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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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hatte.
    Hatte Halvas scheinbare Vernunft ihre Familie überzeugt?
Dann hatte sie Pistazien auf die Stücke gelegt, deren mild
salziger Geschmack so ganz anders gewesen war als der ihrer
Tränen. Kai hatte die grüne Farbe der Hoffnung daraus geschmeckt.
Auf der Halva war es die schönste Farbe, die Kai
sich denken konnte. Grün, das war Zufriedenheit in ihren
Herzen, weil sie zusammen sein konnten. Es war die Ausdauer,
die sie brauchten, um alle Widerstände zu überwinden.
Es waren die Toleranz und das Verständnis, die er sich
zwang, Mudi gegenüber aufzubringen. Mudi, der ihn noch
immer als seinen Freund behandelte.
    »Schmeckt es dir?«, hatte Halva ihn leise gefragt, und er
hatte sie geküsst, sobald Miryam ihnen den Rücken zugedreht
hatte. Ja, es schmeckte ihm. So gut, viel zu gut. Er
wollte nie wieder etwas anderes essen.
    Sprach ihr Vater davon, sie schon eher in den Iran zu senden?
Kais Finger hatten gezittert, als er die Halva an jenem
Montagmorgen von ihrem Tablett genommen hatte. Das
tiefe Rot der eingelegten Kirsche sprach von Zorn, Leidenschaft
und Gewalt. Es sprach von Blut, das vergossen werden
konnte. Blut, das er bis auf den letzten Tropfen liebte.
    An einem anderen Montag hatte Halva den Kopf geschüttelt:
Nein, an jenem Tag symbolisierte das Rot einer halben
frischen Erdbeere ihre Kraft und ihre Energie. Es war das
bewusste Erleben jeder Minute mit Kai, auch wenn sie sich
nur unter Miryams Schutz umarmen konnten. Wie viel Leidenschaft
und Begehren lag in einem Kuss, wenn mehr nie
möglich war.
    »Eines Tages wirst du mir gehören. Ganz«, flüsterte Kai
immer wieder, wenn er sie in den Armen hielt.
    Halva nickte darauf jedes Mal. Der Blick ihrer hellgrünen
Augen brannte. Ja. Eines Tages würde sie ihm gehören. Ganz.
    Am vergangenen Montag erst hatten blasse ungesalzene
Nüsse auf der Halva gelegen, nichtssagend und lau wie Halvas
eigene Stimmung. Der Mut und die Liebe hatten sich an
jenem Tag keine Bresche schlagen können.
    Kais Stimme hatte zornig geklungen, als er gesagt hatte:
»Schau, was ich mit deiner dummen, blassen Nuss mache.
Ich zerbeiße sie. Ich fresse sie auf. Was anderes verdient sie
nicht. Du hast mich, wir haben einander. Deshalb sind wir
mutig.«
    »Was, wenn sie mich einfach ins Flugzeug setzen? Was,
wenn ich morgen weg bin? Was soll ich dann tun?«, hatte
Halva mit zitternder Stimme gefragt.
    »Musst du denn damit rechnen? Kannst du dir das vorstellen?« Kai war entgeistert gewesen. Aber er wusste, in
ihrer Verzweiflung und ihrem Zorn taten Menschen auch
das, was man sich nicht vorstellen konnte.
    »Nein«, hatte Halva zugegeben und eine Nuss von dem
Konfekt genommen, um sie trotzig zu zerbeißen.
    »Und wenn, dann komme ich dich holen. Ich finde dich
überall auf der Welt.«
    Kai seufzte, wandte sich dann von der Schaufensterauslage
ab und betrat das
Hafez.
Halva stand hinten in der Küche
des Cafés und legte sorgsam gezuckerte Veilchen auf die
Halva. Sie blickte kurz auf und lächelte ihn an. Dann setzte
sie ihre Arbeit konzentriert fort.
    Kai trat hinter sie, schlang seine Arme um ihre Taille und
legte sein Kinn auf ihre Schulter. Es war so schön, sie einfach
so zu halten und bei ihr zu sein. Halva schmiegte sich an ihn.
Die Nähe ließ ihm das Blut durch seine Adern rasen und sein
ganzer Körper pulsierte. Er wagte es nicht, sie zu sich umzudrehen
und ihr einen Kuss zu geben. Miryams Gegenwart
zwang sie beide, sich zu beherrschen, wie auch die Tatsache,
dass sie sich nur einmal die Woche morgens im Café sehen
konnten. Doch der Zwang ließ Kais Sehnsucht nach Halva
noch wachsen und ihr ging es sicher genauso. Die Mauer, die
sie zwischen sich hatten errichten müssen, war mittlerweile
so baufällig geworden, dass ein Atemzug sie zum Einsturz
bringen konnte.
    Kai atmete tief ein und aus, um seinen Herzschlag zu beruhigen.
»Pass mit dem scharfen Messer auf«, sagte er und
küsste zärtlich ihren Nacken. Die Schneide flog zwischen
den gezuckerten Veilchen auf und ab und ihm wurde beim
Zusehen schwindelig.
    »Wenn du mich küsst, dann schneide ich mich garantiert.« Sie hielt mit der Arbeit inne und seufzte genüsslich.
    »Warum belegst du die Halva eigentlich mit Veilchen?«,
fragte er, während er an der zarten Haut ihres Halses nibbelte.
Miryam war vorn im Laden und diese Gelegenheit wollte
er nutzen. »Hast du nicht mal gesagt, Lila sei keine Farbe,
sondern ein Zustand?«
    »Eben.«
    »Was für ein Zustand denn?«
    »Melancholie«, sagte Halva leise.
    »Melancholie?«

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