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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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iranische Autoren? Es gibt so viele Fragen, die ich Dir stellen will,
aber wir haben ja noch alle Zeit der Welt dafür. Jetzt freue ich mich
auf eine Antwort von Dir,
    Sharim
    Halva las die Nachricht zwei oder drei Male. Sie war nett
und offen, daran gab es keinen Zweifel. Dennoch hatte sie
darauf nichts zu sagen. Sie klickte auf
Antworten
und ein
neues Fenster öffnete sich. Der Cursor blinkte darin und
wartete auf ihre Worte.
    Plötzlich klopfte es an ihre Tür. Halva sah auf. »Ja?«
    »Ich bin es«, sagte Raya. »Ich wollte dir nur deine Tanzkleider
reinbringen. Ich habe sie gebügelt.« Raya legte den
Stapel Kleider auf einen Stuhl – Bodys, Leggings, Wickeloberteile
und Röcke.
    »Danke«, sagte Halva, doch es klang nicht freundlich.
    Raya stand unentschieden in der Tür und machte Stielaugen
zum Computer hin. Halva bekam das ungute Gefühl,
dass ihre Mutter ganz genau wusste, wer ihr da eine Mail
geschickt hatte. »Was machst du gerade?«
    Das geht dich nichts an, dachte Halva. Dann sah sie auf
den leeren Kasten, in den eigentlich ihre Antwort auf Sharims
Nachricht gehörte.
    Sie drückte
Senden,
ohne etwas zu schreiben. Es gab nichts
zu sagen.
    »Ich habe Sharim eine Mail geschickt«, sagte sie dann.
    »Wirklich?« Raya klang erleichtert.
    »Wirklich«, sagte Halva, ganz ohne zu lügen.

Weihnachten war in diesem Jahr besonders einsam und still.
Bei der Christmesse im Augsburger Dom schloss Kai die
Augen und ließ die Stimme des Priesters über sich hinwegwaschen.
Die Orgel brauste auf und er dachte an Halva. Was
machte sie gerade? Mist, im Dom konnte man sein Handy
nicht herausziehen und texten. Das konnte er nicht bringen,
auch wenn es ihm gewaltig in den Fingern juckte. Was tat
man Weihnachten, wenn einem das Fest nichts bedeutete?
    Halva hatte mit den Schultern gezuckt. »Ein Feiertag ist
es für uns trotzdem. Oder – das war es jedenfalls mal. Baba
und Mama haben dann früher nur halbtags gearbeitet und
wir haben die beiden Feiertage mit Freunden verbracht. Und
immer viel gegessen. Jeder bringt etwas mit. So anders ist es
also bei uns nicht als bei euch.«
    »Was esst ihr denn dann, wenn ihr feiert?«, hatte Kai gefragt.
    »Also …«, hatte Halva begonnen und eine schier endlose Liste an Gerichten aufgezählt, deren Namen für ihn alle so
ähnlich klangen, dass sie irgendwann nur noch an ihm vorbeirauschten.
    »Und was esst ihr Weihnachten?«, hatte sie ihn dann gefragt.
    »Fisch und Salat.«
    »Sehr opulent«, hatte Halva geantwortet und das Gesicht
verzogen. »Stell dir vor, bei meiner Freundin Hannah gibt es
Schupfnudeln und Kartoffelsalat.«
    »Typisch schwäbisch«, hatte Kai gelacht. »Hat sie dich
denn je zu Weihnachten eingeladen?«
    »Nein. Nie. Das habe ich auch nicht erwartet.«
    Wie war es, nie Weihnachten zu feiern? Könnte er sich
das vorstellen? Er warf seinem Vater, der in der Kirchenbank
neben ihm stand, einen Seitenblick zu. Er hatte die
Augen geschlossen und betete.
Bald will sie, dass du konvertierst,
erinnerte sich Kai an den Streit mit ihm. Er schüttelte
den Kopf. Quatsch. Wer wird denn den Teufel an die Wand
malen? Ihre Unterschiede waren kein Hindernis für ihre
Liebe, dachte Kai trotzig. Er war neugierig auf sie, immer,
und sie auf ihn.
    Er verjagte den Gedanken an den Streit mit seinem Vater.
Das Gebet endete und die Jungfrau Maria wurde in einer
weihrauchschwingenden Prozession an ihm vorbeigetragen.
Er sah in ihr lächelndes Gesicht und musste ein Husten unterdrücken.
Dann blickte er überrascht ein zweites Mal auf:
Hatte die Statue ihm da gerade zugezwinkert? Und sie hatte
hellgrüne Augen, wie Halva! All der Weihrauch machte ihn
high, das war es! Kai unterdrückte ein Grinsen. Maria grinste
zurück.
    Danke, Maria. Leider hast du mit meinem Plan nichts zu
schaffen, sagte er stumm. Ich muss das ganz schnöde zivil
durchziehen.
    Ehe sie weitergetragen wurde, antwortete sie ihm ebenso
wortlos: Das ist schon okay.
    Das Kerzenlicht flackerte und warf Schatten auf ihr Gesicht,
das ihn jetzt plötzlich an das seiner Mutter erinnerte.
    Was, wenn sie nicht glaubt, wie ich glaube? Ist das wichtig?,
fragte er ihr nach, als sie weitergeschleppt wurde. Doch
sie gab ihm keine Antwort mehr und ihr hölzerner Hinterkopf
entfernte sich rasch.
    Am Ende der Messe wandte sein Vater sich gewohnheitsmäßig
zu ihm, streckte seine rechte Hand aus und sagte:
»Vergebung und frohe Weihnachten.«
    »Frohe Weihnachten, Papa«, erwiderte Kai. Bei dem Wort
Vergebung musste er

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