Hanan 2 - Weltenjäger
dort entlang.
Khasif erreichte die Tür, Daniel rannte hinter ihm her, Aiela drängte ihn, Isande aus dem Weg zu schaffen – er krampfte seine verschwitzten Hände ineinander bei dem Versuch, Isandes Abschirmung zu durchdringen, um sie zu warnen.
Sie gab nach: Tejefs Gesicht verschwamm in einem Doppelbild mit Daniels Bild von der Tür. Khasifs große, drohende Gestalt zeichnete sich in einer Überlagerung des vor Wut wahnsinnig verzerrten Gesichts und des Rückens ab und näherte und entfernte sich gleichzeitig. Isande schrie schmerzlich auf, als Khasif sie von Tejef wegriß und sie durch die Tür in Daniels Arme schleuderte: Daniels Gesicht überlagerte Khasifs Rücken, und dann war nichts mehr, denn Isande vergrub ihr Gesicht an der Schulter des Menschen, der ihr noch vor kurzem so verhaßt gewesen war, und klammerte sich an ihn; und Daniel in seiner Erschütterung hielt sie mit der gleichen Verzweiflung eines Ertrinkenden fest.
Metall barst, und Schritt für Schritt verlor Khasif an Boden, bis er schließlich nur noch kämpfte, um Tejef innerhalb des Raums zu halten.
›Zum Kommandostand!‹
schrie Aiela seinen Asuthi zu.
Sie versuchten es. Die Türen zur Zentrale hielten sie auf, und Amautwachen und Menschen strömten von allen Seiten zusammen und zwangen sie zum Rückzug.
Khasif stand ebenso hilflos wie sie vor einem Dutzend drohender Waffen.
Tejef betrat den Flur, eine dunkle Blutspur an der Schläfe. Er gab den bewaffneten Menschen kurze Anweisungen, den Nasith am Ende des Flurs festzuhalten. Aiela schauderte, als Tejefs Blick dann auf Isande und auf Daniel ruhte.
»Geh in deine Unterkunft!« sagte Tejef sehr ruhig. Aber als auch Daniel gehorchen wollte, warf Tejef den Kopf zurück und sah ihn an, mit Augen, die zu Schlitzen zusammengekniffen waren. »Nein«, sagte er, »du nicht!«
›Aiela‹
, flehte Isande,
›Aiela, hilf ihm, hilf ihm!‹
Denn sie wußte, was Daniel für sie getan hatte.
›Tut, was Tejef sagt!‹
sagte Aiela.
›Daniel, gib nach, was immer auch geschieht: kein Zorn, kein Widerstand. Sie reagieren auf Widerstand. Ohne ihn verlieren sie das Interesse.‹
»Herr«, sagte Daniel mit einer Stimme, die keine Verstellung nötig hatte, um zu zittern. »Herr – ich habe nicht gegen Sie gehandelt. Nur für Isande, nur für sie. Bitte.«
Der Iduve starrte ihn einen endlosen Moment lang kalt an. Dann stieß er einen zischenden Atemzug aus. »Geh mir aus den Augen! Geh in dein Zimmer und bleib dort, oder ich bringe dich um!«
›Geh!‹
brüllte Aiela Daniel an:
›Neige den Kopf, und sieh ihm nicht in die Augen! Geh rückwärts! Geh!‹
Und, dem Himmel sei Dank, der Mensch unterdrückte seine Instinkte, befolgte den Rat und schlich sich vorsichtig davon.
›Es fehlt ihm nichts, es ist nichts passiert‹
, sagte Aiela nun zu Isande, die in den Trümmern ihres Zimmers weinend zusammenbrach. Er sondierte vorsichtig, um zu erfahren, ob sie schwer verletzt war.
›Nein‹
, schleuderte sie ihm zu.
›Nein.‹
Angst sikkerte durch, Beschämung, die letzte Gewißheit, unterlegen zu sein.
›Geh weg, geh weg!‹
dachte sie immer wieder.
›Oh, geh weg, sieh zu, daß du das Schiff erreichst und verlasse uns! Ich habe gelernt, zu überleben, nachdem ich Reha verloren habe. Jetzt bist du dran. Wir haben wegen mir jede Chance verloren, weil ich damit angefangen habe, ja, ich, ich, nichts war dadurch gewonnen.‹
›Ist schon gut‹
, mischte sich Daniel ungefragt ein. Er zitterte am ganzen Körper, so sehr fürchtete er sich allein in seinem Zimmer. Es war schrecklich für einen Mann von seiner Art, in einem solchen Augenblick die Schranken fallen zu lassen: aber neben seiner Angst lief etwas anderes ab: er konzentrierte seine Geisteskräfte, um einen neuen Angriff zu planen. Plötzlich erschien Isande diese menschliche Sturheit, die von den methodischen Denkprozessen der Kallia so verschieden war, als eine Art Elethia. Sie weinte, weil sie seine blinde Entschlossenheit kannte; und sie flehte Aiela an, ihn zur Vernunft zu bringen.
›Glück‹
, sagte Aiela,
›wünschen die Menschen einander, wenn sie in einer solchen Verfassung sind. Ich glaube nicht an Glück. Kastien verbietet das. Aber hab' Vertrauen zu ihm, Isande. Es wird schon gutgehen.‹
Und diese Hoffnung war ebenso irrational wie die Daniels und ebensowenig aufrichtig. Er wollte sich nicht zurückziehen, aber die dreifache Gedankenflut verzerrte seine Wahrnehmungen und belastete seine Gefühle. Schließlich mußte er sie beide
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