Hanan 1 - Brüder der Erde
aller Triebe. Du behauptest, die Methi zu hassen, und vielleicht haßt sie dich, aber der Überlebenstrieb, das Verlangen, eure Art zu erhalten und zu vermehren, ist vielleicht ein Ehrenkodex, der über allen anderen steht. Mim hat mit mir über diese Fragen gesprochen.«
Sein Magen krampfte sich zusammen, wenn er daran dachte. Im Augenblick wünschte er nicht einmal sein eigenes Überleben.
»Mim verehrt dich«, sagte Kta, »sie verehrt dich sehr. Falls sich deine Gefühle ihr gegenüber geändert haben mögen, Kurt, so bist du doch noch immer an sie gebunden. Ich habe diese Entwicklung befürchtet, und Mim hat sie vorausgeahnt. Ich bitte dich, nicht den Kontrakt zu brechen, den du mit Mim geschlossen hast. Sie würde dadurch entehrt werden. Mein Freund, wir sind ein Volk, das nichts von überstürzten Ehen hält. Trotzdem haben wir uns einmal von unseren Gefühlen leiten lassen, von unserem Wunsch, dich und Mim glücklich zu machen. Jetzt kann ich nur hoffen, daß er sich nicht als Grausamkeit herausstellt. Du kannst jetzt nicht mehr zurück.«
»Das will ich auch gar nicht«, sagte Kurt. »Auf gar keinen Fall.«
»Dann ist alles gut.«
»Ich muß in dieser Stadt leben«, sagte Kurt. »Wie werden die Leute es aufnehmen? Wie wird Mim es aufnehmen?«
Kta hob die Schultern. »Das ist das Problem der Methi. Es ist normal, daß ein Mann Verpflichtungen gegenüber mehreren Frauen hat. Natürlich kann man die Methi von Nephane nicht als gewöhnliche Konkubine halten. Aber es ist Sache der Frau und ihres Hauses, das Dekorum zu wahren. Eine ehrenhafte Frau sorgt dafür. Und wenn sie dazu nicht in der Lage sein sollte, so übernimmt ihr Haus diese Aufgabe, so wie wir sie für Mim übernommen haben. Auf jeden Fall ist dies ein Problem, das die Methi zu lösen hat. Obwohl einer Methi auf diesem Gebiet ziemlich alles erlaubt ist, und das ist eine Schwierigkeit, die wir bisher mit allen Methis gehabt haben, besonders mit denen menschlichen Ursprungs. Die verstorbene Tehal-Methi von Indresul war für ihre Ausschweifungen berüchtigt. Djan-Methi ist sehr tüchtig. Sie ist eine gute Methi. Die Leute haben Brot und Frieden, und solange das so ist, kann es dir nur zur Ehre gereichen, wenn sie deine Gesellschaft sucht. Das einzige, was mich bedrückt, ist die Befürchtung, daß deine Gefühle sich wieder menschlichen Dingen zuwenden könnten und Mim nur zu einem der seltsamen Lebewesen wird, die für einige Zeit deine Gefährten waren.«
»Niemals«, sagte Kurt entschieden.
»Ich wünsche, daß es wirklich nie dazu kommt.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Entschuldige, mein Freund, ich habe dich verletzt«, sagte Kta. »Ich weiß, daß du zum Nemet geworden bist, und diesem Teil deiner Persönlichkeit vertraue ich. Aber entschuldige meine Offenheit, ich weiß nicht, ob ich die andere Hälfte verstehe.«
»Ich würde alles tun, um Mim zu schützen – und Elas.«
»Dann«, sagte Kta ernst, »denke als Nemet, nicht als Mensch. Tue nichts ohne deine Familie. Verberge nichts vor deiner Familie. Die Familie ist heilig. Selbst die Methi kann dir nichts anhaben wenn du zu uns hältst und wir zu dir.«
»Du kennst Djan nicht.«
»Es gibt das Gesetz, Kurt. Solange du nicht die Waffe gegen sie erhebst oder sie beleidigst, sind ihre Hände durch das Gesetz gebunden. Sie muß vor dem Upei klagen, und eine Auseinandersetzung – vergib mir – mit einem Liebhaber ist sicher das letzte, das sie dem Upei offenzulegen wünscht.«
»Sie könnte dich und die
Tavi
ans andere Ende der Welt schicken«, sagte Kurt. »Sie hat Alternativen.«
»Ein Streit mit Elas wäre ein denkbar unweiser Entschluß für die Methi«, sagte Kta. »Elas bestand, bevor die Methi kam, bevor die ersten Menschen ihren Fuß auf diesen Planeten setzten. Wir kennen unsere Stadt und unser Volk, und unsere Stimme wird in den Räten auf beiden Seiten der Trennenden See gehört. Wenn Elas im Upei spricht, hören die großen Familien auf seine Stimme, und besonders jetzt kann die Methi es nicht wagen, die großen Familien gegen sich aufzubringen. Ihre Position ist nicht so sicher, wie es den Anschein hat, mein Freund, und das weiß sie sehr genau.«
8
Das Schiff aus Indresul machte im Hafen fest. Es war eine Bireme mit rotem Segel, dem internationalen Emblem. Kta erklärte Kurt den Brauch, als sie an der Pier standen. Das rote Segel schützt ein Schiff vor jedem Angriff. Es würde eine Beleidigung der Götter sein, ein Schiff mit diesem Emblem anzugreifen,
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