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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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unheilvolles und ihr
eigenes trotziges Schweigen. Halva bewegte sich zur Musik,
probierte neue Schritte aus, verwarf sie, kombinierte sie neu.
    Irgendwas stimmte mit ihrer Musik nicht. Sie klang anders
als sonst, als ob irgendjemand immer dazwischenspielte
und ihren Rhythmus störte. Was war das denn jetzt? Hatte
Baba unten seinen CD-Spieler laut gestellt? Sie stöpselte
die Ohrhörer aus, ging zur Tür und lauschte in den Gang.
Es war ein Saxofon, das da spielte. Aber die Musik kam
nicht aus ihrer Wohnung! Halva lachte auf und legte sich
die Hand vor den Mund, ehe sie zum Fenster lief und den
Vorhang aufzog.
    Draußen auf dem Bürgersteig stand Kai. Augenblicklich
machte ihr Herz einen kleinen Sprung. Er spielte ein Stück,
das sie nicht kannte. Es war froh und schnell und die Töne
tanzten zu ihr hinauf.
    Halva öffnete trotz der Kälte das Fenster und beugte sich
nach draußen. Kai sah nach oben, unterbrach sein Spiel
und zog einen imaginären Hut. »Ich habe doch gesagt: Dein
Wunsch ist mir Befehl. Ich lasse dich nicht warten!«
    Halva musste lachen, aber dann sah sie besorgt zur Haustür
hinunter. Was, wenn Mudi oder Baba nun herausgeschossen
kamen und versuchten, Kai wegzuschicken? In ihrer derzeitigen
komischen Laune war ihnen alles zuzutrauen. Aber die
Tür blieb geschlossen, obwohl aus dem Erdgeschoss laute
Stimmen bis zu ihr ins Zimmer drangen. Das war ihr jetzt
egal.
    »Spiel weiter!«, rief sie Kai zu.
    Er setzte sein Saxofon an die Lippen, als ein Mann an ihm
vorbeiging und ihm einen Euro vor die Füße legte. »Das lob
ich mir. Wenigstens versuchen Sie, Geld zu verdienen, und
gammeln nicht einfach so rum!«, sagte er und schlenderte
weiter.
    Kai verneigte sich kurz, steckte den Euro ein und spielte
eine Tonleiter auf und ab.
    Halva musste lachen. »Wenn es mit Jura nicht klappt,
kannst du immer noch Saxofonist werden.«
    »Das werde ich vielleicht auch, wenn es mit Jura klappt!«
    »Dann tingele ich mit dir um die Welt!«
    »Bitte keine leeren Versprechungen …«, sagte Kai und
zwinkerte ihr zu.
    »Niemals«, flüsterte Halva zärtlich.
    Kai schloss die Augen und begann wieder zu spielen. Dieses
Mal war es eine langsamere, traurigere Melodie. Halvas
Augen füllten sich mit Tränen. Das war zu schön, um wahr
zu sein. Als er damit geendet hatte, holte sie ihr Handy.
    »Spiel noch was.«
    Kai gehorchte und sie filmte auf ihrem Handy mit.
    »Das wird mein Blog«, sagte sie zu sich selber.
»Life goes on
for Kai und Halva!«

Halva und Miryam standen gemeinsam in der Küche und
tranken einen Kaffee mit viel Milch und Zucker, um den
Schock des frühen Aufstehens zu überwinden. Als Halva
den letzten Schluck Kaffee in die Spüle kippte, sagte Miryam:
»Dein Vater war gestern ganz schön wütend.«
    »Warum?«, fragte Halva, obwohl sie genau wusste, weshalb
Baba sich aufgeregt hatte.
    »Na, wegen Kai und seinem Ständchen. Das hat im Haus
ja wohl jeder mitbekommen. Er wollte raus und ihm das
Saxofon verbiegen.«
    »Wirklich?«, fragte Halva erschrocken. Sie hatte zwar erwartet,
dass Baba sich über die Sache aufregen würde, aber
nicht, dass er so in Rage geriet. Das passte überhaupt nicht
zu ihm!
    »Ja. Aber Mudi hat ihn zurückgehalten. Der wird schon
wieder aufhören, hat er ihm gesagt.«
    Halva schwieg und Miryam sah sie prüfend an. »Wird er das, Halva? Aufhören? Mir scheint, er hat gerade erst angefangen.
«
    Halva ging darauf nicht ein und sagte nur trocken: »Schön,
dass Mudi zu seinen Freunden steht.«
    Miryam sah sie zweifelnd an. »Ich frage mich bloß, wie
lange er das tun kann. Wenn ihr so weitermacht, muss er
sich irgendwann entscheiden.«
    »Wieso muss er sich denn entscheiden?«, fragte Halva mit
hochgezogenen Augenbrauen.
    Miryam seufzte, aber statt zu antworten, sagte sie eindringlich:
»Halva, in gewisser Weise bin ich damals für eine
Liebe bestraft worden, die nicht so war, wie sie sein sollte.
Ich will nicht, dass euch das auch passiert.« Dann leerte auch
sie ihre Kaffeetasse. »Die Musik gestern war trotzdem wunderschön.
Sag mir, wenn ich etwas für euch beide tun kann.«
    Halva nickte. Die Sorge ihrer jungen Tante berührte sie
tief. »Danke, Miryam. Und jetzt lass uns gehen.«
    »Okay«, seufzte die. »Ich will dir wirklich nur helfen. Hast
du die Schlüssel?«
    Halva sah zum Schlüsselbrett, doch der Haken war leer.
    »Mist. Mama hat sie sicher noch in ihrer Handtasche.
Und die hat sie immer neben dem Bett liegen. Hoffentlich
wecke ich sie nicht auf. Ich laufe schnell hoch.

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