Hanan 1 - Brüder der Erde
öffnete sich mit einem hydraulischen Zischen, und er trat in Djans Zimmer. Sie trug einen dünnen, enganliegenden Morgenrock aus silbergrünem Plastikmaterial, ihr blondes Haar fiel ihr offen über die Schultern, und sie blinzelte verschlafen.
»Es ist fast Mittag«, sagte er.
»So«, murmelte sie und blickte an ihm vorbei aus dem Panoramafenster. »Verdammter Nebel. Ich hasse ihn. Magst du mit mir frühstücken?«
»Nein, danke.«
Djan zuckte die Achseln, trat an einen geschnitzten Schrank und bereitete Tee. Sie bot ihm eine Tasse an. Er akzeptierte. Aus Höflichkeit und weil er seine Hände beschäftigen konnte.
»Ich nehme an«, sagte sie, als sie sich gesetzt hatten, »daß du nicht nur hergekommen bist, um mir einen guten Morgen zu wünschen.«
»Ich hätte es beinahe nicht geschafft, herzukommen, und wegen dieser Situation möchte ich mit dir sprechen. Die Straßen um Elas sind jetzt nicht einmal mehr bei Tage sicher. Überall stehen Sufaki herum, die dort nichts zu suchen haben.«
»Sie sind freie Bürger. Ich kann es ihnen nicht verbieten.«
»Sind es deine Männer? Ich wäre erleichtert, wenn es so wäre. Das heißt, wenn deine Männer und die Shan t'Tefurs nicht die gleichen sind. Aber ich nehme an, das ist nicht der Fall. Eine ganze Weile sind sie nur nachts aufgetaucht, aber seit dem ersten Nermotai kommen sie auch am Tag.«
»Haben sie jemanden verletzt?«
»Noch nicht. Die Leute bleiben in ihren Häusern, die Kinder dürfen nicht auf die Straße. Es ist eine häßliche Atmosphäre. Ich weiß nicht, ob die Überwachung nur mir gilt oder Elas im allgemeinen, aber es wird Zeit, daß endlich etwas geschieht.«
»Hast du irgend etwas getan, um diese Sache zu provozieren?«
»Nein. Ich versichere dir, daß dies nicht der Fall ist. Aber das geht nun schon seit drei Tagen so, und ich habe heute beschlossen, es zu riskieren. Wirst du etwas unternehmen?«
»Ich werde die Angelegenheit überprüfen lassen. Und wenn es einen Grund dafür gibt, sorge ich dafür, daß diese Leute entfernt werden.«
»Gut. Aber beauftrage nicht Shan t'Tefur damit.«
»Ich habe gesagt, ich werde mich um die Sache kümmern. Bitte mich nicht um einen Gefallen und mache mir dann Vorschriften.«
»Entschuldige. Aber ich habe wirklich Angst, daß du ihm zu sehr vertraust.«
»Ich bin nicht blind, mein Freund. Aber du bist nicht der einzige, der sich bei mir beschwert. Shans Leben ist bedroht worden.«
»Von wem?«
»Das geht dich nichts an. Aber du weißt so gut wie ich, daß es unter den Indras sehr konservative Kräfte gibt.«
»Die Indras halten nichts von Gewalttätigkeiten. Falls einer von ihnen so etwas gesagt haben sollte, so ist es reine Rhetorik. Wenn du Shan seinen Willen läßt, hast du bald einen Bürgerkrieg in den Straßen von Nephane.«
»Das bezweifle ich. Ich will dir gegenüber ganz ehrlich sein, weil ich dir bis zu einem gewissen Grad vertraue. Shan gebraucht seine Aggressivität als taktisches Mittel. Aber er ist ein intelligenter Mann, und seine Gegner täten gut daran, mit seiner Intelligenz zu rechnen.«
»Ist er auch dafür verantwortlich, daß du so lange im Bett bleibst?«
Sie lächelte amüsiert. »Heute morgen, meinst du?«
»Entweder bist du wirklich naiv, oder du hältst ihn für naiv. Er ist gefährlich, Djan.«
Ihr Lächeln erlosch. »Gerade du hast Grund, dich über meine Beziehungen zu Nemets aufzuregen.«
»Wir stehen vor einer Invasion durch Indresul. Du brauchst die Unterstützung der Indras-Familien, aber du bist mit einem Mann zusammen, der davon spricht, die Indras zu töten und die Flotte zu vernichten.«
»Leere Worte. Wenn die Indras sich Sorgen machen, kann mir das nur recht sein. Ich habe diese Situation nicht geschaffen. Ich habe sie so übernommen, wie ich sie vorgefunden habe. Ich versuche, diese Stadt zusammenzuhalten. Es wird keinen Krieg geben, wenn wir zusammenstehen. Und wir können zusammenstehen, wenn die Indras endlich Vernunft annehmen und die Sufaki gerecht behandeln.«
»Das würden sie auch, wenn ihnen Shan t'Tefur dabei nicht im Weg stünde. Schicke ihn doch auf eine möglichst weite, lange Reise. Wenn er in Nephane bleibt und jemanden tötet – was früher oder später geschehen muß und wird –, bist du gezwungen, ihn der ganzen Strenge des Gesetzes zu unterwerfen. Und das würde dich in eine ziemlich schwierige Lage bringen, nicht wahr?«
»Kurt.« Sie stellte ihre Tasse ab. »Willst du einen Bürgerkrieg in dieser Stadt? Dann brauchen wir
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