Hanan 1 - Brüder der Erde
Respektabilität verleihen, wenn Sie vorsichtig sind. Vielleicht war es gar keine so schlechte Wahl, und ich glaube nicht, daß diese Ehe mich besonders stören wird. Sie verstehen doch, was ich damit meine, Kurt.«
Die Tasse zitterte in seiner Hand. Er stellte sie ab, um sie nicht zwischen seinen Fingern zu zerdrücken.
»Sie spielen um Ihren Hals, Djan. Ich lasse mich nicht umherstoßen.«
»Ich stoße Sie nicht umher«, sagte sie. »Ich will nur, daß Sie mich verstehen. Und ich glaube, wir verstehen einander inzwischen sehr gut.«
7
Das graue Licht der Morgendämmerung lag über Nephane, drang durch den Nebel, der über der ganzen Stadt hing und nur die oberen Teile des Afen freißließ. Die kopfsteingepflasterte Straße, die vom Außentor des Afen zur Stadt hinabführte, war feucht, und die wenigen Leute, die um diese Zeit unterwegs waren, hatten sich in Mäntel und Umhänge gehüllt.
Kurt trat zur Haustür von Elas, drückte auf die Klinke in der Hoffnung, daß die Tür nicht abgeschlossen sei, und klopfte dann leise an, um nicht das ganze Haus zu wecken.
Schneller als er es erwartet hatte, horte er leise Schritte, die sich der Tür näherten und verhielten.
Der Riegel flog zurück, die Tür wurde aufgerissen, und Mim stand vor ihm, nur mit ihrem Nachthemd bekleidet. Mit einem Seufzer der Erleichterung warf sie sich in seine Arme und drückte ihn fest an sich.
»Alles in Ordnung«, sagte er leise, »alles in Ordnung, Mim.«
Sie standen in der offenen Tür. Er brachte sie hinein und schob den schweren Riegel vor. Mim fuhr mit dem weiten Ärmel des Nachthemds über ihre Augen.
»Ist das Haus wach?« flüsterte er.
»Sie haben bis spät in die Nacht gewartet, sind dann aber schlafen gegangen«, antwortete Mim. »Ich habe im
rhmei
gewartet. Ich hoffte... ich hoffte, daß du zurückkommen würdest. Ist alles in Ordnung, Lord Kurt?«
»Ja, ich bin nur müde.« Nach den Stunden, in denen er nur die menschliche Sprache gesprochen hatte, war es schwer, wieder Nechai zu gebrauchen. Er nahm ihren Arm und führte sie in die Wärme des
rhmei
. Dort im Licht und in der Wärme des Feuers blickten ihre großen Augen ihn prüfend an, und ihre Hände drückten die seinen.
»Du zitterst«, sagte sie. »Ist es die Kälte?«
»Kälte und Müdigkeit.«
»Was hat sie von dir gewollt?«
»Sie hat mir einige Fragen gestellt. Bitte, Mim, ich möchte jetzt nach oben gehen und schlafen. Ich war die ganze Nacht über wach.«
»Lord Kurt«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme, »vor der
phusmeba
darf man nicht lügen. Vergib mir, aber ich weiß, daß du lügst.«
»Laß mich in Ruhe, Mim. Bitte.«
»Es ging nicht nur um Fragen. Wenn es wirklich so gewesen sein sollte, dann sieh mir in die Augen und sage es mir.«
Er versuchte es, aber es gelang ihm nicht. Tiefe Trauer füllte Mims dunkle Augen.
»Es tut mir leid«, war alles, was er sagen konnte. Der Blick ihrer Augen ließ ihn nicht los. »Willst du den Kontrakt brechen, Lord Kurt?«
»Willst du es?«
»Wenn es dein Wunsch ist...«
Mit seiner kalten Hand strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und wischte Tränen von ihrer Wange. »Ich liebe sie nicht«, sagte er und setzte hinzu: »Aber ich weiß, was sie fühlt, Mim. Manchmal habe ich auch dieses Gefühl. Manchmal ist Elas mir fremd, und ich sehne mich nach menschlicher Gesellschaft, und sei es nur für eine kurze Zeit. Genauso geht es auch ihr.«
»Sie könnte dir Kinder schenken, und du wärst der Herr von ganz Nephane.«
Er preßte sie an sich, roch den leichten Duft von
aluel
-Blättern in ihrer Kleidung, die Frische ihrer Haut und erinnerte sich an das nach synthetischen Stoffen und Alkohol riechende Parfüm Djans menschlich und – für kurze Zeit – reizvoll. Djan konnte zärtlich sein, und das machte sie gefährlich, weil es ihren Stolz bedrohte.
Weil es Elas bedrohte.
»Wenn Djan heiraten wollte – was nicht der Fall ist –, so würde ich auch nicht anders empfinden, Mim. Aber ich kann nicht versprechen, daß dies mein letzter Besuch bei ihr gewesen ist. Wenn du das nicht ertragen kannst, dann sage es mir jetzt.«
»Ich würde auch deine Konkubine sein und nicht deine Frau, wenn du es so willst.«
»Nein«, sagte er. »Nein, Mim. Ich würde dich nur verlassen, um dich zu schützen.«
Sie richtete sich auf die Zehenspitzen auf, nahm sein Gesicht in ihre Hände und küßte ihn voller Zärtlichkeit. Dann trat sie einen Schritt zurück, die Hände immer noch erhoben, als ob sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher