Hand aufs Glück: Mittsommerherzen (German Edition)
starke Frau, die sich so für ihren Adoptivvater einsetzte. Er verstand sehr gut, was Sabrina antrieb: Liebe und Dankbarkeit. Doch im Gegensatz zu den meisten Menschen, die nur davon sprachen, handelte Sabrina auch danach.
„Ich bin sicher, dass es nicht so schlimm kommen wird, wie du jetzt vielleicht glaubst“, versuchte er sie zu trösten. „Am Anfang wird es für deinen Vater sicherlich eine Umstellung sein, aber so geht es doch den meisten Menschen, wenn sie in den Ruhestand treten. Wie alt ist er eigentlich? Sechzig? Fünfundsechzig?“
Sabrina lächelte. „Er wird im nächsten Februar achtundsechzig.“
„Und glaubst du nicht, dass er es sich in diesem Alter verdient hat, einen geruhsamen Lebensabend zu verbringen, anstatt sich immer noch mit irgendwelchen geschäftlichen Angelegenheiten herumzuärgern?“
„Wenn es um jemand anderen ginge, würde ich dir sicherlich zustimmen, aber
Pappa
ist anders als die meisten Menschen. Er lebt für die Firma. Ich fürchte, dass er zugrunde geht, wenn man sie ihm wegnimmt.“
Für einen Moment herrschte betroffenes Schweigen, dann kam der Kellner mit dem Essen. Das
Älgstek
war köstlich, doch Jonas hatte keinen Appetit mehr. Sabrina schien es ganz ähnlich zu gehen, denn sie schob die Salatblätter lediglich mit der Gabel auf dem Teller herum.
„Schmeckt es dir?“, fragte Jonas trotzdem.
Sabrina rang sich ein eindeutig gequält wirkendes Lächeln ab. „Ja, schon, es ist nur … Nun ja, die Sorge um meinen Vater schlägt mir auf den Magen. Er hat so viel für mich getan, und jetzt, wo er mich braucht, bin ich nicht in der Lage, ihm zu helfen.“ Zu seinem Entsetzen glaubte Jonas Tränen in ihren wunderschönen Augen glitzern zu sehen. „Immer wenn ich denke, ich habe es geschafft, kommt der nächste Rückschlag. Ich stand so kurz davor,
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vor dem Ruin zu retten, aber jetzt …“ Sie straffte die Schultern. „Warum erzähle ich dir das eigentlich? Meine persönlichen Probleme dürften dich herzlich wenig interessieren.“
Jonas wusste, dass sie recht hatte – theoretisch. Zu seinem eigenen Verdruss interessierte er sich aber ganz im Gegenteil sehr für Sabrinas Sorgen. Und das passte so überhaupt nicht zum Bild des kompetenten Anwalts, das er gern an seine Klienten vermitteln wollte. Osvald Kron wäre entsetzt, wenn er wüsste, was sein Rechtsberater gerade trieb.
Dennoch konnte er den Wunsch, Sabrina zu helfen, nicht unterdrücken. Es widersprach all seinen Prinzipien, doch das änderte nichts daran. Er hatte sich doch nicht etwa in die junge Deutsche verliebt?
Nein, Unsinn, dazu kenne ich sie doch gar nicht lang genug. Es gehört mehr dazu als ein paar flüchtige Küsse.
Außerdem war da auch noch die Sache mit Johanna. Daraus hatte er doch wohl ein für alle Mal gelernt, sich nicht noch einmal mit einer Frau einzulassen, mit der er geschäftlich zu tun hatte. Und von diesem Auftrag hing immerhin die Zukunft der Kanzlei Lavander ab.
Aber verflixt, warum konnte er dann kaum den Blick von ihr abwenden? Warum zerriss es ihm fast das Herz, sie so unglücklich und verzweifelt zu sehen? Warum wollte er sie am liebsten an sich ziehen, wenn nicht, weil er mehr für sie empfand, als er sich selbst gegenüber eingestehen wollte?
„Tut mir leid, ich glaube, ich bin heute Abend keine besonders gute Gesellschafterin“, sagte Sabrina nach einer Weile und riss ihn damit aus seinen Gedanken. „Es ist wirklich nett von dir, dass du versuchst, mich aufzumuntern. Und ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du mich vor dieser Frau gewarnt hast. Aber wir sollten trotzdem nicht zusammen hier sitzen. Es ist einfach nicht richtig, wenn du verstehst, was ich meine. Zwischen uns hat sich nichts geändert. Wir stehen immer noch auf verschiedenen Seiten. Ich will nicht … Ich kann nicht …“
Jonas lächelte. „Schon gut, ich verstehe, was du meinst.“ Doch obwohl ihm auch selbst klar war, dass alles, was zwischen Sabrina und ihm entstand, von vorneherein zum Scheitern verurteilt war, bedauerte er, dass dieser Abend so endete. „Warte, ich bezahle eben, dann fahre ich dich nach Hause.“
Nachdem er gezahlt hatte, wollte er Sabrina zu seinem Wagen führen, doch sie zögerte. „Ich würde gern noch einen kurzen Spaziergang am See entlang machen, wenn du nichts dagegen hast. Wer weiß, wann ich das nächste Mal Gelegenheit haben werde, barfuß durch den Sand zu laufen.“
„Bleibst du denn nicht hier in Dalarna?“, fragte Jonas
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