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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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schluckte.
    Muss das sein?,
tippte sie mühsam zurück.
    Ja. Mudi hat gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Er kommt auch
mit.
    Ich habe Angst, Kai.
    Ich auch. Aber vertrau mir.
    Das tue ich …
    Einige Wochen nach Kais und Mudis Auseinandersetzung
auf dem Schulhof schlug in der Friedberger Landstraße
schließlich die Stunde der Wahrheit.
    Raya hatte verweinte Augen, als sie die Tür zu Halvas
Zimmer aufstieß.
    Halva hielt mitten in der Bewegung inne. Sie hatte mit
den Kopfhörern in ihren Ohren das Klopfen ihrer Mutter gar
nicht gehört und stellte die Musik ab. Es war Freitagabend
und sie bereitete einen neuen Workshop für die Tanzschule
vor.
    »Hallo, Mama«, sagte sie. »Was gibt es? War ich zu laut?«
Sie sah auf ihre Steppschuhe, die Metall an den Spitzen und
Absätzen hatten.
    »Nein, nein.« Raya zögerte kurz, ehe sie weitersprach:
»Kommst du mal runter, Halva? Wir wollen was besprechen.«
    Halvas Herz schlug schneller. Sie hatte Angst. Es gab nur
eines, was bei einer solchen ausdrücklichen Einladung besprochen
werden musste. Sonst redeten sie einfach so miteinander,
querbeet, und jeder, wie es ihm gerade einfiel.
    Halva atmete tief durch. Vielleicht war es besser so. Endlich
machten sie reinen Tisch! »Ich komme gleich, Mama.
Ich ziehe mich nur noch um, okay?«
    Als sie wenig später das Wohnzimmer betrat, saßen Mudi,
Raya und Baba im Schneidersitz auf den Kissen um den
niedrigen runden Tisch herum, auf dem Halva die Briefe
aus dem Iran liegen sah. Den zweiten hatte Halva noch am
selben Tag, an dem sie die ganze Wahrheit erfahren hatte,
in die Handtasche ihrer Mutter zurückgeschmuggelt. Neben
den beiden ihr bekannten Umschlägen lag ein dritter, der
noch ungeöffnet war. Ihr Mut schwand. Dieser Bijan ließ
nicht locker, sondern bedrängte Baba, bis eine Entscheidung
getroffen war.
    Halva sah wieder die ungelenk geschriebene Adresse. Das
Gekrakel war eine Bedrohung. Ein Todesurteil für Kai und
sie. Sie begegnete Rayas Blick. Ihre Mutter versuchte, ihr
zuzulächeln, doch Halva wandte sich rasch ab und setzte
sich mit einigem Abstand zu ihrer Familie ebenfalls auf den
Teppichboden.
    Verräter, dachte sie. Alle miteinander. Ihre Eltern hatten
ihre Entscheidung damals gemeinsam getroffen. Sie steckten
alle unter einer Decke.
    Baba begann zu sprechen und Halva hörte ihm zu. Sie
sah auf seinen Mund, auf seine Lippen, die diese grässlichen
Worte formten, ehe Baba sich wieder und wieder in dieselbe
Entschuldigung flüchtete: Ich habe mein Wort gegeben. Es
war wie ein Gebet, dessen Strophen er wiederholte. Eine
Rechtfertigung, die seinem Handeln Sinn geben sollte.
    Als Baba schwieg, sagte einen Augenblick lang niemand
etwas. Nur der Zimmerspringbrunnen plätscherte. Halva
fröstelte, obwohl die Heizkörper voll aufgedreht waren.
    Schließlich fand sie ihre Stimme wieder. »Dein Wort?«,
flüsterte sie. »Ich würde eher meine Zunge abbeißen und sie vor euren Augen essen, als ein solches Wort zu geben! Und
ihr wollt meine Familie sein?«
    Mudi hatte die ganze Zeit über den Kopf gesenkt gehalten
und auf seine Hände gestarrt, die er auf seinen verschränkten
Beinen gefaltet hatte. Nun aber hob er den Kopf. »Wir
sind deine Familie. Und gerade deshalb wollen wir für dich
das Beste.«
    »Das Beste? Das ist ja wohl das Lächerlichste, was ich je
gehört habe. Für mich soll es das Beste sein, in den Iran zurückzukehren,
während du hier über Recht und Unrecht entscheidest?
Geh doch selber, wenn du es so toll dort findest.«
    Mudi fuhr auf: »Du weißt genau, dass ich mit meinem
Studium die Hoffnungen unserer ganzen Familie erfülle! Daraus
willst du mir doch wohl keinen Strick drehen!«
    »Du solltest dich mal sehen, wenn du solchen Unsinn
verzapfst, Mudi. Für dich ist das also ganz normal, deine
Schwester zu verschachern, damit du studieren und in Freiheit
und Wohlstand leben kannst? Mir wird echt übel.«
    Mudi verriet sie genau wie alle anderen! Halva rang nach
Atem und presste sich dann die Hand vor den Mund. »Ich
muss mich gleich übergeben«, keuchte sie. »Wie du dich
noch im Spiegel ansehen kannst, ist mir ein Rätsel. Widerlich.
Du bist widerlich.«
    »Halva!«, ging Raya dazwischen. »Wie redest du denn mit
Mudi? Ihr seid doch Geschwister. Mudi ist mein Sohn und
du meine Tochter …«
    Aber Halva fiel ihr ins Wort. »Und damit für dich zweitrangig,
Mama? Was hast du immer mit deiner Familie angegeben.
Wie fortschrittlich und vornehm ihr seid. Und was
machst du jetzt? Das ist doch zum

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