Han Solo-Triologie 02 - Der Gejagte
gehabt.
Han kniff die Lippen zusammen, als er an den Tag der Abschlußfeier dachte. Er hatte seine Ausbildung mit Auszeichnung hinter sich gebracht, und dieser Tag war einer der schönsten in seinem Leben gewesen. Han schüttelte den Kopf. Es bringt nichts, in der Vergangenheit zu leben, Solo, rief er sich ins Gedächtnis. All diese Leute – Tedris, Captain Meis, Admiral Ozzel (wahrhaftig ein alter Narr!) –, all die Offizierskollegen waren aus seinem Leben verschwunden. Für sie war Han so gut wie tot. Tot und vergessen. Er würde Tedris niemals wiedersehen…
Han schluckte schmerzhaft. Er war mit so großen Träumen und Hoffnungen auf eine glänzende Zukunft in die Akademie eingetreten. Er wollte das alte verbrecherische Leben hinter sich lassen und ein ehrbarer Mann werden. Sein ganzes Leben hatte er den geheimen Wunsch gehegt, ein imperialer Offizier zu werden, der von allen respektiert und bewundert wurde.
Han wußte, daß er klug war, und er hatte hart gearbeitet, um gute Bewertungen zu erreichen und die Versäumnisse seiner Erziehung auszugleichen. Er sah sich schon eines Tages in der Uniform eines imperialen Admirals eine Flotte befehligen oder, falls ihm das Kommando über eine Schwadron TIE-Jäger übertragen wurde, als General.
General Solo, seufzte Han. Das hörte sich gut an, aber es war an der Zeit, endlich aufzuwachen und den Tatsachen ins Auge zu blicken. Seine Chance auf Ehrbarkeit war vertan, hatte sich in dem Moment in Luft aufgelöst, als er es nicht zulassen konnte, daß Chewbacca kaltblütig niedergestreckt wurde.
Trotzdem bereute er seine Entscheidung nicht. Er hatte die zunehmende Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit der imperialen Offiziere und ihrer Untergebenen während seiner Zeit auf der Akademie und in den imperialen Streitkräften aus nächster Nähe und erster Hand erlebt. Nichtmenschen waren ihr bevorzugtes Ziel, doch die Brutalität erstreckte sich mittlerweile auch auf menschliche Wesen. Der Imperator entwickelte sich anscheinend von einem relativ gemäßigten Diktator zu einen skrupellosen Tyrannen, der fest dazu entschlossen war, die Welten, über die er herrschte, vollständig in die Knie zu zwingen.
Han bezweifelte, daß er es noch viel länger in der imperialen Armee ausgehalten hätte. Der Tag wäre gekommen, an dem irgendein Vorgesetzter ihn gezwungen hätte, an einer jener ›Demonstrationen‹ teilzunehmen, die dazu dienten, eine widerstrebende Welt einzuschüchtern. Han hätte ihm daraufhin mitgeteilt, was er ihn könne. Er wußte, daß er sich niemals an einem der Massaker hätte beteiligen können, von denen er gehört hatte – wie das von Devaron. Siebenhundert Tote. Ohne Gnade niedergemacht.
Han war fähig zu töten. Er hatte es kalten Blutes und ohne mit der Wimper zu zucken getan. Aber dabei hatte es sich stets um bewaffnete Gegner gehandelt. Aber auf unbewaffnete Gefangene schießen? Han schüttelte den Kopf. Nein. Niemals. Da war er als Zivilist besser dran – oder als Schmuggler und Dieb.
Er kleidete sich an. Zuerst die militärisch geschnittenen blauen Hosen mit dem unterbrochenen corellianischen Blutstreifen entlang der Hosennaht. Als er aus dem Dienst entlassen worden war, hatte Han halb damit gerechnet, daß man ihm – genau wie die übrigen militärischen Auszeichnungen und Insignien – auch den Blutstreifen nehmen würde, doch man hatte ihm den Streifen gelassen. Das lag wahrscheinlich daran, daß dieser kein imperiales Ehrenzeichen war. Der Blutstreifen wurde zwar zumeist während des Militärdienstes verliehen und war ein Zeichen für außergewöhnliche Tapferkeit, doch er kam aus der Hand der corellianischen Regierung und stand nur Corellianern zu.
Das war eine Abfolge harter Tage gewesen, erinnerte sich Han, und er dachte daran, unter welchen Umständen er diese Auszeichnung erhalten hatte. Er fuhr mit dem Daumen über den Blutstreifen, während er sich den rechten Stiefel anzog. Der Streifen war so beschaffen, daß er abgenommen und an jeder neuen Hose wieder angebracht werden konnte. Han hatte herausgefunden, daß die meisten Nichtcorellianer keine Vorstellung davon hatten, was für eine besondere Ehrung dies war, und mitunter sogar dachten, daß es sich um ein bloßes Ornament handelte…
…das Han indes gut zu Gesicht stand. Er trug den Streifen, da er seine einzig verbliebene militärische Auszeichnung war, doch er sprach nie darüber, wo und unter welchen Umständen er sie erhalten hatte. Mit manchen Dingen hielt man sich besser
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