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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Schande über unseren
Namen kommt«, sagte Baba nun wieder. Diese Worte waren
wie ein Gerüst, an das er sich klammerte. Halva war fest
entschlossen, es zum Einsturz zu bringen.
    Sie lachte kurz und bitter auf. »Schande? Soll ich dir
sagen, was eine Schande ist? Ihr seid eine Schande für jeden
frei denkenden Menschen dieser Welt und ganz bestimmt für all jene, die versuchen, im Iran etwas zu ändern. Willkommen
im dunkelsten Mittelalter!«
    »So ein Unsinn, Halva!«, sagte Baba und sein eines Auge
funkelte nun vor Zorn. »Bijans Familie ist sehr fortschrittlich
und aufgeklärt. Alle seine vier Söhne studieren und keiner
von ihnen will ein Mullah werden. Vielleicht tragen sie alle
auf ihre Weise dazu bei, im Land etwas zu ändern? Ich glaube
an die iranische Jugend. Sie lässt sich bestimmt nicht
noch einmal das Wort so verbieten wie nach den letzten
Wahlen. Du kannst Teil davon sein, Halva. Wenn du nur
vernünftig bist!«
    »Bijans Familie ist also aufgeklärt? Wie aufgeklärt kann
man denn sein, wenn es einem so gut geht wie ihnen? Seine
Familie steht ja wohl immer auf der richtigen Seite seit der
Revolution, oder? Wie ist es möglich, mit den Mullahs nicht
auf Du und Du zu sein, wenn alle seine Vettern als Handlanger
und Bücklinge in den Ministerien und Botschaften
arbeiten, Baba? Wie? Hast du darüber schon einmal nachgedacht?
Hast du Bijan je dein Herz ausschütten können?
Hast du dich das getraut – deinem
Freund
gegenüber?«
    »Du kannst Bijan nicht vorwerfen, dass er in der Lage war,
Baba zu helfen«, sagte Mudi.
    »Halt die Klappe, du Schleimscheißer. Schade, dass die
Homosexuellenehe im Iran nicht erlaubt ist. Dann könnten
wir
dich
ja einem seiner Söhne senden. Alles, was Bijan will,
ist ein Schuss frisches Blut in seine Sippe.«
    »Halva!«, schrien jetzt Baba, Mudi und Raya gemeinsam.
    Halva biss sich auf die Lippen. Sie war zu weit gegangen.
Aber sie wollte sich auch nicht den Mund verbieten lassen.
Trotzig sah sie ihrem Vater in die Augen. »Und welchen seiner vier Söhne soll ich heiraten? Wann und wie soll das denn
entschieden werden? Etwa im Losverfahren, nach meiner
Ankunft?«
    Cyrus erwiderte wütend ihren Blick und öffnete mit einem
lauten Ratsch den dritten und letzten Brief. Er überflog die
Zeilen und nickte dann. »Na also. Bijan möchte, dass du
seinen ältesten Sohn heiratest. Er heißt Sharim und studiert
Medizin. Insofern kann ich dich beruhigen.«
    Beruhigen! Halva brannten die Wangen. Mit einem Mal
wurde die Sache also konkret. »Und wie genau soll das Ganze
ablaufen?«, fragte sie mit gepresster Stimme.
    Cyrus trank einen Schluck Tee und warf Raya einen Seitenblick
zu, auf den diese mit einem leichten Nicken reagierte.
Aha, dachte Halva bitter. Jetzt kam seiner Ansicht nach
also der Frauenkram, den sie mit ihrer Mutter besprechen
konnte.
    Raya versuchte wieder, Halva zu umarmen. Doch die
duckte sich weg. »Fass mich nicht an, habe ich gesagt. Fass
mich nie wieder an, okay?«
    Raya schrumpfte auf ihrem Kissen. Sie sah Halva tieftraurig
an. »Du wirst erst einmal bei Mamii wohnen können, um
dich in Teheran langsam wieder einzugewöhnen. Es ist ja
sicher vieles dort anders geworden!«
    Sehr
anders, dachte Halva spöttisch. Ein Blick auf den
Life
Goes on In Teheran-
Blog genügte ihr, um zu sehen, dass die
Lage in den letzten zehn Jahren bestimmt nicht besser geworden
war. Und was hatte Miryam erzählt? Stockschläge für
in der Öffentlichkeit getragene hohe Stiefel. Sittenwächter,
die einen zwangen, sich den langen Mantel zuzunähen. Und
dort wollten ihre Eltern sie hinschicken?
    Doch Raya sprach schon weiter: »Dann haben Sharim und
du auch Gelegenheit, euch besser kennenzulernen. Ihr könnt
euch auch jetzt schon schreiben, wenn ihr wollt. Heirat ist
eine ernste Sache, Halva. Man darf sie nicht dem Zufall überlassen.
Das versteht man nur nicht, wenn man noch so jung
ist wie du.«
    »Und was mehr als Zufall war deine Ehe mit Baba? Hat
Mamii nicht selber gesagt, dass er zu Zeiten des Schahs nicht
einmal als Chauffeur bei uns hätte arbeiten können?«
    Ihre Mutter starrte sie schockiert an und Baba wurde blass
unter der Beleidigung.
    Aber ihre Worte taten Halva nicht leid. Sie sprach unbeirrt
weiter: »Mamii kann ja damit wohl kaum einverstanden
sein, oder? Weiß sie davon?«
    »Sie weiß noch nichts von Bijans Briefen, aber sehr wohl
von der Vereinbarung, die wir damals getroffen haben«, gab
Raya zu.
    Halva schluckte. Sie hatte einen bitteren Geschmack im
Mund. Ihre letzte

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