Hanan 1 - Brüder der Erde
nirgends entdekken. Zwei Männer und ein Junge hockten um ein Feuer. Es waren
cachiren
, Hirten. Aus dem Dunkel hörte er das leise Blöken von Schafen.
Ein wütendes Knurren zerriß die Stille. Ein zottiger
tilof
, der Hütehund, hob seinen Kopf, und sein Nakkenfell sträubte sich. Die
cachiren
sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Der
tilof
kam mit gefletschten Zähnen auf Kurt zugerast.
Kurt sprang auf und lief zurück auf eine steile Felsklippe zu, die aus der Bergflanke wuchs. Als er sich schon fast in Sicherheit glaubte, packte das Tier seinen linken Fuß. Er riß sich los und kletterte höher hinauf.
»Komm herunter!« schrie der Junge und bedrohte ihn mit dem wurfbereiten Speer. »Komm herunter!«
»Wenn du diese Bestie festhältst, gerne«, rief Kurt zurück.
Die beiden Männer hielten ihn mit ihren Speeren in Schach, während der Junge den wütend knurrenden
tilof
beim Genick packte und festhielt.
Kurt stieg langsam herab. Dabei sprach er ununterbrochen auf sie ein. Mit ihren Speeren stießen sie ihn in das Licht des Lagerfeuers.
Er hielt den Kopf gesenkt, als er sich vor das Feuer kniete. Die Spitze eines Speers wurde ihm in den Rücken gedrückt. Die beiden anderen Nemet traten um ihn herum und musterten ihn.
»Ein Mensch!« rief einer von ihnen überrascht. Die Speerspitze bohrte sich schmerzhaft in seinen Rükken, und er verzog das Gesicht.
»Wo sind die anderen?« fragte einer der Männer, ein weißhaariger Alter.
»Ich bin kein Tamurlin«, sagte Kurt, »und ich bin allein. Bitte, ich brauche etwas zu essen. Ich gehöre zu den Leuten der Methi.«
»Er lügt«, schrie der Junge.
»Vielleicht«, sagte der Weißhaarige, »aber er spricht unsere Sprache.«
»Ich verlange nicht eure Gastfreundschaft«, sagte Kurt. Das Teilen von Brot und Feuer schuf religiöse Bande, wenn es nicht vorher ausdrücklich anders vereinbart worden war. »Ich bitte euch nur um Nahrung und Wasser. Ich habe seit zwei Tagen nichts mehr gegessen.«
»Woher kommst du?« fragte der alte Mann.
»Aus Nephane.«
»Er lügt«, schrie der Junge wieder. »Die Methi hat sie alle getötet.«
»Vielleicht ist er ihr entkommen.«
»Oder auch mehr als einer«, sagte der weißhaarige Mann.
»Möge das Licht Phans freundlich auf euch scheinen«, zitierte Kurt die allgemeine Grußformel. »Ich schwöre, daß ich nicht gelogen habe und daß ich kein Feind bin.«
»Jedenfalls ist er kein Tamurlin«, sagte der jüngere Mann. »Bist du ein Hausfreund der Methi, Fremder?«
»Von Elas«, sagte Kurt.
»Von Elas?« sagte der alte Mann verwundert. »Die Söhne des Sturms haben einen Menschen als Hausfreund? Das ist schwer zu glauben, Fremder. Die Abkömmlinge der Indras sind zu stolz dafür.«
»Wenn du den Namen von Elas ehrst«, sagte Kurt, »oder den von Osanef, das dem Haus von Elas in Freundschaft verbunden ist, dann gib mir etwas zu essen. Ich falle fast um vor Hunger.«
Der alte Mann dachte ein paar Sekunden lang nach, dann lud er Kurt mit einer Geste ein, sich an dem Essen, das über dem Feuer kochte, zu beteiligen. »Aber nicht in Gastfreundschaft, Fremder, da wir dich nicht kennen. Nimm uns nicht zuviel. Wir sind arme Leute. Jedoch wir wollen dir das Essen nicht verweigern, wenn du so hungrig bist, wie du sagst. Möge das Licht Phans auf dich scheinen, dir zum Segen oder dir zum Fluch, wie du es verdienst.«
Kurt rutschte vorsichtig näher zum Feuer. Die Speerspitze wurde noch immer in seinen Rücken gedrückt. Er kniete sich vor den flachen Stein nieder, der diesen Männern Herd und Tisch zugleich war, brach ein Stück von einem der drei flachen Brote ab, die darauf lagen, und nahm sich ein paar Krümel von dem weichen Käse, der daneben auf einem Lederstück lag.
Als er gegessen hatte, stand er auf und verneigte sich. »Ich werde jetzt wieder gehen«, sagte er.
»Nein, Fremder«, sagte der jüngere Mann. »Ich halte es für besser, wenn du hierbleibst und am Morgen mit uns ins Dorf zurückgehst. In dieser Gegend sehen wir nicht oft Reisende aus Nephane, und bei uns bist du sicher. Andere Leute mögen dich für einen Tamurlin halten und dich mit dem Speer durchbohren, bevor sie ihren Irrtum erkennen.«
»Ich habe dringende Geschäfte zu erledigen«, sagte Kurt und verbeugte sich erneut. »Ich danke dir für deine Sorge um mich, aber ich werde jetzt gehen.«
Der alte Mann hielt seinen Speer in beiden Händen. »Ich glaube, mein Sohn hat recht. Du bist irgendwo weggelaufen, so viel ist sicher, und ich bezweifle,
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