre Mutter zu bestehlen? Doch dann nahm sie sowohl den
Brief als auch die Schlüssel an sich. Verzeih, Mama, dachte
sie, als sie die Schlafzimmertür hinter sich zuzog und einen
Moment im Gang stehen blieb. Aber sie musste einfach herausfinden,
was hier gerade mit ihrem Leben passierte.
    Das gab ihr doch das Recht, so zu handeln, oder?
    Im Café schaltete Miryam das Licht ein, gerade, als der Bäckerwagen
rückwärts in die kleine Gasse gebogen kam. Ihre
Wangen röteten sich, und sie warf Halva einen raschen Blick
zu, der dieser nicht entging.
    »Halva, ich muss dir was sagen …«
    »Hm? Was denn?« Halva zog die Hülle von der Kasse,
so wie an jedem Montagmorgen. Sie dachte an den Brief
in ihrer Hosentasche und wagte es doch kaum, an ihn zu
denken.
    »Na, als ich am Donnerstag spazieren war …«
    »Als du ganz
allein
spazieren warst …?« Halva richtete
ihre Aufmerksamkeit nun auf Miryam und wollte sich die
Gelegenheit, ihre junge Tante zu necken, nicht entgehen lassen.
Sie konnte nicht anders, als Miryams offensichtliche
Verlegenheit ein wenig zu genießen. Es tat gut, sie in diesem Moment mit glitzernden Augen und neuem Lebensmut zu
sehen. Wenigstens etwas Freude bei all dem Unverständlichen,
was um sie herum vorging!
    »Ich war nicht allein aus …«, druckste Miryam und wandte
den Kopf kurz zum Fenster, wo der Bäckerwagen nun mit
roten Bremslichtern zum Halten kam.
    »Ach?«, sagte Halva mit gespielt ernstem Gesichtsausdruck.
    Plötzlich musste Miryam lachen. »Du nimmst mich auf
den Arm. Du wusstest es schon.«
    »Natürlich. Aber ich weiß nicht, mit wem du aus warst.«
    In diesem Moment hupte der Bäcker einmal kurz.
    Miryam sah zum Wagen, dann wieder zu Halva und
schließlich wieder zum Wagen. Halva begriff und schüttelte
den Kopf. »Miryam! Du hast es wirklich faustdick hinter den
Ohren. Wann ist das denn passiert?«
    »Hm. Eigentlich sofort nach unserem ersten Treffen. Er
kommt ja jeden Morgen hier ins Café und so habe ich ihm
eben am zweiten Tag einen Kaffee angeboten und wir sind
ins Gespräch gekommen …«
    »Auf Deutsch?«
    »Auf Deutsch. Er hat alles verstanden, was ich ihm gesagt
habe. Oder zumindest tut er so. Denn sein Farsi ist ja nicht
so toll …«
    Halva kicherte, ehe sie Miryam kurz umarmte. Doch
dann sah sie ihrer Tante ernst in die Augen. »Hast du nicht
gesagt, eine muslimische Frau soll nur mit einem muslimischen
Mann zusammen sein?«
    »Hm. Ja, das habe ich. Aber ich glaube jetzt eher, dass
du
recht hast. Wir sind hier in Deutschland und nicht im Iran. Hier ist man freier. Und seine Mutter stammt ja auch aus
dem Iran. Das hilft. So haben wir doch viel gemeinsam. Und
der Islam ist ihm sehr vertraut.« Sie sah rasch nach draußen
und dann wieder zu Halva. »Aber sag Cyrus noch nichts,
okay? Nicht, ehe das alles hier in trockenen Tüchern ist.«
    »Nein, nein«, versicherte Halva. Sie musste an Mudis
Worte denken und an seine nervige Predigt über die Gemeinsamkeiten,
die angeblich so notwendig für die Liebe
waren. Oder nicht für die Liebe – fürs Zusammenleben.
    In diesem Moment betrat der Bäcker mit seinem Gesellen
das Café, und Miryams Gesicht hellte sich noch weiter auf,
als er sie mit einem Kuss auf die Wange begrüßte. »Guten
Morgen, Schönste.« Danach drehte er sich zu seinem Gesellen
um und sagte: »Guck nicht so dumm, sondern trag das
Brot in die Küche. Siehst du nicht, dass ich alle Hände voll
zu tun habe?«
    Der Geselle wurde rot und drückte sich an Halva vorbei
in die Küche. Halva folgte ihm. Schnell entlud der Junge die
vier Körbe Brot.
    Als Halva sich die Schürze umband, um die Halva zu machen,
streifte ihre Hand die

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