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Hamburg - Dänemark

Hamburg - Dänemark

Titel: Hamburg - Dänemark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Kaipurgay
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– du hast keine Ahnung wie...?“
    „Na ja, neulich war ich auf so einem Junggesellenabschied. Ich glaube, da ist es passiert.“
    „Klingt plausibel.“
    Robert nickte und trank sein Bier aus. Mit einem leisen Rülpsen beugte er sich vor und nahm sich eine neue Flasche aus dem Pappträger. Es klickte leise, als er den Kronkorken entfernte. Schweigend genossen wir den späten Nachmittag. Ein Vogel zwitscherte irgendwo oben in dem Baum, der mitten im Hof stand, und eine sanfte Brise machte die Wärme erträglich. Einer der Hausbewohner hatte wohl das Fenster gerade geöffnet, denn plötzlich hörte ich leise Musik. Die traurigen Klänge einer Rockballade erreichten mein Ohr.
    „Ein benutztes Gummi ist schwerer zu erklären.“
    Ich musste grinsen, als Robert diesen Satz mit nüchterner Stimme vorbrachte. Oh Mann, in
seiner
Haut wollte ich wirklich nicht stecken. Der Slip war ja noch zu erklären, aber ein Kondom?
    „Und – hat es sich wenigstens gelohnt?“
    Neugierig sah ich zu ihm rüber und betrachtete sein Profil. Dieser Robert sah nett aus, stellte ich fest. Er musste ungefähr in meinem Alter sein, hatte meine Größe und – ich ließ meinen Blick tiefer gleiten – eine schlanke Figur.
    „Weiß ich nicht…“ Er blinzelte mir zu. „…ich weiß nicht mal, wie der Typ hieß.“
     
    Nach dieser Information hatte ich den Innenhof verlassen. Nicht auffällig schnell, aber möglichst – zügig. Robert hatte mir zugenickt, als ich mich erhob und meinte, ich müsse dann mal wieder. Seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Britta – nun, die hatte ich endgültig abgeschossen. Irgendwie ertrug ich unsere ewigen Streitereien nicht mehr. Außerdem war da noch etwas anderes, das mich beschäftigte.
     
    Zwei Wochen dauerte es, bis mich die Neugier erneut nach unten in den kleinen Garten trieb. Ich öffnete die Tür zum Innenhof und guckte zur Bank, aber die war leer. Irgendwie hatte ich gehofft, erneut Robert dort sitzen zu sehen. Trotzdem ging ich hin und ließ mich auf die Holzfläche fallen. Diesmal hatte ich einen Sixpack mitgebracht, öffnete eine Flasche Bier und streckte die Beine aus. Wieder wärmte mich die Sonne, ein laues Lüftchen wehte. Genüsslich reckte ich mein Gesicht nach oben und ließ die Gedanken wandern.
    „Hey Paul.“
    Der Mann, an den ich gerade gedacht hatte, setzte sich neben mich und lächelte mir zu. Mein Herz begann schneller zu schlagen bei seinem Anblick. Ich grinste zurück und richtete mich auf.
    „Robert, willste auch ein Bier?“
    „Gern.“
    Ich langte nach unten, fummelte eine Flasche aus dem Karton und reichte sie ihm.
    „Ich bin übrigens Journalist“, informierte mich mein Nachbar.
    Seelenruhig schnippte er den Kronkorken von der Bierflasche und nahm einen Schluck. Ich lehnte mich zurück, legte den Arm auf die Rückenlehne der Bank, so dass meine Hand seinen Haaransatz erreichen konnte. Die Finger berührten wie zufällig Roberts Locken.
    „Ich arbeite gerade an einer Reportage über das Verhältnis zwischen schwulen Männern und Heteros“, sagte Robert, „Das mit dem Kondom war übrigens gelogen, mit dem Typen auch. Ich bin glücklich verheiratet, mit einer Frau. Es war nur ein Test, wie du reagieren würdest.“
    Ich erstarrte. Der Nachmittag hatte seinen Glanz verloren. Das Bier schmeckte schal, ich trank es trotzdem aus, bevor ich mich steif erhob.
    „Ich – muss dann mal wieder“, sagte ich.
    Robert nickte mir zu. Wie ein geprügelter Hund verließ ich den Hof. An der Tür warf ich einen Blick über die Schulter. Mein Nachbar hatte sich entspannt zurückgelehnt, um seine Lippen spielte ein amüsiertes Lächeln. Es brach mir das Herz.
     
    Robert
     
    Als die Tür hinter Paul ins Schloss fiel, konnte ich endlich das Gesicht entspannen. Das erzwungene Lächeln hatte fast weg getan, aber es gehörte zu meiner Rolle. Pauls Reaktion auf mein Geständnis vor zwei Wochen hatte mich mehr getroffen, als ich verstehen konnte. Seitdem hatte ich mich nicht auf dem Balkon blicken lassen, mich praktisch unsichtbar gemacht. Heute hatte ich mich endlich getraut, ihm wieder entgegenzutreten. Meine Lüge hatte ihm den Wind aus den Segeln genommen, auch wenn er auf mich den Eindruck gemacht hatte, als wolle er mit mir ... aber das war natürlich Unsinn. Der Kerl war hetero, ich nicht.
     
    Ja, ich hatte absichtlich gelogen. Das war in meiner Situation nicht ungewöhnlich, da Homosexuelle immer noch ein Ziel für Spott und Häme waren. Das Lügen fiel mir daher nicht

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